E-Mails checken, Facebook und Co.: Was darf ein Arbeitnehmer?
Social Media-Richtlinien am Arbeitsplatz
Viele Arbeitgeber haben Social Media-Richtlinien erlassen. Diese sensibilisieren für die Nutzung digitaler Medien am Arbeitsplatz und halten Arbeitnehmer zu einem verantwortungsvollen Umgang an. Viele Arbeitgeber erwägen mittlerweile ein pauschales Verbot von sozialen Medien am Arbeitsplatz. Es besteht die Gefahr, dass sich Arbeitgeber durch die "Legalisierung" der privaten Internetnutzung selbst schaden.
Überwachung nur im Rahmen möglich
Sollte die private Nutzung des Internets am Arbeitsplatz verboten sein, ist eine Überwachung nur im Rahmen von Stichproben zulässig. Eine weitergehende Überwachung erfordert eine entsprechende Dienst- oder Betriebsvereinbarung. Diese muss Grund und Umfang der Überwachung festlegen und von beiden Seiten genehmigt sein. Dieser Ansicht ist auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (Beschwerde-Nr. 61496/08). Der Arbeitgeber darf E-Mails nur nach Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung aufbewahren und kontrollieren. Die reine Anmeldung am Firmen-Laptop oder PC-Arbeitsplatz darf immer protokolliert werden.
Firmengeheimnisse und sensible Daten
Protokollierungen über den Zugriff auf Firmengeheimnisse und sensible Daten sind ebenfalls zulässig. Eine dauerhafte Überwachung ist aber nur in Branchen mit einem erhöhten Gefahrenpotential erlaubt. Beispielsweise in Schalterhallen von Banken, die regelmäßig Raubüberfällen ausgesetzt sind. Die Kameras sind jedoch so auszurichten, dass sie den engsten Arbeitsbereich der Arbeitnehmer nicht erfassen.
Social Media-Richtlinien im Arbeitsvertrag
Arbeitgeber, die ihre Arbeitnehmer in unzulässiger Weise kontrollieren, machen sich strafbar. Deshalb stellen viele Arbeitgeber Social Media-Richtlinien auf. Diese definieren Vertragsverstöße und ermöglichen eine schnelle Reaktion auf Arbeitgeberseite. Arbeitgeber, die die private Nutzung von E-Mails und sozialer Netzwerke gestatten, sollten sich umfassende Kontroll- und Zugriffsrechte sichern. Dazu bedürfen sie der Einwilligung ihrer Arbeitnehmer. Dies darf nicht im Arbeitsvertrag geregelt sein, sondern muss über eine separate Vereinbarung erfolgen.
Arbeitnehmer haften für verursachte Schäden
Angestellte, die am Arbeitsplatz surfen, unterliegen den üblichen Haftungsregelungen. Wenn Arbeitnehmer über den Firmen-Laptop unseriöse Internetseiten betreten, besteht die Gefahr, dass eine Schadsoftware das System schädigt. Viele Arbeitnehmer begehen unwissentlich Urheberrechtsverletzungen oder machen verbotene Schleichwerbung für ihr Unternehmen. In einer solchen Situation ist es möglich, den Arbeitnehmer auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen. Außerdem sind arbeitsrechtliche Konsequenzen von einer Abmahnung bis hin zur Kündigung möglich.Wer privat am Arbeitsplatz surft, muss jedoch nicht unmittelbar mit einer Kündigung rechnen.
Fristlose Kündigung wegen sozialer Netzwerke durchaus möglich
Eine fristlose Kündigung ist aber durchaus möglich. Insbesondere wenn Arbeitnehmer regelmäßig private E-Mails abrufen, obwohl der Chef dies untersagt hat. Oftmals bekommt der Arbeitnehmer aber zuvor eine Abmahnung, die – ohne Gegenwehr – nach Ablauf einer Frist rechtswirksam und unanfechtbar wird. Nicht jeder Verstoß zieht zwangsläufig Konsequenzen nach sich. Vor Gericht geht es zumeist darum, ob der Arbeitnehmer seinen vertraglichen Verpflichtungen nachgekommen ist.
Wenn er nur eine einzige E-Mail abgerufen und seine Arbeit ansonsten tadellos erledigt hat, ist eine Kündigung unwahrscheinlich. Denn das absolute Verbot privater Internetnutzung ist nicht mehr zeitgemäß. Das Internet ist zu einem derart festen Bestandteil des Alltags geworden, dass Verstöße gegen ein Verbot nicht allzu streng geahndet werden. Exzessive Verstöße für private Zwecke rechtfertigen allerdings eine fristlose Kündigung.
Arbeitsvertrag ausschlaggebend
Ob die private Internetnutzung zulässig ist, ergibt sich insbesondere aus dem Arbeitsvertrag. Viele Arbeitgeber erlauben das private Surfen während der Mittagspause oder beschränken es auf maximal 15 Minuten pro Tag. Arbeitnehmer sollten sich unbedingt an die entsprechenden Vorschriften halten.
Für eine fristlose Kündigung ist ein „wichtiger Grund“ nach § 626 I BGB notwendig. Ein solcher liegt beim gelegentlichen Abrufen einer E-Mail nicht vor. Ein „wichtiger Grund“ wäre vielmehr der Aufruf von Internetseiten mit illegalem Inhalt, beispielsweise von Tauschbörsen oder Seiten mit pornographischem Inhalt. Das Surfen auf unverfänglichen Seiten ist erst dann problematisch, wenn der zeitliche Umfang zur Vernachlässigung von Dienstpflichten führt. Dieser Ansicht ist auch das Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.05.2007, Aktenzeichen: 2 AZR 200/06.
Rechtliche Konsequenzen sind Einzelfälle
Vor Gericht klärt der Richter, ob eine Kündigung im konkreten Einzelfall gerechtfertigt ist. Dies hängt von zahlreichen Faktoren wie dem Arbeitsvertrag, mündlichen Äußerungen des Vorgesetzten und der Schwere des Verstoßes ab. Der Arbeitgeber darf dem Arbeitnehmer nur kündigen, wenn ihm ein „Festhalten am Arbeitsvertrag unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht mehr zumutbar ist“.
Eine Kündigung ist beispielsweise unzulässig, wenn eine Mutter sich per Whatsapp über das Wohlbefinden ihrer kranken Kinder erkundigt. Gerichte und Arbeitnehmer haben aber weniger Verständnis, wenn Arbeitnehmer exzessiv Seiten mit pornographischem Material besuchen oder Raubkopien erstellen. Dieser Ansicht ist auch das Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.07.2015, Aktenzeichen: 2 AZR 85/15.
Abmahnungen vor der Kündigung wegen Social Media
Bevor ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer wegen eines exzessiven Surfverhaltens kündigt, ist eine Abmahnung zwingend notwendig. Eine solche ist nur in besonderen Fällen entbehrlich. Dann muss der Arbeitgeber nachweisen, dass der Arbeitnehmer trotz einer Abmahnung weitere Verstöße gegen seine Dienstpflichten begehen würde.
Dies ist der Fall, wenn der Arbeitnehmer in der Vergangenheit trotz mehrfacher Ermahnungen immer wieder Verstöße begangen hat. Dann schließt das Gericht aus dem früheren Verhalten auf das zukünftige Verhalten des Arbeitnehmers. Dieser Ansicht ist auch das Landesarbeitsgericht Mainz, Urteil vom 12.07.2004, Aktenzeichen: 7 Sa 1243/03.