Muskelschmerzen durch Stress: Wie Sie Muskelverspannungen lösen können
Was ist Stress?
Stress führt zur Ausschüttung von Stresshormonen, darunter Adrenalin, Noradrenalin und Kortisol. Stresshormone überfluten den Körper nicht nur in Gefahrensituationen, in denen Kampf oder Flucht unser Leben retten können. Stresshormone zirkulieren auch dann vermehrt im Körper, wenn wir uns in einer bestimmten (Lebens-)Situation überfordert und überlastet fühlen und das Gefühl haben, diese nicht stemmen zu können. Stress wirkt sich auf vielfältige Weise auf den Körper aus. Bei akutem Stress machen uns Stresshormone handlungs- und leistungsfähig. Chronischer Stress hingegen kann krank machen.
Was passiert bei Stress im Körper?
Unter anderem schlägt bei Stress das Herz schneller und der Atem ist beschleunigt und geht tiefer, um die Sauerstoffversorgung des Körpers zu verbessern. Wir sind fokussierter und konzentrierter. Zucker wird aus der Leber bereitgestellt, um den Körper mit der nötigen Energie zu versorgen. Die Muskulatur spannt sich an, damit unser Körper reaktionsfähig ist. Anhaltender Stress hingegen kann krank machen und unter anderem Bluthochdruck begünstigen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen fördern, das Risiko für psychische Erkrankungen erhöhen und Erschöpfungszustände, Kopfschmerzen und Schlafstörungen mit sich bringen. Auch die Muskulatur kann anhaltend belastet sein. Chronische Rückenschmerzen sind ein Beispiel für anhaltenden Stress.
Muskelschmerzen und Stress: Was macht Stress mit den Muskeln?
Steht der Körper dauerhaft „unter Strom“, verspannt die Muskulatur und lässt nicht mehr locker. Verspannungen können auftreten, die sich zu schmerzhaften Verkrampfung auswachsen können. Bleiben Bewegung, Kräftigung und Dehnung der Muskeln aus, können sich Muskelfasern verkürzen – was das Schmerzproblem verstärkt. Oft ist der gestressten Person zuerst nicht bewusst, wie angespannt ihr Körper ist. Hinweise sind beispielsweise nächtliches Zähneknirschen (Bruxismus) und Zähnebeißen/Zähnepressen am Tag sowie eine verhärtete Schulter-, Nacken- und Rückenmuskulatur. Rückenschmerzen gehören zusammen mit Nackenschmerzen zu den „klassischen“ Stresssymptomen, unter denen viele Menschen leiden. Zu den Erkrankungen, bei denen Schmerzen mit anhaltendem Stress und psychischen Belastungen in Verbindung gebracht werden sind Reizmagen, Reizdarm, Migräne, Herzrhythmusstörungen sowie das Fibromyalgiesyndrom.
Muskelschmerzen durch Stress: Was ist das Fibromyalgie-Syndrom?
Das Fibromyalgiesyndrom ist ein Krankheitsbild, bei dem Muskelschmerzen und Stress in engem Zusammenhang stehen können. Bei der chronischen Schmerzerkrankung verspüren Betroffene starke Schmerzen in verschiedenen Körperregionen. Fibromyalgie äußert sich vor allem durch chronische tiefliegende Muskelschmerzen. Die Schmerzen fühlen sich oft an wie eine Muskelzerrung oder ein heftiger Muskelkater. Begleitet wird Fibromyalgie von Erschöpfung, Schlafstörungen, Müdigkeit und Konzentrationsproblemen.
Bei Fibromyalgie ist die Schmerzverarbeitung im Gehirn gestört. Die Schwelle, ab der Reize als Schmerzen wahrgenommen werden, ist bei Menschen mit Fibromyalgie niedriger als bei anderen Menschen. Experten vermuten, dass eine Mischung aus genetischen Einflüssen und körperlichen oder psychischen Belastungen zu der veränderten Schmerverarbeitung führt.
Muskelschmerzen: Stress am Schreibtisch
Dass stressbedingte Muskelschmerzen eine Erkrankung als Ursache haben, ist eher seltener der Fall. Weitaus häufiger sind stressbedingte Muskelschmerzen harmloser Natur. Bei der Büroarbeit spielen oftmals drei Faktoren zusammen, die Muskelschmerzen begünstigen: Stress, Bewegungsmangel und Fehlhaltungen. Nacken-, Rücken- und Schulterschmerzen sind eine Volkskrankheit geworden und gehören zu den häufigen Gründen, warum Menschen einen Arzt aufsuchen. Die Dunkelziffer derer, die sich ohne Arztbesuch mit Schmerzen im Bereich des Nackens und Rückens plagen, dürfte hoch sein.
Stress am Schreibtisch kann zu einem echten Teufelskreis werden: Unter Stress spannen sich die Muskeln an. Verharrt man zusätzlich über viele Stunden hinweg – und das täglich – unbewegt am Schreibtisch, begünstigt das Verspannungen bis hin zu Verkrampfungen. Die Muskeln verhärten und beginnen, zu schmerzen. Fehlt Bewegung, werden die Muskeln zudem nicht gelockert und gedehnt. Das kann dazu führen, dass Muskelfasern verkürzen. Was den Schmerz zusätzlich verstärkt.
Hinzu kommt, dass inaktive Muskeln schwächer werden und sich zurückbilden. So geht ein wichtiger Halteapparat für den Schulter-, Nacken- und Rückenbereich verloren. Orthopäden zufolge ist Schonen nicht zu empfehlen. Die Muskeln müssen wieder in Bewegung kommen, gestärkt und gedehnt werden – in einer akuten Schmerzsituation am besten in Begleitung eines Physiotherapeuten. Denn: Bleiben akute verspannungsbedingte Muskelschmerzen unbehandelt, besteht die Gefahr, dass sie chronisch werden. Die in der Physiotherapie erlernten Übungen kann man regelmäßig zuhause fortführen und dadurch erneuten Verspannungen vorbeugen.
Lesetipp: Richtig sitzen im Büro: So vermeiden Sie Rückenschmerzen.
Stressbedingte Muskelschmerzen behandeln: Welche Therapien helfen?
Um stressbedingte Muskelschmerzen zu behandeln, gibt es zwei Behandlungsansätze, die miteinander kombiniert werden sollten: Zum einen sollte der Stress möglichst reduziert beziehungsweise ein besserer Umgang mit Stress gelernt werden. Zum anderen brauchen die Muskeln entsprechend Aufmerksamkeit. Welche Behandlung im individuellen Fall am besten zur Schmerztherapie bei stressbedingten Muskelschmerzen geeignet ist, wird der Arzt oder die Ärztin gemeinsam mit dem Betroffenen besprechen.
Eingesetzt werden können beispielsweise folgende Therapien:
- Rückentraining/ Physiotherapie/ Bewegungstherapie
- Muskeltraining, Muskelstärkung
- Progressive Muskelentspannung nach Edmund Jacobson
- Autogenes Training
- Yoga
- Qigong
- schmerzlindernde Anwendungen mit Wärme
- Massagen
- Thermalbäder
- Akupunktur
- Eine kurzzeitige Gabe von Schmerzmitteln, um Bewegungsübungen bei starken Verspannungsschmerzen wieder zu ermöglichen.
- Psychotherapie (Kognitive Verhaltenstherapie, tiefenpsychologische Behandlung)
Lesetipp: Yoga für Einsteiger: Drei einfache Yoga-Übungen gegen Stress.
Getriggertes Immunsystem: Muskelschmerzen und Stress bei rheumatischen Erkrankungen
Wie eng Stress und Muskelschmerzen verknüpft sind, bekommen Rheumapatienten häufig zu spüren. Rheumatische Erkrankungen verlaufen in Schüben, das heißt, in bestimmten Phasen sind die Beschwerden ausgeprägter. Diese Schübe kann Stress nicht nur triggern, sondern auch verschlimmern. Denn: Bei den meisten rheumatischen Erkrankungen spielt das Immunsystem eine wichtige Rolle. Aufgrund von Autoimmunprozessen können Entzündungsreaktionen in Gang gesetzt, aber auch verstärkt werden. Das Immunsystem greift fälschlicherweise eigene Köperstrukturen an. Forscher vermuten, dass psychischer Stress bestimmte Botenstoffe aktiviert, welche das Immunsystem in Alarmbereitschaft versetzen und Abwehrreaktionen fördern. So können unter anderem in den Muskeln neue Entzündungen entstehen, bereits vorhandene Muskelentzündungen können sich verstärken und stärkere Muskelschmerzen zur Folge haben.
Machen Ängste Schmerzen?
Ängste, Sorgen, aber auch psychische Erkrankungen wie beispielsweise Angststörungen oder Depressionen können das Schmerzempfinden erhöhen, Entzündungsreaktionen fördern und Verspannungen in den Muskeln intensivieren. Entspannungsverfahren wie progressive Muskelentspannung nach Jacobson, Yoga, Qigong und Tai-Chi sind deshalb für viele Schmerzpatienten so hilfreich, weil sie Entspannungstechniken, Atemübungen und Bewegung miteinander kombinieren. Die Stress-Alarmanlage des Körpers wird reguliert, die Beweglichkeit gefördert, die Muskeln gelockert und gestärkt und Stress abgebaut.
Quellen:
internisten-im-netz.de: „Stress“. Online-Information des Berufsverbands Deutscher Internistinnen und Internisten e.V. (BDI).
rheuma-liga.de: „Dem Stress auf der Spur“. Online-Information der Deutschen Rheuma Liga e.V.
anaesthesisten-im-netz.de: „Muskel- und Gelenkschmerzen“. Online-Information des Berufsverbands Deutscher Anästhesisten e.V. (BDA).
gesundheitsinformation.de. „Fibromyalgie. Bewegung, Entspannung, Stressbewältigung“. Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
gesundheitsinformation.de. „Entspannungstechniken bei Rückenschmerzen“. Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
patienten-information.de: „Fibromyalgie-Syndrom – wenn Muskeln und Glieder dauerhaft schmerzen“. Online-Information des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ) im Auftrag von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung.
rheumaliga.ch: „Fibromyalgie-Syndrom (FMS)“. Online-Information der Rheumaliga Schweiz.
gesundheit.gv.at: „Die Muskeln“. Online-Information des Öffentlichen Gesundheitsportals Österreich.
gesundheit.gv.at: „Progressive Muskelentspannung“. Online-Information des Öffentlichen Gesundheitsportals Österreich.
helios-gesundheit.de: „Stressbedingter Schmerz“. Online-Information der Helios Fachkliniken Hildburghausen.
gzfa.de: „Verspannte Muskeln sind oft Auslöser massiver Schmerzen“. Online-Information der Gesellschaft für Zahngesundheit, Funktion und Ästhetik (GZFA).