person mit dunkelblauen laufschuhen hält sich den rot markierten knöchel vor schmerz vor dunklem hintergrund
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Muskelschmerzen durch Magnesiummangel? Was ist dran am Mythos?

„Muskelschmerzen? Da hilft Magnesium!“ – so eine weitläufige Annahme. Viele Menschen, die nach dem Sport müde Muskeln, Muskelkrämpfe oder Muskelschmerzen verspüren, nehmen Magnesium, um die Muskulatur bei der Regeneration zu unterstützen. Magnesium gehört zu den beliebtesten Nahrungsergänzungsmitteln. Die Studienlage zu Magnesium gegen Muskelschmerzen zeigt allerdings nur geringe Effekte. Was Magnesium kann – und wo die Grenzen des Mineralstoffs sind.

Was ist Magnesium?

Erwachsene haben einen Gesamtkörpergehalt von etwa 25 Gramm Magnesium. Der größte Anteil findet sich in Knochen, Muskeln und Weichteilgewebe. Der Mineralstoff übernimmt im Körper vielfältige Aufgaben: Unter anderem ist er am Energiestoffwechsel sowie der Muskel- und Nervenfunktion beteiligt: Er ist unverzichtbar für den Fett- und Kohlenhydratstoffwechsel, die Stabilisierung der DNA und RNA sowie die Reizübertragung zwischen Nervenzellen sowie Nerven- und Muskelzellen. Des Weiteren ist Magnesium an der Muskelkontraktion beteiligt, steuert den Herzrhythmus und den Blutdruck mit und regt den Knochenumsatz und das Wachstum knochenbildender Zellen an. Hat der Körper zu wenig Magnesium, können Muskelkrämpfe auftreten. Daher liegt es nahe, bei Muskelschmerzen und Muskelkrämpfen einen Mangel des Mineralstoffs zu vermuten.

Muskelschmerzen: Magnesiummangel in Deutschland ein Problem?

Die Muskeln brauchen Magnesium. Der Mineralstoff trägt zu einer normalen Muskelfunktion bei. Einen Mangel bekommen die Muskeln zu spüren. Schmerzen und Krämpfe können auftreten. Wie Experten betonen, unter anderem die Experten der Verbraucherzentralen, wird eine Verbesserung der Körperfunktion lediglich dann erzielt, wenn ein Mangel vorliegt. Ein Magnesiummangel sei in Deutschland allerdings selten und Nahrungsergänzungsmittel in der Regel nicht notwendig.

Magnesium gegen Muskelschmerzen: Was sagt die Wissenschaft?

Auch wenn Magnesium als Nahrungsergänzung gegen Muskelbeschwerden beworben wird: Wissenschaftlich bewiesen ist die Wirksamkeit von Magnesium gegen Muskelschmerzen und -krämpfe nicht. In Studien konnte die Einnahme von Magnesium Muskelkrämpfe nicht besser vermeiden als ein Scheinmedikament (Placebo). Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Einnahme von Magnesium die Häufigkeit und Intensität von Muskelkrämpfen unbekannter Ursache wahrscheinlich nicht senken kann. Auch anstrengungsbedingte Muskelkrämpfe nach dem Sport lassen sich durch Magnesium vermutlich nicht verbessern. Wirksam kann die Einnahme von Magnesium gegen Muskelschmerzen möglicherweise in der Schwangerschaft sein. Die Studien hierzu sind aber nicht belastbar.

Eine Verbesserung von Muskelbeschwerden scheint am ehesten bei einem Mangel des Mineralstoffs erreicht werden zu können. Eine zusätzliche Einnahme über den täglichen Bedarf hinaus scheint keine bedeutenden Effekte aufzuweisen. Im Rahmen einer gesunden und ausgewogenen Ernährung ist der Körper im Normalfall mit wichtigen Nährstoffen wie Magnesium ausreichend versorgt. Eine zusätzliche Einnahme von Magnesiumpräparaten ist nicht notwendig.

Wann Magnesium als Nahrungsergänzungsmittel?

Eine zusätzliche Einnahme von Magnesium in Form eines Nahrungsergänzungsmittels, um Muskelschmerzen vorzubeugen oder zu behandeln, ist Experten zufolge bei gesunden Menschen in der Regel nicht empfehlenswert. Eine Supplementierung kann erwogen werden, wenn ein ärztlich diagnostizierter Mangel vorliegt und eine Ernährungsanpassung hin zu mehr magnesiumreichen Lebensmitteln nicht umgesetzt werden kann.

So schreibt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) auf ihrer Webseite:

In einer systematischen Übersichtsarbeit konnten für die Supplementation von Magnesium keine signifikanten Effekte auf die Häufigkeit sowie die Schwere und Dauer von nächtlichen Muskelkrämpfen bei älteren Erwachsenen nachgewiesen werden. Auch für Schwangere konnte nicht eindeutig nachgewiesen werden, ob sie von einer Magnesiumsupplementation profitieren.

Die Verbraucherzentrale schreibt auf ihrer Website „Klartext Nahrungsergänzung“:

Magnesium ist in vielen Lebensmitteln enthalten. Ein gesunder Mensch kann deshalb seinen Tagesbedarf mit einer ausgewogenen Ernährung gut decken. (…) Mit zwei Portionen Obst und drei Portionen Gemüse täglich sowie reichlich Vollkornprodukten sichern Sie Ihre Magnesiumzufuhr. Auch eine kleine Handvoll Nüsse oder Sonnenblumenkerne über den Tag verteilt stellen eine gute Magnesiumquelle dar.

Lesetipp: Nahrungsergänzungsmittel Magnesium: Dosierung, Nutzen & Risiko.

Muskelschmerzen durch Magnesiummangel: So viel Magnesium braucht der Körper

Damit die Körperfunktionen, an denen Magnesium mit beteiligt ist, unterstützt werden, nennt die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE) als Schätzwert für eine angemessene Magnesium-Zufuhr für Frauen ab 25 Jahren (inklusive Schwangere und Stillende) 300 Milligramm Magnesium pro Tag und für Männer 350 Milligramm pro Tag. Bei starkem Schwitzen durch Leistungssport oder Hitzearbeit sowie bei Stress könne der Bedarf höher sein.

Welche Lebensmittel enthalten viel Magnesium?

Ein gesunder Mensch kann seinen Tagesbedarf mit einer ausgewogenen Ernährung im Normalfall gut decken. Magnesium ist überwiegend in pflanzlichen Lebensmitteln enthalten. Hülsenfrüchte, Vollkornprodukte, Nüsse und Samen enthalten viel Magnesium.

Diese Lebensmittel sind reich an Magnesium:

  • 100 Gramm Sonnenblumenkerne/ 420 mg Magnesium
  • 100 Gramm Chiasamen/ 335 mg Magnesium
  • 100 Gramm Leinsamen/ 325 mg Magnesium
  • 100 Gramm Amaranth/ 310 mg Magnesium
  • 100 Gramm Kürbiskerne/ 285 mg Magnesium
  • 100 Gramm Quinoa/ 275 mg Magnesium
  • 100 Gramm Cashewnuss/ 270 mg Magnesium
  • 100 Gramm Sojabohnen/ 220 mg Magnesium
  • 100 Gramm Erdnuss/ 160 mg Magnesium
  • 100 Gramm Kidneybohnen/ 150 mg Magnesium
  • 100 Gramm weiße Bohnen/ 140 mg Magnesium
  • 100 Gramm Vollkornteigwaren/ 125 mg Magnesium
  • 100 Gramm Getreideflocken/ 120 mg Magnesium
  • 100 Gramm Tofu/ 100 mg Magnesium
  • 100 Gramm Spinat/ 60 mg Magnesium
  • 100 Gramm Banane/ 30 mg Magnesium

Wann droht Magnesiummangel?

Bei einer ausgewogenen Ernährung ist Magnesiummangel selten. Auch Sportler können durch Schwitzen verlorene Mineralstoffe über eine ausgewogene Ernährung in ausreichender Menge wieder zuführen. Magnesiummangel tritt häufig bei Menschen mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen auf. Bei ihnen ist die Nährstoffaufnahme aus dem Darm gestört. Bei Alkoholikern kann ebenfalls ein Magnesiummangel auftreten, da Alkohol dem Körper Mineralstoffe entzieht und die Aufnahme hemmt.

Bei Senioren kann ein Magnesiummangel auftreten, wenn die Ernährung unausgewogen ist oder Entwässerungsmittel (Diuretika) eingenommen werden. Bei Verdacht auf einen Magnesiummangel sollte man sich an den Hausarzt oder die Hausärztin wenden. Ein Bluttest kann einen Nährstoffmangel aufzeigen. Eine Supplementierung von Magnesium ist Experten zufolge nur bei einem ärztlich diagnostizierten Magnesiummangel zu empfehlen.

Lesetipp: Magnesiummangel: Symptome und Folgen.

Überdosierung: Muskelschwäche durch zu viel Magnesium

Wer über die Nahrung hinaus zu viel Magnesium in Form von Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) aufnimmt, riskiert Nebenwirkungen. Während der DGE zufolge über die Nahrung allein keine Überversorgung zu befürchten ist, kann die tägliche empfohlene Verzehrsmenge über Nahrungsergänzungsmittel rasch erreicht und überschritten werden.  Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) empfiehlt für den Zusatz von Magnesium zu Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) eine Höchstmenge von 250 Milligramm pro Tagesverzehrempfehlung eines NEM-Produkts. Es wird empfohlen, diese Tagesverzehrmenge auf zwei oder mehr Portionen pro Tag zu verteilen.

Eine Überdosierung von Magnesium in Form eines NEM kann zu Nebenwirkungen führen. Schon ab einer Zufuhr von 300 Milligramm Magnesium pro Tag über Nahrungsergänzungsmittel kann es bei Erwachsenen zu Durchfall kommen. Eine Dosis von über 2.500 Milligramm pro Tag kann sogar sehr gefährliche Nebenwirkungen wie Blutdruckabfall oder Muskelschwäche haben.

Lesetipp: Zu viel Magnesium: Das passiert bei einer Überdosierung.

Zwar wird diskutiert, ob intensive sportliche Betätigung zu einer vermehrten Magnesiumausscheidung über Schweiß führen kann. Ein Mangel ist in der Regel aber nicht zu befürchten. Wer sich ausgewogen ernährt, füllt seine Magnesiumspeicher nach dem Sport rasch wieder auf. Die Verbraucherzentrale hat folgendes Rechenbeispiel aufgeführt: „Ein Schweißverlust von 2 Litern entspricht in etwa einer verlorenen Magnesiummenge von 10 mg. Geht man von einer mittleren Bioverfügbarkeit von 35 % aus, entspricht der zusätzliche Magnesiumbedarf nur 30 mg. Wird nach dem Sport die verbrauchte Energie wieder durch vollwertige Lebensmittel eingenommen, wird dieser zusätzliche Magnesiumbedarf automatisch wieder gedeckt.“
Experten gehen von einer mittleren Bioverfügbarkeit von 35 Prozent des aufgenommenen Magnesiums aus. Das heißt: Im Schnitt werden nur 35 Prozent des täglich über die Nahrung zugeführten Magnesiums vom Körper aufgenommen beziehungsweise verwertet. Einen Mangel muss man dennoch nicht befürchten. Da Magnesium in vielen Lebensmitteln enthalten ist, lässt sich bei gesunden Menschen der Tagesbedarf mit einer ausgewogenen Ernährung decken.
In Nahrungsergänzungsmitteln wird neben Magnesiumoxidund Magnesiumcarbonat (anorganisch) häufig Magnesiumcitrat (organisch) verwendet. Ob eher Magnesiumoxid oder Magnesiumcitrat zu empfehlen ist, hängt den Verbraucherschützern der Verbraucherzentrale zufolge von der individuellen Situation und Verträglichkeit ab. In der Natur komme Magnesium hauptsächlich in anorganischer Form vor. Magnesiumoxidwerde möglicherweise besser im Körper gespeichert, während das Citrat schneller in den Körper aufgenommen werde.

Quellen:

Prof. Dr. Helmut Heseker und Dil. Oec. Troph. Beate Heseker: Die Nährwerttabelle. Aktualisierte 5. Auflage 2018/2019. Umschau-Verlag.

medizin-transparent.at: „Magnesium gegen Muskelkrämpfe?“. Online-Information von Medizin Transparent, ein Projekt von Cochrane Österreich an der Donau-Universität Krems.

aerztezeitung.de: „Nutzen von Magnesium bei Krämpfen nicht belegt“. Online-Information von ÄrzteZeitung.

dge.de: „Ausgewählte Fragen und Antworten zu Magnesium“. Online-Information der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE).

dge.de: „Magnesium. Referenzwerte“. Online-Information der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE).

bfr.bund.de: „Höchstmengenvorschläge für Magnesium in Lebensmitteln inklusive Nahrungsergänzungsmitteln“. Online-Information des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR).

klartext-nahrungsergänzung.de: „Magnesium – was ist zu beachten?“. Online-Information von Klartext Nahrungsergänzung, einem Angebot der Verbraucherzentrale.

jamanetwork.com: „Effect of Magnesium Oxide Supplementation on Nocturnal Leg Cramps“. Online-Information von JAMA Internal Medicine.

cochrane.org: „Magnesium for muscle cramps“. Online-Information von Cochrane.

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
Ann-Kathrin Landzettel
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