mann im wald hält blaue schleife als zeichen für krebs
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Muskelschmerzen bei Krebs: Warum Krebspatienten oft unter Muskelschmerzen leiden

Die Diagnose Krebs ist für die meisten Betroffenen ein Schock. Von einem auf den anderen Moment ändert sich das Leben: Arztbesuche und belastende Behandlungen gehören plötzlich zum Alltag, Existenzängste und Zukunftssorgen begleiten das Leben und unzählige Fragen tauchen auf: Ist mein Krebs heilbar? Welche Therapien können helfen und werde ich Schmerzen haben? Schmerzen bei Krebs sind ein häufiges Symptom. So kann der Tumor selbst Schmerzen verursachen, etwa wenn er auf ein Organ drückt. In Folge der Krebstherapie können ebenfalls Muskelschmerzen auftreten. Muskelschmerzen bei Krebs: Ursachen und Linderung.

Warum Muskelschmerzen bei Krebs?

Der Körper besitzt Millionen Schmerzrezeptoren, um Reize wahrnehmen zu können und auf mechanische, entzündliche oder chemische Verletzungen zu reagieren. Die Schmerzrezeptoren bestehen aus feinen Nervenendigungen und finden sich in großer Anzahl in Haut, Muskulatur, Knochenhaut, Gelenken und den Oberflächen von inneren Organen. Werden diese Rezeptoren über ein gewisses Maß hinaus gereizt, entsteht Schmerz: Der Reiz auf das Gewebe wird als elektronischer Impuls über verschiedene Nervenfasern zum Rückenmark und von dort weiter ins Gehirn geleitet und löst dort eine entsprechende Schmerzwahrnehmung aus.

Wann Muskelschmerzen bei Krebs?

Zu Beginn verursacht Krebs keine Symptome. Denn die Krebszellen selbst haben keine Schmerzrezeptoren und lösen keine Schmerzreize aus. Mit zunehmendem Wachstum können Tumoren dann umliegendes Gewebe beeinflussen: Es verdrängen, darauf drücken oder hineinwachsen und es zerstören. Dann entstehen Schmerzen. Die Art des Schmerzes ist abhängig davon, wo der Tumor sitzt, wie groß er ist und welche Gewebe er in Mitleidenschaft zieht. Muskelschmerzen, Knochenschmerzen sowie Organschmerzen sind einige mögliche Schmerzarten, die im Rahmen einer Krebserkrankung auftreten und für die Betroffenen stark belastend können. Möglich ist auch, dass der Tumor bestimmte Stoffe abgibt oder Immunreaktionen auslöst, welche Schmerzen verursachen – auch in Körperbereichen, die sich nicht in der Nähe des Krebses befinden.

Lesetipp: Krebs-Stadien: Welche Stufen durchläuft Krebs?

Die Internationale Vereinigung zum Studium des Schmerzes (IASP) hat folgende Schmerzdefinition aufgestellt: Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes- und Gefühlserlebnis, das mit aktueller oder möglicher (potentieller) Gewebeschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer solchen Schädigung beschrieben wird.

Muskelschmerzen als Krebs-Symptom: Warnzeichen des Körpers

Unklare Schmerzen wie Muskelschmerzen ohne sportliche Betätigung, unerklärliche Knochenschmerzen sowie Schmerzen ohne erkennbare Ursache in bestimmten Körperbereichen sollten immer ärztlich abgeklärt werden. Häufig ist die Ursache harmlos. Manchmal allerdings ist der Auslöser der unklaren Schmerzen auf einen Tumor zurückzuführen. Neue, anhaltende Schmerzen können ein erstes Warnzeichen einer Krebserkrankung sein. Mediziner sprechen von tumorbedingten Schmerzen beziehungsweise krebsbedingten Schmerzen, wenn der Krebs durch sein Wachstum Schmerzen auslöst.

Nicht nur Schmerzen: mögliche Symptome einer Krebserkrankung

Weitere Warnzeichen einer möglichen Krebserkrankung, die ärztlich untersucht werden sollten, können sein:

  • Appetitlosigkeit
  • unerklärlicher Gewichtsverlust
  • Erschöpfung
  • Nachtschweiß
  • Fieberschübe (oft begleitet von Muskelschmerzen/Gliederschmerzen)
  • Blut im Urin oder Stuhl
  • anhaltende Übelkeit oder Erbrechen
  • vergrößerte Lymphknoten
  • schlecht heilende Wunde/n
  • Veränderungen eines Muttermals hinsichtlich Größe, Farbe, Form und Erhabenheit

Welche Schmerzen bei Krebs gibt es?

Schätzungen zufolge leidet etwa ein Drittel der Krebs-Patienten in einem frühen Erkrankungsstadium an Schmerzen. Im weiteren Verlauf der Erkrankung sind es bis zu 90 Prozent. Krebsexperten unterscheiden verschiedene Schmerzen, die in Folge einer Krebserkrankung auftreten können:

Tumorbedingte Schmerzen: Schmerzen, die direkt vom Tumor oder von seinen Metastasen verursacht werden. Sie machen den Hauptanteil therapiebedürftiger Schmerzen bei Krebs aus. Dazu gehören Knochenschmerzen, Organschmerzen, Schmerzen von Muskel- und Bindegewebe (Weichteilschmerzen), Nervenschmerzen sowie ischämische Schmerzen (aufgrund mangelnder Durchblutung).

Tumorassoziierte Schmerzen: Gehen zwar auf die Krebserkrankung zurück, werden aber nicht direkt vom Tumor oder den Metastasen verursacht. Dazu gehören beispielsweise Infektionen, Entzündungen, Lymphödeme, Wundliegen (Dekubitus) sowie Thrombosen.

Tumortherapiebedingte Schmerzen: Neben Wundschmerzen gehören Schmerzen, die durch eine medikamentöse Therapie verursacht werden, zu den tumortherapiebedingten Schmerzen. Abhängig von den eingesetzten Wirkstoffen können das unter anderem Nervenschmerzen, Hautreaktionen, Schleimhautentzündungen in Mund, Blase oder Darm, Gewebeverhärtungen sowie Knochennekrosen sein.

Tumorunabhängige Schmerzen: Treten bei den Betroffenen unabhängig von der Krebserkrankung auf, sind aber ebenfalls sehr belastend und behandlungsbedürftig, etwa starke Migräneattacken, chronische Rückenschmerzen, Arthrose und Ähnliches.

Muskelschmerzen und andere Schmerzen während der Krebsbehandlung

Nicht nur der Tumor selbst kann Muskel- und Bindegewebsschmerzen auslösen, wenn er in Gewebe hineinwächst, es abdrückt oder die Durchblutung stört (tumorbedingter Schmerz). Muskelschmerzen sind auch eine mögliche Folge der Krebstherapie, etwa einer Chemotherapie oder einer Strahlentherapie. Muskelschmerzen können auch nach einer Operation auftreten, wenn Muskelgewebe verletzt wurde, ebenso während der Wundheilung und durch Vernarbungen. Auch können eingesetzte Krebswirkstoffe, sogenannte Zytostatika, Schmerzen in der Muskulatur während der Krebstherapie verursachen. Auch Metastasen, also Tochtergeschwüre des Primärtumors, können auf Muskelgewebe einwirken. Metastasen bilden sich oft bei Prostata-, Brust-, Lungen- und Darmkrebs. Immunreaktionen des Körpers sind eine weitere mögliche Ursache für Muskelschmerzen bei Krebs. Und auch fehlende Bewegung während der Krebstherapie kann die Muskeln schmerzen lassen.

Tumorschmerzen behandeln – was hilft?

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt bei Krebsschmerzen/Tumorschmerzen das sogenannte Stufenschema (Klassifizierung der Schmerztherapie). Angaben der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V. zufolge, werden zunächst Schmerzmittel vom Typ der sogenannten Nicht-Opioid-Analgetika eingesetzt, etwa Wirkstoffe wie Metamizol, Ibuprofen oder Diclofenac. Können diese Mittel die Schmerzen nicht in ausreichendem Maße lindern, werden ergänzend Opioide verabreicht, die den Endorphinen ähneln, die der Körper bei einem Schmerzreiz zur Linderung selbst bildet. Codein beispielsweise gehört zu den schwächer wirkenden Opioiden. Morphin hingegen ist ein stark wirkendes Opioid der Stufe III im WHO-Stufenschema und ist als Schmerzmittel bei starken und stärksten Schmerzen zugelassen.

Muskelschmerzen bei Krebs: Oft fehlt Bewegung

Eine weitere Ursache für Muskelschmerzen bei Krebs ist fehlende Bewegung – vor allem in fortgeschritteneren Stadien, wenn Betroffene stark erschöpft oder aufgrund der Krebserkrankung körperlich zunehmend eingeschränkt sind. Langes Liegen kann zu Schmerzen in Muskeln und Gelenken führen. Zugleich wird durch fehlende Bewegung der Muskelabbau beschleunigt. Auch die Haut kann wund werden. Bilden sich durch das Liegen Wunden, sprechen Mediziner von Dekubitus. Ein Dekubitus bildet sich, wenn anhaltender Druck auf bestimmte Körperstellen ausgeübt wird. Durch die Last kann die Haut nicht mehr ausreichend mit Blut beziehungsweise Sauerstoff versorgt werden. Das Gewebe nimmt Schaden und stirbt langsam ab. Es bilden sich schwer heilbare Wunden.

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Bewegung trotz Krebstherapie – ist das möglich?

Um Muskelschmerzen zu lindern, welche auf Bewegungsmangel aufgrund der Krebserkrankung zurückzuführen sind, kann eine Bewegungstherapie die Behandlung ergänzen. Auch wer bettlägerig ist, kann unterstützt von entsprechendem Fachpersonal und angepasst an seine individuelle Situation Bewegungsübungen ausführen, um die Muskulatur zu kräftigen. Was im Einzelfall umsetzbar ist, besprechen Ärzte und Patienten gemeinsam. Bewegung ist wichtig, damit der Körper nicht zu schwach wird. Sogar schon kurz nach einer Operation wird körperliche Aktivität gefördert. Massagen können ergänzend eingesetzt werden, um Muskelschmerzen zu lindern.

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Nicht alle Krebs-Patienten bekommen im Laufe ihrer Erkrankung Schmerzen. Abhängig ist das unter anderem von der Krebsart, wo der Tumor wächst, wie groß er ist und welche Gewebe er beeinflusst. Auch die Art der Therapie spielt eine Rolle. Schmerzen, die sich nicht erklären lassen, sollten ärztlich untersucht werden. Sie können ein Warnzeichen für Krebs sein. Krebsschmerzen können in jedem Stadium einer Krebserkrankung auftreten und deuten nicht zwingend auf einen fortgeschrittenen Verlauf hin.
In fortgeschrittenen Stadien entwickeln 50 bis 70 Prozent aller Betroffenen mittlere bis starke Schmerzen.
Wie Schmerz empfunden wird, ist ganz unterschiedlich. Knochenschmerzen beispielsweise werden oft als drückend, pochend und dumpf beschrieben. Muskelschmerzen können brennend, bohrend und plötzlich einschießend sein. Organschmerzen werden oft als dumpf und bohren empfunden. Nervenschmerzen werden als stechend, brennend, heiß und elektrisierend wahrgenommen.

Quellen:

krebsgesellschaft.de: „Was ist Schmerz?“. Online-Information der Deutschen Krebsgesellschaft e.V.

krebsgesellschaft.de: „Schmerzen bei Krebs“. Online-Information der Deutschen Krebsgesellschaft e.V.

krebshilfe.de: „Krebsschmerzen“. Online-Information der Stiftung Deutsche Krebshilfe.

krebsliga.ch: „Krebsschmerzen können fast immer gelindert werden“. Online-Information der Krebsliga Schweiz.

krebsliga.ch: „Schmerzen bei Krebs und ihre Behandlung“. Online-Ratgeber (PDF) der Krebsliga Schweiz.

krebsinformationsdienst.de: „Nicht immer zu vermeiden: Beschwerden während der Krebstherapie“. Online-Information des Krebsinformationsdienstes (KID) am Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ).

schmerzgesellschaft.de: „Tumorschmerzen“. Online-Information der Deutschen Schmerzgesellschaft e.V.

msdmanual.com: „Symptome für Krebs“. Online-Information von MSD Manual. Ausgabe für Patienten.

gesundheit.gv.at: „Dekubitus“. Online-Information des Öffentlichen Gesundheitsportals Österreich.

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
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