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Ratgeber: Muskelschmerzen – Ursachen, Symptome und Behandlung

Einer 2020 durchgeführten Studie des Robert-Koch-Instituts zufolge leiden etwa 61,3 Prozent der Befragten mindestens einmal im Jahr an Rückenschmerzen. Meist sind hierbei die Muskeln betroffen. Muskelschmerzen, Myalgien genannt, können akut auftreten, etwa nach einer sportlichen Überlastung, oder chronisch sein, beispielsweise bei chronisch-entzündlichen rheumatischen Erkrankungen. Auch Fehlhaltungen, wie lange Schreibtischarbeit, lassen die Muskeln schmerzen – vor allem im Nacken-, Schulter- und Rückenbereich. Erfahren Sie im Ratgeber „Muskelschmerzen“ von Gelbe Seiten, was die häufigsten Ursachen von Muskelschmerzen sind, welche Symptome auf welches Krankheitsbild hindeuten und was den Schmerz im Muskel lindern kann.

Wie funktionieren die Muskeln?

Bewegung ist ohne Muskulatur nicht möglich. Muskeln bewegen Körperteile. Mediziner unterscheiden drei Muskelgruppen: die Skelettmuskulatur, die Organmuskulatur und die Herzmuskulatur. Körperliche Bewegung ist nur mit Hilfe der Muskeln umsetzbar. Die Verdauung könnte ohne Muskeln in Magen und Darm nicht stattfinden. Und auch das Herz ist ein Muskel, der uns durch seine unermüdliche Arbeit am Leben hält. Die Muskulatur des Bewegungsapparates gehört zur Gruppe der quergestreiften Skelettmuskulatur. Sie ist überall dort zu finden, wo Knochen, Gelenke und Gewebe bewusst gesteuert werden können.

Jeder Muskel kann eine bestimmte Bewegung in eine bestimmte Richtung ausführen. Häufig spielen mehrere Muskeln als Muskelgruppe zusammen. Jeder Muskel hat zudem einen Gegenspieler. Nur so wird Beugen und Strecken möglich. Über Nervenreize, die vom Gehirn an das Rückenmark und über die Nerven weiter zur Muskulatur geleitet werden, werden die Muskeln aktiviert und in Bewegung gebracht. Bewusst sind wir uns unserer Muskulatur vor allem bei sportlichen Aktivitäten. Muskelaufbau ist ein zentrales Thema beim Sport. Werden die Muskeln beim Sport zu intensiv gefordert, sind Muskelkater bis hin zu Muskelverletzungen mögliche Folgen.

Lesetipp: Sport trotz Muskelkater: Schädlich oder nicht?

Symptom Muskelschmerz: Was sind Muskelschmerzen?

Als Muskelschmerzen (Myalgien) werden in einem oder mehreren Muskeln wahrnehmbare Schmerzen bezeichnet. Muskelschmerzen können jeden der 650 Muskeln im Körper betreffen. Muskelschmerzen werden von Betroffenen unterschiedlich wahrgenommen. Sie können beispielsweise als stechend, ziehend, krampfend oder pulsierend empfunden werden. Abhängig von der Ursache der Muskelschmerzen treten sie kurzzeitig (akut) oder anhaltend (chronisch) auf.

Akute Muskelschmerzen

Der wohl bekannteste akute Muskelschmerz ist der Wadenkrampf. Er reißt vor allem nachts Menschen aus dem Schlaf. Ein weiteres Beispiel für kurzzeitige Muskelschmerzen ist Muskelkater, der Sportler:innen nach einer intensiven Trainingseinheit oft über mehrere Tage hinweg plagt. Nach einem Sportunfall kann eine Muskelzerrung den Betroffenen zu schaffen machen – die Heilung der Sportverletzung dauert meist mehrere Wochen. Auch bei einer Erkältung, Grippe oder Covid-19-Infektion treten manchmal akute Muskel- und Gliederschmerzen auf.

Chronische Muskelschmerzen

Als chronische Myalgie werden Muskelschmerzen bezeichnet, die länger als sechs Monate anhalten oder in diesem Zeitraum an mehreren Tagen der Woche bestehen. Chronische Muskelschmerzen treten häufig in Verbindung mit Muskelverspannungen auf. Oft betroffen ist der Schulter-, Nacken- und Rückenbereich. Fehlhaltungen wie langes Sitzen oder schweres Heben lassen dann die Muskeln anhaltend verkrampfen. Auch Erkrankungen können chronische Muskelschmerzen verursachen. Viele Betroffene mit einer chronisch-entzündlichen rheumatischen Erkrankung beispielsweise haben starke Muskelschmerzen. Mediziner:innen sprechen dann auch von „Muskelrheuma“.

Die Fibromyalgie (Fibromyalgie-Syndrom, FMS) ist ebenfalls ein Beispiel für eine Erkrankung, welche chronische Schmerzen in den Muskeln verursacht. Bei der chronischen Schmerzkrankheit leiden Betroffene unter anderem unter Muskelschmerzen, Schmerzen in den Gelenken sowie Schmerzen auf der Haut. Begleitet werden die Schmerzen von weiteren Symptomen, etwa Schlafstörungen, Müdigkeit, Konzentrationsproblemen und schneller körperlicher sowie geistiger Erschöpfung.

Wie entstehen Muskelschmerzen?

Wann schmerzen die Muskeln? Muskelschmerzen entstehen, wenn bestimmte Muskelfasern aufgrund bestimmter Einflüsse gereizt, belastet oder beschädigt werden und der Muskel in seiner Funktion eingeschränkt ist. Muskelschmerzen können unter anderem die Folge sein von:

  • Überlastungen
  • Fehlhaltungen
  • Verletzungen
  • Bewegungsmangel (verkürzte Muskelfasern, schwache Muskulatur)
  • Verspannungen/ Verkrampfungen/ Blockaden
  • Entzündungsprozessen

Akute und chronische Muskelschmerzen: mögliche Ursachen

Die Ursachen für akute und chronische Muskelschmerzen sind vielfältig. Ein paar Beispiele für akute und chronische Muskelschmerzen.

Akute Muskelchmerzen: Ursachen

Häufige Ursachen für akute Muskelschmerzen sind:

  • Infektionskrankheiten, etwa die Grippe, eine Erkältung oder Covid-19
  • Überforderung der Muskulatur (beispielsweise sportbedingter Muskelkater)
  • Fehlhaltungen (Verspannungen und Verhärtungen der Muskeln)
  • Muskelverletzungen (Muskelzerrung, Muskelfaserriss, Muskelriss)
  • Muskelkrämpfe

Chronische Muskelschmerzen: Ursachen

Häufige Ursachen für chronische Muskelschmerzen sind:

  • entzündliche Muskelerkrankungen/ Myositis (etwa aufgrund einer Autoimmunerkrankung wie der rheumatischen Erkrankung Polymyositis)
  • nicht-entzündliche Muskelerkrankungen (etwa Fibromyalgie)
  • Skeletterkrankungen (zum Beispiel ein Bandscheibenvorfall, Osteoporose, Arthrose oder Schäden an der Halswirbelsäule)
  • Erkrankungen des Zentralen Nervensystems (etwa Parkinson oder Multiple Sklerose)

Lesetipp: Was ist Parkinson?

Muskelschmerzen in der Schwangerschaft

Muskelschmerzen in der Schwangerschaft sind kein seltenes Phänomen. Besonders im Rücken haben schwangere Frauen häufig Probleme. Nicht nur, weil während der Schwangerschaft das Gewebe weicher wird, um sich dehnen und dem wachsenden Kind Platz bieten zu können. Das Ungeborene wird mit den Monaten auch immer schwerer. Für die Muskulatur ist das eine Herausforderung – und sie kann mit Schmerzen reagieren. Muskelschmerzen in der Schwangerschaft werden begünstigt, wenn die Frau vor der Schwangerschaft keinen oder nur wenig Sport getrieben hat und/oder während der Schwangerschaft sportlich inaktiv ist.

Muskelschmerzen durch Medikamente

Auch Medikamente können Muskelschmerzen verursachen. Beispielsweise sind Muskelschmerzen eine häufige Nebenwirkung von Cholesterinsenkern, sogenannten Statinen. Die Einnahme bestimmter Antibiotika kann ebenfalls zu Muskelschmerzen führen. Wer seit kurzem ein neues Medikament einnimmt und plötzlich Muskelschmerzen bei sich bemerkt, sollte mit seinem behandelnden Arzt oder der Ärztin ins Gespräch gehen. Ist das Medikament tatsächlich die Ursache für die Schmerzen in den Muskeln, lässt sich möglicherweise die Dosis anpassen oder auf ein anderes Medikament umsteigen. Keinesfalls sollten Medikamente, beispielsweise Herz-Kreislauf-Medikamente, ohne Rücksprache mit dem Arzt oder der Ärztin abgesetzt oder eigenmächtig anders dosiert werden.

Verspannungen: eine der häufigsten Ursachen von Muskelschmerzen

Schulter-, Nacken- und Rückenschmerzen sind in Deutschland eine Volkskrankheit. Fast jeder kennt Muskelschmerzen in diesen Bereichen. Am häufigsten ist der Schmerz auf Muskelverspannungen zurückzuführen. Überlastungen, eine ungünstige Körperhaltung, Stress und lange Schreibtischarbeit lassen die Muskeln in Schultern, Nacken und Rücken verspannen und verhärten. Fehlt Bewegung, welche die Muskeln stärkt und dehnt, intensiviert sich der Schmerz.

Fehlbelastungen und Fehlhaltungen überfordern langfristig die Muskeln in Nacken, Schultern und Rücken. Sie verspannen. Bleiben ausgleichende Bewegung, Lockerung und Dehnung aus, verhärten sich die Muskeln zunehmend und verkürzen sogar. Schmerzen sind die Folge, welche die Bewegungsfähigkeit einschränken.
— Professor Bernd Kladny, Chefarzt der Abteilung Orthopädie und Unfallchirurgie, m&i-Fachklinik Herzogenaurach und Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU).

Wann mit Muskelschmerzen zum Arzt?

Muskelschmerzen sind oft kurzanhaltend und auf Überlastungen zurückzuführen. Diese können selbst behandelt werden und lassen nach wenigen Tagen wieder nach. Bei Muskelschmerzen unbekannter Ursache sollte man einen Arzttermin vereinbaren und die Ursache klären lassen. Das gilt auch dann, wenn Muskelschmerzen nicht nachlassen oder gar stärker werden – oder wenn Begleitsymptome auftreten, etwa Kribbeln, Taubheitsgefühle oder hohes Fieber. Wenden Sie sich bei unspezifischen Beschwerden an Ihren Hausarzt oder Ihre Hausärztin. Dieser beziehungsweise diese kann nach einer ersten Untersuchung bei Bedarf an entsprechende Fachärzte für die weitere Abklärung überweisen, etwa Orthopäd:innen, einen Sportmediziner:innen, Neurologinnen oder Rheumatolog:innen.

Muskelschmerzen bei Kindern

Auch viele Kinder und Jugendliche kennen Muskelschmerzen. Häufig treten sie in der Wachstumsphase auf. Neben den sogenannten Wachstumsschmerzen können Bewegungsmangel, das Tragen eines schweren Ranzens, langes Sitzen vor dem Computer, Fehlbelastungen aber auch Fehlentwicklungen die Ursache für Muskelschmerzen bei Kindern sein. Haben Kinder Muskelschmerzen, sollten Eltern einen Termin beim Kinderarzt oder der Kinderärztin vereinbaren und die Ursache klären lassen.

Muskelschmerzen behandeln: Was macht der Arzt bei Muskelschmerzen?

Die Behandlung von Muskelschmerzen ist abhängig von der Ursache der Schmerzen. Liegt eine Erkrankung zugrunde, wird diese von einem entsprechenden Facharzt begleitet, der die Therapie individuell zusammenstellt. Sind Muskelverspannungen aufgrund von Fehlhaltungen und Überlastungen der Auslöser, verschreiben Ärzt:innen oft Krankengymnastik oder Physiotherapie. Auch Massagen können die Muskulatur lockern. Wärmebehandlungen werden bei Verspannungen ebenfalls als wohltuend empfunden. Schmerzmittel können kurzzeitig gegen den Schmerz eingenommen werden.

Wichtig: Frei-verkäufliche, rezeptfreie Schmerzmittel sollten nicht öfter als an zehn Tagen im Monat und nicht länger als an drei darauffolgenden Tagen eingenommen werden. Auch darf die empfohlene Einnahme-Einzeldosis sowie die Tageshöchstdosis nicht überschritten werden. Lassen die Schmerzen nach wenigen Tagen nicht nach, sollten Betroffene ärztlichen Rat einholen. Der Hausarzt oder die Hausärztin kann erste Untersuchungen durchführen.

Lesetipp: Muskel-Massagegeräte-Vergleich: Welche Massagepistole ist die beste für mich?

Bei entzündlichen Muskelschmerzen entsteht der Schmerz im Muskel aufgrund einer Entzündungsreaktion im Muskel. Die Entzündung im Muskelgewebe kann beispielsweise durch Autoimmunerkrankungen entstehen oder durch eine Beteiligung von Bakterien oder Viren. Beispiele für entzündliche Muskelschmerzen ist die durch Zecken übertragene Erkrankung Borreliose. Verursacht wird sie durch Bakterien, die Borrelien. Infektionen mit dem Epstein-Barr-Virus können ebenfalls starke Muskelschmerzen auslösen. Zu den Autoimmunerkrankungen, welche mit entzündlichen Muskelschmerzen in Verbindung stehen, gehören unter anderem rheumatische Erkrankungen sowie die chronisch-entzündliche neurologische Erkrankung Multiple Sklerose.
Es gibt Medikamente, bei deren Einnahme Muskelschmerzen als Nebenwirkung auftreten können, etwa bei bestimmten Antibiotika, bei Cholesterinsenkern (Statinen) sowie bei Entwässerungsmitteln (Diuretika). Wenn Medikamente zu Muskelschmerzen führen, sollte man das Gespräch mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin suchen. Möglicherweise kann die ergänzende Einnahme von Mineralstoffen die Muskelbeschwerden lindern. Vielleicht ist auch eine angepasste Dosierung oder ein Medikamentenwechsel eine Option. Keinesfalls sollten Medikamente eigenmächtig und ohne Rücksprache mit dem Arzt oder der Ärztin abgesetzt oder anders dosiert werden.
Unter dem Begriff „Physiotherapie“ sind Krankengymnastik und physikalische Therapien wie Massagen, Elektrotherapie und Thermotherapie zusammengefasst. Die Physiotherapie ist quasi eine Erweiterung der Krankengymnastik, da sie sowohl Krankengymnastik als auch andere physikalische Therapien beinhaltet. „Krankengymnastik“ ist zudem ein eher etwas veralteter Begriff. Heute spricht man eher von „Bewegungstherapie“. Die Bewegungstherapie/Krankengymnastik stellt den überwiegenden Teil der Physiotherapie dar und darf nur von Physiotherapeuten/Krankengymnasten durchgeführt werden. Andere physikalische Therapien wie Massagen dürfen auch Masseure anwenden.

Quellen:

Interview mit Professor Bernd Kladny, Chefarzt der Abteilung Orthopädie und Unfallchirurgie, m&i-Fachklinik Herzogenaurach und Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie e.V. (DGOU)

dgou.de: „Muskeln stärken und Arthrose vorbeugen – zum Älterwerden gehört Bewegung dazu“. Online-Information der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) e.V.

patienten-information.de: „Fibromyalgie-Syndrom – wenn Muskeln und Glieder dauerhaft schmerzen“. Online-Information des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ) im Auftrag von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung.

gesund.bund.de: „Muskelzerrung“. Online-Information des Bundesministeriums für Gesundheit.

gesundheitsinformation.de. „Fibromyalgie“. Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).

rheumaliga.ch: „Fibromyalgie-Syndrom (FMS)“. Online-Information der Rheumaliga Schweiz.

physio-deutschland.de: „Definition Physiotherapie“. Online-Information des Deutschen Verbands für Physiotherapie (ZVK) e.V.

gesundheit.gv.at: „Die Muskeln“. Online-Information des Öffentlichen Gesundheitsportals Österreich.

netdoktor.de: „Muskelschmerzen“. Online-Information von NetDoktor.

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
Ann-Kathrin Landzettel
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