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Proteinpulver: Ist Eiweißpulver für den Muskelaufbau wirklich gut?

Wie viel Protein braucht der Körper? Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt normalgewichtigen, gesunden Erwachsenen, pro Kilogramm Körpergewicht 0,8 bis 1 Gramm Eiweiß aufzunehmen. Viele Sportler greifen hierfür zu Proteinshakes und Proteinpulver – auch, um das Muskelwachstum zu verbessern. Doch bringt das wirklich was? Oder erreicht man mit einer eiweißreichen Ernährung genauso viel? Eiweißpulver für den Muskelaufbau: Must have oder nutzlos?

Was ist Eiweiß (Protein)?

Protein ist ein unverzichtbarer Bestandteil von Zellstrukturen. Protein setzt sich aus Aminosäuren zusammen. Aminosäuren bestehen aus Kohlenstoff, Wasserstoff, Sauerstoff und Stickstoff. Im menschlichen Körper werden 20 verschiedene Aminosäuren zum Aufbau von Protein benötigt, diese werden daher als proteinogen bezeichnet. 9 dieser Aminosäuren sind essenzielle Aminosäuren, das heißt, der Körper kann sie nicht selbst bilden. Sie müssen über die Nahrung aufgenommen werden. Ohne eine regelmäßige Zufuhr dieser Aminosäuren kann es zu Mangelzuständen kommen.

Zu den 9 essenziellen Aminosäuren gehören:

  1. Isoleucin
  2. Leucin
  3. Lysin
  4. Methionin
  5. Phenyl­alanin
  6. Threonin
  7. Tryptophan
  8. Valin
  9. für Säuglinge Histidin

Zu den 11 Aminosäuren, die der Körper selbst herstellen kann, wenn er ausreichend mit Stickstoff versorgt ist, gehören:

  1. Alanin
  2. Arginin
  3. Asparagin
  4. Asparagin­säure
  5. Cystein
  6. Glutamin
  7. Glutamin­säure
  8. Glycin
  9. Prolin
  10. Serin
  11. Tyrosin

Die Aufnahme von Protein über die Nahrung versorgt den Körper mit wichtige Aminosäuren – die er wiederum braucht, um Muskeln aufzubauen oder Energie bereitzustellen. Auch für das Immunsystem, die DNA und RNA sowie für die Bildung von Gallensäuren, Insulin, Serotonin und Histamin sind Aminosäuren notwendig. 1 Gramm Protein hat 4 Kilokalorien.

Protein und die Nieren

Bei gesunden Menschen ist es Untersuchungen zufolge nicht nachteilig für die Gesundheit, wenn sie mehr Protein aufnehmen als die tägliche empfohlene Zufuhr. Dennoch raten Experten, nicht mehr als das Doppelte des Tagesbedarfs aufzunehmen: also 2 Gramm je Kilogramm Körpergewicht. Anders sieht es bei Menschen mit Nierenfunktionsstörungen aus. Hier kann zu viel Protein nachteilig sein und die Nierenfunktion belasten. Ältere sowie Menschen mit Nierenerkrankungen sollten die individuell passende Eiweißzufuhr mit ihrem behandelnden Arzt oder ihrer Ärztin klären. 

Wie viel Protein brauche ich?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt für gesunde, normalgewichtige Erwachsene eine tägliche Proteinzufuhr von 0,8 Gramm pro Kilogramm Körpergewicht. Über die Ernährung lässt sich der Bedarf sowohl über tierische als auch über pflanzliche Lebensmittel decken. Zu den proteinreichen Lebensmitteln gehören neben Fleisch, Fisch, Milchprodukten und Eiern vor allem Hülsenfrüchte wie Soja, Linsen und Erbsen. Auch Getreideprodukte tragen zur Versorgung mit Eiweiß bei.

Es gilt aber zu beachten: Wie die DGE betont, unterscheidet sich pflanzliches und tierisches Protein in der Aminosäuren­zusammen­setzung und in der Bioverfügbarkeit der Aminosäuren. Während Protein aus Lebensmitteln tierischen Ursprungs meist alle unentbehrlichen Aminosäuren in ausreichender Menge in Bezug zum Bedarf enthält, weisen pflanzliche Lebensmittel häufig nicht das volle Spektrum der unentbehrlichen Aminosäuren auf. Daher ist es wichtig, pflanzliche Eiweißlieferanten geschickt zu kombinieren: Getreide mit Hülsenfrüchten zum Beispiel, wie Linsengemüse mit Reis oder Erbseneintopf mit Brot, verbessert die Aminosäurezusammensetzung.

Proteinpulver beim Sport: sinnvoll?

Für Sportler ist Protein vor allem für den Muskelaufbau und den Kraftzuwachs interessant. Viele Hersteller bieten entsprechende Eiweißpulver, Eiweißshakes, Eiweißriegel und andere Eiweißprodukte an. Und viele Sportler nutzen Eiweißpulver & Co., um die Zufuhr über die Nahrung zu ergänzen. Notwendig ist das laut Experten nicht. Über die Ernährung lässt sich der Eiweißbedarf in der Regel gut decken. Ein zusätzlicher Proteinbedarf – egal ob über die Ernährung oder in Form von Proteinpulver – besteht für Sportler (4 bis 5 Mal Training für je 30 Minuten) laut der DGE nicht.

Anders könne das im ambitionierten Breitensport und Leistungssport (mindestens 5 Stunden Training pro Woche) aussehen: Hier könne eine sportart- und belastungsspezifisch angepasste Proteinzufuhr über die Ernährung den Trainingsprozess sinnvoll unterstützen, so die DGE. Die angepasste Proteinversorgung beträgt zwischen 1,2 bis 2 Gramm Protein je Kilogramm Körpergewicht pro Tag. Supplemente wie Proteinpulver und andere Eiweißpräparate seien nicht notwendig.

Proteinpulver aus Sicht der Verbraucherschützer

Verbraucherschützer stehen Proteinpulver & Co. skeptisch gegenüber. Die Verbraucherzentrale Hessen beispielsweise sieht zusätzliches Protein über den empfohlen Tagesbedarf hinaus mit Blick auf vorliegende Studien für Sportler als überflüssig an. Selbst Sportler im Leistungsbereich oder Veganer „können ihren Proteinbedarf mit normalen eiweißreichen Lebensmitteln decken“, so die Verbraucherschützer. Proteinreiche Lebensmittel und Nahrungsergänzungen wie Proteinpulver, Proteinbars und Proteinkapseln seien meist teuer und enthielten unnötig viele Süßungsmittel, Zusatzstoffe, Aromen, Vitamine und Mineralstoffe.

Für den Muskelaufbau brauche es vor allem Trainingsreize, damit der Muskel wächst. Der zusätzliche Eiweißbedarf sei sehr viel geringer als Hersteller von Protein-Produkten glauben machen wollten. Um das Muskelwachstum gezielt zu fördern, empfehlen Wissenschaftler etwa 20 Gramm Protein kurz nach dem Training. Diese Menge steckt bereits in 200 Gramm Quark mit Früchten oder 100 Gramm Fisch, etwa Lachs. Normale Lebensmittel enthalten den Experten zufolge genug Eiweiß, um den Tagesbedarf decken zu können.

Experten zufolge: Nein. Die Menge an Protein, die Freizeitsportler täglich für den Muskelerhalt beziehungsweise Muskelaufbau benötigen, kann über die tägliche Nahrung aufgenommen werden. Spezielle Eiweiß-Produkte wie Proteinshakes braucht es hierfür nicht, betonen unter anderen die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, die Verbraucherzentralen sowie Stiftung Warentest. Ernährungsexperten raten von Eiweißshakes auch deshalb ab, da diese oft viel Zucker und andere Zusätze wie Süßungsmittel, Aromen & Co. enthalten.
Protein kann das Abnehmen unterstützen, da magere Eiweißprodukte kalorienarm sind – was sich gut auf die aufgenommenen täglichen Gesamtkalorien auswirkt. Eiweiß selbst hat zudem einen guten Sättigungseffekt. 

So bleibt man länger satt und auch Heißhunger wird gedämpft. Langfristig scheint sich der Abnehmeffekt von Eiweiß allerdings zu relativieren. Ergebnissen verschiedener Untersuchungen zufolge scheint eine kurzfristige Ernährung (3 bis 6 Monate) mit einer hohen Proteinzufuhr im Vergleich zu einer niedrigeren Proteinzufuhr zu einer größeren Gewichts­reduktion zu führen. Mit zunehmender Dauer der eiweißreichen Ernährung scheint dieser Effekt aber kleiner zu werden – oder verschwindet ganz. Weitere Forschungen sind nötig.
Von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) wird eine Proteinzufuhr in doppelter Höhe des Referenzwerts für gesunde Erwachsene als sicher angesehen. Beobachtungen zeigen, dass sogar eine Proteinzufuhr in drei- bis vierfacher Höhe über dem täglichen Referenzwert über einen längeren Zeitraum für gesunde Erwachsene ohne unerwünschte Symptome möglich ist. Allerdings kann, so die Weltgesundheitsorganisation WHO, daraus nicht geschlossen werden, dass bei einer sehr hohen Eiweißzufuhr generell keine negativen Effekte auftreten. Es ist daher ratsam, sich an den Referenzwerten zu orientieren

Es gibt Hinweise, dass eine erhöhte Proteinzufuhr in der Schwangerschaft das Risiko für Übergewicht beim Kind erhöhen kann. Eine deutlich über dem Bedarf liegende Proteinzufuhr aus Säuglingsmilchnahrung scheint zudem zu einer Vergrößerung der Nieren bei Säuglingen zu führen. Unklar ist bislang, ob dies mit negativen Folgen verbunden ist. Vorsichtig sollten zum Erwachsene mit eingeschränkter Nierenfunktion sein. Eine zu hohe Proteinzufuhr kann die Nierenfunktion weiter verschlechtern.

Quellen:

Protein. Referenzwerte der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).

Ausgewählte Fragen und Antworten zu Protein und unentbehrlichen Aminosäuren. Online-Information der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).

Eiweißpulver. Online-Information der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg.

Gut fürs Geschäft: die Extraportion Eiweiß. Online-Information der Verbraucherzentrale Hessen.

Proteine und Proteinpräparate. Online-Information der Verbraucherzentrale Bundesverband.

Ernährung für Sportler: Fit auch ohne Pillen und Pulver. Online-Information des Deutschen Ärzteblatts.

Muskeln aufbauen. Wie Muckis wachsen. Online-Information der Stiftung Warentest.

Proteinpulver: Nutzen für Muskelaufbau fraglich. Online-Information von medizin transparent.

Interview: Was Eiweiß-Shakes wirklich bringen. Online-Information von GEO.

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
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