Was ist das Gallensäureverlustsyndrom?
Was ist das Gallensäureverlustsyndrom?
Die Galle ist für die Verdauung wichtig. Die in der Gallenflüssigkeit enthaltenen Bestandteile, darunter Gallensäuren, helfen, die in der Nahrung befindlichen Fette für die Aufnahme über den Dünndarm vorzubereiten. Größere Fetttropfen teilen sich mit Hilfe der Galle in kleine Tröpfchen (werden emulgiert) und können anschließend von Verdauungsenzymen leichter gespalten und vom Darm aufgenommen werden.
Nach getaner Arbeit wird die Galle mit den enthaltenen Gallensäuren im unteren Dünndarmabschnitt wieder aufgenommen (reabsorbiert) und zurück zur Leber geleitet (enterohepatischer Kreislauf). Beim Gallensäureverlustsyndrom ist dieser Vorgang gestört. Ein Teil der Gallensäuren gelangt zusammen mit dem Speisebrei in den Dickdarm. Es kommt zu Verdauungsstörungen.
Kompensiertes und dekompensiertes GS-Verlustsyndrom: der Unterschied
Beim Gallesäureverlust-Syndrom unterscheiden Ärzte zwischen kompensiertem und dekompensiertem GS-Verlustsyndrom.
- Kompensiertes Gallensäureverlustsyndrom (Stadium 1): Der Leber gelingt es, eine ausreichend große Menge Gallensäure zu produzieren, um den Gallensäureverlust auszugleichen. Aufgrund der abführenden Wirkung der Gallensäuren im Dickdarm kommt es zu Durchfall (Diarrhoe).
- Dekompensiertes Gallensäureverlustsyndrom (Stadium 2): Der Leber gelingt es nicht länger, den Verlust der Gallensäuren auszugleichen. Neben der Aufnahmestörung im Dünndarm liegt eine zu geringe Gallensäureproduktion in der Leber vor. Es kommt zu Fettstühlen.
Gallensäureverlustsyndrom: Symptome der gestörten Fettverdauung
Gelangen die Gallensäuren in den Dickdarm und/oder ist die Gallensäurebildung gestört, kommt es zu einer Vielzahl verschiedener Verdauungsbeschwerden:
- Blähungen
- Bauchkrämpfe
- Übelkeit
- Durchfall (Diarrhoe)
- Darmkrämpfe
- Fettunverträglichkeit
- Fettstühle
- Sodbrennen
- Schmerzen im Oberbauch
- Bildung von Analekzemen
Die Beschwerden entstehen zum einen, weil die Aufnahme von Fetten über die Darmschleimhaut gestört ist und diese zum Teil wieder ausgeschieden werden (Fettstühle). Zum anderen reizen die Gallensäuren den Dickdarm und dieser leitet über die Darmschleimhaut Wasser ein, um dem entgegenzuwirken (osmotische Wirkung). Durchfälle entstehen.
Gallensäureverlustsyndrom: Risiko Vitaminmangel
Viele Betroffene leiden unter starkem Gewichtverlust aufgrund der gestörten Fettaufnahme. Außerdem kann der Darm die fettlöslichen Vitamine E, D, K und A nicht mehr in ausreichender Menge aufnehmen. Es droht ein Vitaminmangel. Auch ein Vitamin B12-Mangel gehört zu den Symptomen des GS-Syndroms. Das Risiko, dass sich Harn- und Gallensteine bilden, ist ebenfalls erhöht.
Gallensäureverlustsyndrom: Ursachen und Risikofaktoren
Ursachen des Gallensäureverlustsyndroms sind häufig die chronisch-entzündliche Darmerkrankung Morbus Crohn. Der Gallensäureverlust kann auch nach der operativen Entfernung des letzten Dünndarmabschnitts (Ileum) im Rahmen einer Morbus Crohn-Behandlung entstehen. Fehlt der untere Teil des Dünndarms, ist eine Rückresorption der Gallensäuren nicht möglich. Die Entfernung des terminalen Ileums ist die häufigste Ursache des Gallensäureverlusts.
Doch auch andere Erkrankungen des Dünndarms können das Gallensäureverlustsyndrom auslösen, beispielsweise das Blindsack-Syndrom. Das Blindsack-Syndrom beschreibt eine krankhafte Veränderung des Dünndarms, bei der ausgesackte Darmabschnitte entstehen, sogenannte blinde Schlingen. In diesen sammeln sich Keime. Es kommt zu einer bakteriellen Fehlbesiedelung des Dünndarms. Die Bakterien im Darmblindsack zersetzen die Gallensäuren und sie verlieren ihre Wirksamkeit.
Weitere Ursachen für das Gallensäureverlustsyndrom können Operationen an Magen und Darm sowie Strahlenbehandlungen sein.
Gallensäureverlustsyndrom diagnostizieren: die Tests
Die Diagnose des Gallensäureverlustsyndroms kann über verschiedene Tests erfolgen:
- Stuhlprobe: Der Stuhl wird auf Gallensäuren untersucht.
- 15SeHCAT-Test: Im Rahmen einer 24-stündigen Stuhlsammlung wird der Stuhl auf Gallensäuren untersucht. Dieser Test ist aussagekräftiger als eine einzelne Stuhlprobe.
- Colestyramin-Gabe: Verbessern sich mit der Gabe von Colestyramin, einem Austauschharz, die Durchfälle, gilt ein Gallensäureverlustsyndrom in der Regel als gesichert.
- 14C-Glykocholat-Atemtest: Ein Gallensäureverlustsyndrom führt zu einer verstärkten CO2-Abatmung.
Gallensäureverlustsyndrom behandeln: Verdauungsbeschwerden lindern
Das Gallensäureverlustsyndrom kann mit Unterstützung eines Hepatologen (Facharzt für Gallenblasen- und Lebererkrankungen) sowie eines Gastroenterologen (Facharzt für Darmerkrankungen) behandelt werden. Für die Therapie der Erkrankung kommen verschiede Medikamente und Präparate zur Anwendung, darunter:
- Medikamente mit dem Wirkstoff Loperamid (vermindert die Darmbewegung)
- Medikamente mit dem Kunstharz Colestyramin (bindet Gallensäuren)
- Kohletabletten (binden giftige Substanzen im Körper)
- Flohsamenschalen (regulieren die Stuhlkonsistenz)
- Probiotika (unterstützen die Darmflora)
Das Gallensäureverlustsyndrom und die Ernährung
Des Weiteren empfehlen Ärzte für die Behandlung des Gallensäureverlustsyndroms auf eine Ernährung zu achten, die den Darm möglichst wenig reizt und fordert. Auf Milchprodukte, Zucker, Koffein und Alkohol sollten Betroffene daher möglichst verzichten, um schweren Durchfällen (Diarrhoe) vorzubeugen. Auch die tägliche Fettzufuhr sollten Betroffene reduzieren. Therapiebegleitend bekommt der Körper mit Hilfe von Vitaminsubstitutionen Vitamine zugeführt.
Die genannten Behandlungsmöglichkeiten können die Gallensäureverlustsyndrom-Symptome lindern, behandeln aber nicht die Ursache. Ist die Ursache ein Blindsacksyndrom, kann ein chirurgischer Eingriff eine Therapiemöglichkeit sein. Bei der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung Morbus Crohn gilt es, die Entzündungsreaktionen im Darm bestmöglich zu behandeln.