Was ist die Bluterkrankheit (Hämophilie)?
Hämophilie: Wie häufig ist die Bluterkrankheit in Deutschland?
Die schwere Hämophilie A kommt der Deutschen Hämophiliegesellschaft zur Bekämpfung von Blutungskrankheiten e. V. zufolge mit einer Häufigkeit von 1:5000 der männlichen Neugeborenen vor und ist etwa fünf- bis sechsmal häufiger als die Hämophilie B (1:25.000 bis 1:30.000). Schätzungen gehen davon aus, dass in Deutschland etwa 10.000 Männer mit Hämophilie leben.
Dass besonders Männer von einer Hämophilie betroffen sind, hat einen Grund: Der Gendefekt der Erbkrankheit liegt auf dem X-Chromosom. Frauen haben zwei X-Chromosomen, das heißt, sie können den Defekt in der Regel durch das gesunde X-Chromosom weitgehend ausgleichen. Männer hingegen haben nur ein X-Chromosom.
Wie wird Hämophilie vererbt?
Hämophilie wird fast immer vererbt. Abhängig davon, welcher Elternteil hämophil ist, tragen die Kinder ein entsprechendes Risiko in sich: Bekommen eine Überträgerin und ein gesunder Mann einen Sohn, beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass dieser hämophil sein wird, der Deutschen Hämophiliegesellschaft zufolge 50 Prozent. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Tochter eines solchen Paares Überträgerin sein wird, liegt ebenfalls bei 50 Prozent. Bekommen ein hämophiler Mann und eine gesunde Frau Kinder, sind alle Söhne gesund, alle Töchter Überträgerinnen. Möglich sind auch sogenannten Spontanmutationen. Dann kommt ein Kind mit Hämophilie auf die Welt, obwohl beide Eltern nicht hämophil sind.
Hämophilie-Ursache: Warum Wunden nicht aufhören zu bluten
Ursache der Bluterkrankheit ist eine Veränderung auf dem X-Chromosom, die dazu führt, dass zu wenig Gerinnungsfaktor gebildet wird, der für die Schließung von Wunden und für die Wundheilung bedeutsam ist. Gerinnungsfaktoren sind von der Leber gebildete Eiweißstoffe und wichtige Bestandteile des Blutplasmas. Fast immer ist nur einer von etwa 13 Gerinnungsfaktoren betroffen: Bei der so genannten Hämophilie A ist es der Gerinnungsfaktor VIII (acht), bei der Hämophilie B der Gerinnungsfaktor IX (neun).
Hämophilie: Verlaufsformen der Bluterkrankheit
Die Symptome einer Hämophilie sind vom Schweregrad der Erkrankung abhängig. Je nachdem, wie ausgeprägt der Gerinnungsdefekt ist, können die Hämophilie-Symptome milder oder intensiver auftreten:
- Milde Verlaufsform: Betroffene können noch eine gewisse Menge – 5 bis 50 Prozent der Norm – Gerinnungsfaktor bilden. Lediglich bei ausgeprägten Verletzungen sowie bei Operationen kommt es zu verstärkten Blutungen.
- Mittelschwere Verlaufsform: Betroffene können zwischen einem und fünf Prozent der normalen Menge an Gerinnungsfaktor bilden. Nach Verletzungen oder Operationen kommt es hin und wieder zu länger andauernden Blutungen. Selten treten Blutungen ohne ersichtliche Ursache auf.
- Schwere Hämophilie: Betroffene können in der Regel kaum oder keinen Gerinnungsfaktor bilden. Bereits bei leichteren Verletzungen kann es zu anhaltenden Blutungen kommen. Manchmal ist gar nicht klar, weswegen es zu einer Blutung gekommen ist. Mediziner sprechen von Spontanblutung. Es können innere Blutungen auftreten und auch Schmerzen auslösen.
Bluterkrankheit: Symptome einer Hämophilie
Zu den möglichen Hämophilie-Symptomen gehören unter anderem:
- vermehrte Bildung von blauen Flecken (Hämatomen)
- verstärktes Nasenbluten
- Zahnfleischbluten beim Zähneputzen
- Blutungen beim Zahnwechsel bei Kindern
- schmerzhafte Einblutungen in die Gelenke
- Gelenkschwellungen und Schmerzen in den Gelenken
- Einblutungen in Muskeln oder Fettgewebe
- möglicherweise blutiger Urin
- selten innere Blutungen, etwa im Magen
- möglicherweise Gehirnblutungen nach Stürzen auf den Kopf
Hämophilie behandeln: Therapie der Bluterkrankheit
Das Ziel der Hämophilie-Behandlung ist, dem Körper der Betroffenen den fehlenden Gerinnungsfaktor zuzuführen. Dies geschieht in der Regel intravenös über Spritzen. Mediziner unterscheiden dabei die on-demand Behandlung (bedarfsorientierte Therapie) von der Prophylaxe (Dauerbehandlung/ vorbeugende Therapie). Die „on-demand Behandlung“ wird bei Bedarf eingesetzt, etwa vor Operationen, vor einer Zahnbehandlung oder bei einer starken Blutung. Dieser Behandlungsansatz findet vor allem bei der leichten bis mittelschweren Hämophilie Anwendung.
Betroffene mit schwereren Verlaufsformen benötigen eine Dauerbehandlung. Sie müssen ihrem Körper regelmäßig den Gerinnungsfaktor zuführen, also entweder Faktor VIII oder Faktor IX. Es gibt Präparate, die aus Blutplasma gewonnen werden sowie gentechnisch hergestellte (rekombinante) Faktorenkonzentrate. Durch die regelmäßige Zuführung des Gerinnungsfaktors wird aus einem Patienten mit schwerer Hämophilie ein Patient mit mittelschwerer Hämophilie. Das heißt, dass auftretende Blutungen besser behandelt werden können.
Quellen:
Was ist Hämophilie? Online-Information der Deutschen Hämophiliegesellschaft zur Bekämpfung von Blutungskrankheiten e. V.
Therapieprinzipien – Hämophilie. Online-Information der Deutschen Hämophiliegesellschaft zur Bekämpfung von Blutungskrankheiten e. V.
Hämophilie. Online-Information von GESUNDheit.GV.AT – Öffentliches Gesundheitsportal Österreichs, einem Angebot des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz.
Die Bluterkrankheit ist beherrschbar geworden. Pressemeldung des Universitätsklinikums Freiburg.
Hämophilie. Online-Information von gesund.bund.de, einem Angebot des Bundesministeriums für Gesundheit.
Hämophilie (Bluterkrankheit). Online-Information von gesundheitsinformation.de, einem Angebot des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).