Nierenwerte: Wann der Arzt aufmerksam wird
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Nierenwerte: Wann der Arzt aufmerksam wird

Wichtige Informationen zur Nierenfunktion lassen sich nicht nur über eine Urinuntersuchung erhalten. Auch das Blut verrät viel über das Filterorgan, da die Nieren das Blut reinigen. Ist ihre Filterfunktion gestört, lässt sich das im Blut ablesen. Welche Nierenwerte gemessen werden und was sie verraten.

Was sind die Nieren?

Jeder Mensch hat normalerweise zwei Nieren. Von der Form erinnern sie an zwei faustgroße rote Bohnen. Die Nieren liegen rechts und links neben der Wirbelsäule am unteren Ende das Brustkorbs. Jede Niere wiegt bis zu 150 Gramm. Die äußere Schicht ist die Nierenrinde. Hier befinden sich fast 2,5 Millionen Nierenkörperchen. In den Nierenkörperchen entsteht der Urin. Im Inneren der Nieren befindet sich das Nierenmark. Über die dort befindlichen Nierenkanälchen gelangt der Urin über das Nierenbecken in den Harnleiter und weiter zur Harnblase, wo er schließlich ausgeschieden wird.

Welche Funktion haben die Nieren?

Die Nieren erfüllen verschiedene Aufgaben. Unter anderem sind die Nieren ein bedeutendes Blutfilterorgan und werden daher auch als „Klärwerke des Körpers“ bezeichnet. Sie bilden den Urin und spülen mit ihm Abfallstoffe des Körpers aus, ebenso Medikamente, Gifte und Harnstoff, der beim Abbau von Eiweißen entsteht. Auch für den Flüssigkeitshaushalt sind die Nieren unverzichtbar. Sie können entweder Wasser zurückhalten oder mit dem Urin ausscheiden. Geben die Nieren mehr Wasser ab, sinkt der Blutdruck. Behalten die Nieren Wasser zurück, steigt der Blutdruck.

Sogar für die Blutbildung sind die Nieren bedeutsam: Sie produzieren das Hormon Erythropoetin, das die Bildung roter Blutkörperchen (Erythrozyten) fördert. Das Hormon Calcitriol wird ebenfalls von den Nieren gebildet. Es ist die aktive Form von Vitamin D und reguliert zum Beispiel die Kalziummenge im Körper.

Welche Nierenwerte sind für den Arzt interessant?

Es gibt verschiedene Parameter und Marker, die Hinweise über den Zustand der Nieren und ihre Funktionsfähigkeit geben. Unter anderem sind das:

  • GFR
  • Albumin
  • Kreatinin
  • Harnstoff
  • Harnsäure
  • Kalium
  • Kalzium
  • Phosphat

Was verraten die Nierenwerte?

Die Nierenwerte verraten viel über die Gesundheit der Nieren. So lassen veränderte Werte Rückschlüsse auf die Nierenfunktion zu und können Nierenerkrankungen anzeigen. Bei einer bereits bestehenden Nierenerkrankung helfen die Werte bei der Verlaufskontrolle.

  • GFR: GFR ist die Abkürzung für „Glomeruläre Filtrationsrate“. Über die GFR-Werte im Blut lassen sich Rückschlüsse auf die Blutfilterfunktion der Nieren gewinnen. So liegt eine chronische Nierenschwäche vor – etwa verursacht durch einen schlecht behandelten Diabetes mellitus oder Bluthochdruck – wenn der GFR-Wert unter 60 Milliliter pro Minute liegt. Wichtig zu wissen: Mit dem Alter nimmt die Nierenfunktion automatisch ab. Niedrige GFR-Werte von unter 60 sind bei vielen älteren Menschen normal und nicht behandlungsbedürftig.
  • Albumin: Albumin ist ein Protein und wird über die Urinuntersuchung erfasst. Albumin im Urin deutet auf eine Nierenschädigung hin, verursacht etwa durch einen Diabetes mellitus.
  • Kreatinin: Kreatinin ist ebenfalls ein wichtiger Parameter für die Nierenfunktion. Er wird im Blut untersucht. Bei Kreatinin handelt es sich um ein Stoffwechselprodukt des Kreatins. Kreatin wird in Leber und Nieren produziert und dann in Herz- und Skelettmuskeln transportiert. Vom gesamten Kreatin im Muskel werden täglich ein bis zwei Prozent als Kreatinin über die Nieren mit dem Urin ausgeschieden. Bei einer Funktionsstörung der Nieren ist dieser Wert verändert. Ein erhöhter Kreatinin-Spiegel gibt Hinweise auf eine Nierenerkrankung, aber auch auf Muskelverletzungen oder eine zu geringe Flüssigkeitszufuhr. Bei einem Kreatinin-Clearance wird der Wert aus dem Kreatinin im Blutserum, im Urin und der Urinmenge, die innerhalb von 24 Stunden ausgeschieden wird, errechnet.
  • Harnstoff: Harnstoff dient zur Diagnose und Verlaufskontrolle eines Nierenversagens (Niereninsuffizienz). Es ist das Hauptabbauprodukt von Eiweißen, das zum großen Teil über die Nieren ausgeschieden wird. Wichtig: Der Harnstoffgehalt im Blut nimmt erst dann zu, wenn die Filterfunktion der Nieren bereits stark eingeschränkt ist. Die Harnstoffermittlung dient daher in erster Linie zur Verlaufskontrolle von chronischen Nierenerkrankungen oder eines Nierenversagens. Zudem lässt sich über den Harnstoff feststellen, wie viel Eiweiß ein Mensch isst. Patienten mit Nierenerkrankungen sollten wenig Eiweiß essen.
  • Harnsäure: Sind die Harnsäurewerte im Blutserum erhöht, kann das auf eine Nierenfunktionsstörung hindeuten. Dann nämlich ist die Ausscheidung über die Nieren vermindert. Harnsäure entsteht als Endprodukt des Purinstoffwechsels.Purine sind Bausteine der Nukleinsäuren, aus denen die Erbinformation in den Körperzellen besteht. Ein vermehrter Fleischverzehr erhöht den Harnsäuregehalt im Blut.
  • Kalium: Die Nieren regeln den Wasser- und Elektrolythaushalt. Steigt der Kaliumgehalt im Blut, kann das ein Hinweis auf eine schwache Nierenfunktion sein.
  • Kalzium: Bei chronischer Niereninsuffizienz sind mehrere ­Mechanismen der Kalziumspiegel-Regulation gestört. Auffällige Kalziumwerte können daher auf eine Nierenfunktionsstörung hindeuten. Auch veränderte Natrium- oder Chloridwerte können mit den Nieren in Zusammenhang stehen.
  • Phosphat: Überschüssiges Phosphat wird normalerweise über die Nieren ausgeschieden. Bei einer Niereninsuffizienz funktioniert das nur noch eingeschränkt. Ein erhöhter Phosphatwert im Blut ist ein Anzeichen dafür, dass die Funktion der Nieren nachgelassen hat.
Welcher Arzt bei Nierenkrankheiten?

Für die Nieren sind Nephrologen und Nephrologinnen zuständig. Die Nierenfachärzte sind unter anderem für die Diagnose von Nierenerkrankungen zuständig. Ebenso führen sie krankheitsbegleitende Untersuchungen sowie Verlaufskontrollen durch. Experten empfehlen beispielsweise ab einer GFR von 45 Millilitern pro Minute, neben dem Hausarzt auch regelmäßig einen Nephrologen aufzusuchen.

Was sind Normalwerte der Nieren?

  • GFR: Bei jungen nierengesunden Menschen 90–130 ml/min. Ab 60 ml/min spricht man von einer chronischen Nierenschwäche, unterhalb von etwa 10 bis 15 ml/min wird meist in absehbarer Zeit eine Dialyse (Blutwäsche) nötig.
  •  Albumin im Urin: Idealerweise weniger als 30 mg/24 Stunden
  • Kreatinin: Je nach Messverfahren und Alter bei Frauen 0,4–1,12 mg/dl (35–99 Mikromol/Liter), bei Männern 0,57–1,3 mg/dl (50–115 Mikromol/Liter)
  • Harnstoff: 17–43 mg/dl (2,8–7,2 mmol/Liter)
  • Harnsäure: Frauen 2,3–6,1 mg/dl (137–363 Mikromol/Liter Blutserum), Männer 3,6–8,2 mg/dl (214–488 Mikromol/Liter)
  • Kalium: 3,7–5,1 mmol/Liter
  • Kalzium: 8,6–10,3 mg/dl (2,15–2,58 mmol/Liter)
  • Phosphat: 2,6–4,5 mg/dl (0,84–1,45 mmol/Liter)
Die Clearance gibt an, wie schnell die Nieren bestimmte Substanzen aus dem Blut filtern. Die Clearance gibt dem Arzt somit Aufschluss über die Nierenfunktion. Zur Berechnung nutzt der Arzt das Kreatinin, das Abbauprodukt von Kreatin.
Die Nierenwerte werden oftmals im Rahmen von Kontrolluntersuchungen ermittelt oder um bei Verdacht auf eine Nierenerkrankung Hinweise zur Nierenfunktion zu bekommen. Auch zur Verlaufskontrolle einer kranken Niere ist die Ermittlung von Nierenwerten wichtig.
Die erste Anlaufstelle ist oft der Hausarzt oder die Hausärztin. Dieser oder diese überweist bei Bedarf an einen Urologen oder eine Urologin. Wichtig zu wissen: Der Urologe ist kein reiner „Männerarzt“, sondern für Erkrankungen von harnbildenden und harnableitenden Organen bei beiden Geschlechtern zuständig. Ebenfalls zuständig für die Nieren sind Nephrologen.

Quellen:

Wie funktionieren die Nieren? Online-Information von gesundheitsinformation.de, einem Angebot des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).

Was bedeutet eigentlich kleines und großes Blutbild? Online-Information des Klinikums Darmstadt.

Nierenwerte: Maß für die Nierenfunktion. Online-Information von Apotheken Umschau.

Niereninsuffizienz: Folgen für die Medikation. Online-Information der Pharmazeutischen Zeitung (PZ).

Nierenfunktion. Online-Information von NetDoktor.

Gutes und böses Phosphat. Online-Information der Selbsthilfe Niere Mittelhessen e. V.

Niereninsuffizienz: Wenn die Entgiftung versagt. Online-Information der Vereine für unabhängige Gesundheitsberatung (UGB).

Nieren: Diagnose und Therapie von renalen Krankheiten. Online-Information von Urologielehrbuch.de.

Nieren- und Harnwegsentzündungen. Online-Information der Deutschen Gesellschaft für Urologie e. V. (DGU).

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
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