Welche Vorteile bietet die Einstufung "schwerbehindert"?
Finanzielle Vorteile für Schwerbehinderte
Menschen mit einer Schwerbehinderung haben Anspruch auf ein persönliches Budget. Hörbehinderte bekommen bei Behördenbesuchen beispielsweise die Kosten für einen Gebärdendolmetscher ersetzt. Bei Fahrten zu Therapiemaßnahmen ist eine Kostenübernahme für den Transport durch Familienangehörige möglich. Die Beantragung der finanziellen Unterstützung ist bei den folgenden Leistungsträgern möglich:
- Kranken- und Pflegekasse
- Unfall- und Rentenversicherung
- Integrationsamt
- Sozialhilfe- und Jugendhilfeträger
- Träger der Kriegsopferversorgung
- Träger der Alterssicherung für Landwirte
Die oben genannten Leistungsträger beraten Schwerbehinderte und teilen ihnen mit, welche Hilfen für sie in Betracht kommen. Sollten für einen Schwerbehinderten mehrere Leistungsträger in Betracht kommen, ist einer der Leistungsträger die Hauptkontaktperson. Diese organisiert die Stellungnahmen der übrigen Beteiligten. Antragsteller erhalten oftmals ein monatliches Budget, das ihre Aufwendungen pauschal abdeckt.
Blindengeld und Blindenbeihilfe
Schwerbehinderte, die blind sind, erhalten Blindengeld. Dieses zahlt der Staat unabhängig vom Einkommen des Antragstellers. Die Höhe des Blindengeldes variiert je nach Bundesland. Der Antrag ist an das Sozialamt oder das zuständige Versorgungsamt zu stellen. Die erstmalige Auszahlung erfolgt nach der Antragstellung, Nachzahlungen sind nicht möglich.
Eingeschränkte Mobilität
Schwerbehinderte haben einen Anspruch auf gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Dies erfordert eine hohe Mobilität. Schwerbehinderte mit einer eingeschränkten Mobilität haben einen orangefarbenen Aufdruck auf dem Schwerbehindertenausweis oder das Merkzeichen H, Bl, aG oder G. Sie erhalten eine Wertmarke und dürfen das Nahverkehrsangebot in ganz Deutschland kostenlos nutzen.
Dazu zählen Straßenbahnen, Busse sowie U- und S-Bahnen. Die dazu erforderliche Wertmarke ist ein Jahr gültig. Schwerbehinderte erhalten sie kostenlos. Behinderte mit einem niedrigeren Grad als „schwerbehindert“ zahlen 72 Euro pro Jahr. Die Deutsche Bahn bietet Personen mit einer Schwerbehinderung verschiedene Vergünstigungen und Serviceleistungen an. Sie dürfen kostenlos Sitzplätze reservieren und profitieren von rollstuhlgeeigneten Flächen. Außerdem gibt es eigene Abteile für Schwerbehinderte.
Niedrige Kfz-Steuern
Schwerbehinderte Personen profitieren von einer niedrigen Kfz-Steuer. Schwerbehinderte mit den Merkzeichen aG, H und Bl sowie G und Gl erhalten Steuervergünstigungen. Sie gelten nur für Fahrzeuge, die auf den behinderten Menschen selbst zugelassen sind. Dann ist die Nutzung des Fahrzeuges durch andere Personen ausgeschlossen.
Kostenlose Flüge
Begleitpersonen von Schwerbehinderten mit dem Merkzeichen B fliegen im innerdeutschen Luftverkehr kostenlos. Die Vergünstigungen werden nur von deutschen Fluggesellschaften angeboten und sind an teure Standardtarife gekoppelt. Ob sich das Angebot lohnt, hängt vom Einzelfall ab.
Europaweit einheitliche Bestimmungen
Schwerbehinderte profitieren von der einheitlichen Gesetzgebung innerhalb der Europäischen Union. Ab einem Schwerbehindertengrad von 50 sind kostenlose Sitzplatzreservierungen bei der Deutschen Bahn möglich. Bei der Platzvergabe sind behindertenspezifische Anforderungen zu berücksichtigen. Die Beförderung an Bahnsteigen und Flughäfen mit eigenen Hilfsmitteln wie Rollstühlen oder Blindenhunden ist kostenlos möglich.
Parkmöglichkeiten für Schwerbehinderte
Schwerbehinderte haben die Möglichkeit, Behindertenparkplätze zu nutzen. Dafür benötigen sie einen kostenlosen Parkausweis, der von der EU ausgestellt wird. Der Parkausweis ist in allen Staaten der Europäischen Union und weiteren Staaten gültig. Dazu gehören die Türkei und die Schweiz, Weißrussland, die Ukraine, Russland, Norwegen, Moldawien, Mazedonien, Liechtenstein, Island, Georgien, Albanien, Aserbaidschan und Bosnien-Herzegowina. Der blaue EU-Parkausweis ermöglicht:
- Das Parken auf Behindertenparkplätzen.
- Das Parken im eingeschränkten Halteverbot für eine Dauer von bis zu drei Stunden.
- Das Parken im Zonenhalteverbot über die zulässige Parkdauer.
- Parken in Fußgängerbereichen, in denen das Ent- und Beladen für bestimmte Zeiten erlaubt ist, während der Ladezeiten.
- Das Parken auf Anwohnerparkplätzen für bis zu drei Stunden.
- Parken bei Parkuhren und öffentlichen Parkscheinautomaten ohne zeitliche Begrenzung und Gebühr.
- Das Parken im absoluten Halteverbot für bis zu drei Stunden.
Schwerbehinderte, die in Gegenden ohne ausreichendem Parkraum wohnen, können bei der Straßenverkehrsbehörde einen individuellen Behindertenparkplatz beantragen. Darauf haben sie aber keinen Rechtsanspruch.
Beitragsermäßigungen und – befreiungen
Schwerbehinderte haben oftmals Zusatzkosten zu tragen. Deshalb gewährt ihnen der Staat umfangreiche Beitragsbefreiungen oder zumindest dahingehende Ermäßigungen. Gebühren, die nicht im Zusammenhang mit der Schwerbehinderung stehen, sind vollständig zu begleichen.
Gebühren für Sonderabnahmen beim TÜV oder bei der Beantragung eines Führerscheins sind hingegen kostenfrei oder ermäßigt. Einige Automobilclubs wie der ADAC bieten Personen mit einer Schwerbehinderung eine 50-prozentige Beitragsermäßigung. Taubblinde Menschen und Empfänger von Blindenhilfe haben die Möglichkeit, sich von der Beitragspflicht befreien zu lassen. Bei der Deutschen Telekom AG profitieren Schwerbehinderte mit einem Grad ab 90 von einem Sozialtarif.
Steuervorteile für Schwerbehinderte
Schwerbehinderte profitieren von einer ganzen Reihe steuerlicher Vergünstigungen. Diese erhalten sie in Form von Frei- und Pauschbeträgen. Die Pauschbeträge steigen mit dem Grad der Behinderung. Sie beginnen bei 310 Euro und enden bei 3.700 Euro pro Jahr. Anstelle der Pauschbeträge ist die Geltendmachung der tatsächlichen Aufwendungen möglich. Der Pauschbetrag ist bei der Einkommenssteuererklärung in die ELStAM (elektronische Lohnsteuerabzugsmerkmale) einzutragen.
Berufliche Vorteile für Schwebehinderte
Schwerbehinderte haben die Möglichkeit, sich von den Integrationsämtern beraten zu lassen. Diese klären über die Gestaltung von Arbeitsplätzen auf und beraten bei Schwierigkeiten am Arbeitsplatz. Schwerbehinderte müssen sich im Vorstellungsgespräch die Frage gefallen lassen, ob sie schwerbehindert sind.
Wer bei dieser Frage lügt, muss mit einer Anfechtung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber wegen Arglist rechnen. Schwerbehinderte, die sich in einem Anstellungsverhältnis befinden, unterliegen einem besonderen Kündigungsschutz. Das Integrationsamt muss einer Kündigung zustimmen. Schwerbehinderte müssen sich innerhalb von drei Wochen nach der Kündigung durch ihren Arbeitgeber auf ihre Schwerbehinderteneigenschaft berufen.
Schwerbehinderte haben einen Zusatzurlaub von einer Arbeitswoche pro Jahr. Außerdem dürfen sie sich von Mehrarbeit freistellen lassen. Sie müssen also nicht länger als acht Stunden am Tag arbeiten.
Früherer Rentenbezug
Schwerbehinderte Personen dürfen ihre Altersrente früher beziehen. Dafür müssen sie jedoch die versicherungsrechtliche Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben. Ab wann sie ihre Altersrente beziehen dürfen, hängt von ihrem Geburtsjahr ab. Dies geht auf die schrittweise Erhöhung der Regelaltersgrenze zusammen. Schwerbehinderte, die früher in die Altersrente gehen, müssen mit empfindlichen Abschlägen rechnen.
Leistungen der Pflegeversicherung
Die Pflegeversicherung gewährt schwerbehinderten Versicherungsnehmern Leistungen, wenn sie in den Bereichen Ernährung, Mobilität oder Körperpflege länger als sechs Monate auf fremde Hilfe angewiesen sind. Dafür ist ein Antrag notwendig. Ob die Voraussetzungen vorliegen, entscheidet der Medizinische Dienst der Krankenkassen. Schwerbehinderte sollten sich bei ihrer Pflegeversicherung erkundigen, welche Leistungen ihnen noch zustehen.