Gesetzliche Unfallversicherung: Was steckt dahinter?
Die Geschichte der gesetzlichen Unfallversicherung
Die gesetzliche Unfallversicherung (GUV) prägte der damalige Reichskanzler Otto von Bismarck maßgeblich mit. Die offizielle Einführung erfolgte im Jahr 1884 mit dem Unfallversicherungsgesetz, das das Proletariat absichern sollte. Der Versicherungsschutz wurde schrittweise auf weitere Wirtschaftszweige ausgedehnt. Seit dem Jahr 1942 sind sämtliche Beschäftigte aus dem Gewerbe durch die GUV geschützt. Der Kreis der Versicherungsnehmer dehnte sich fortlaufend aus und umfasste schließlich Personengruppen wie Studenten, Schüler, Feuerwehrleute, Pflegepersonal und viele andere. Viele Personengruppen verbindet ihre Stellung als Beschäftigte des öffentlichen Dienstes. Der Versicherungsfall tritt bei Betriebsunfällen, Berufskrankheiten, Unfällen mit Arbeitsgeräten sowie bei Wegeunfällen ein. Der Gesetzgeber weitete den Versicherungsschutz für Wegeunfälle mehrfach aus. Dieser gilt nun auch für Familienheimfahrten und Fahrten im Zusammenhang mit der Betreuung von Kindern. Außerdem sind Umwege inbegriffen, die aufgrund von Fahrgemeinschaften entstehen.
Die Hauptaufgaben der gesetzlichen Unfallversicherung
Die gesetzliche Unfallversicherung hat drei primäre Hauptaufgaben:
- die Entschädigung von Versicherten und Hinterbliebenen.
- die Verhütung von Berufskrankheiten und Arbeitsunfällen.
- die Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit und Gesundheit versicherter Personen.
Versicherter Personenkreis
Die gesetzliche Unfallversicherung schützt eine Vielzahl von Personengruppen. Dazu gehören vor allem Auszubildende und Arbeitnehmer. Außerdem schützt sie:
- Personen, die bei Verkehrsunfällen helfen.
- Studenten beim Aufenthalt an der Hochschule und Schüler beim Schulbesuch.
- Kinder beim Besuch einer Kita.
- Personen, die nahe Angehörige im Eigenheim pflegen.
- Personen bei Ausübung eines Ehrenamtes.
Die gesetzliche Unfallversicherung ist nicht für Unternehmer gedacht. Diese haben aber die Möglichkeit, sich dort auf freiwilliger Basis zu versichern. In manchen Branchen schreibt das Gesetz eine solche Absicherung ohnehin vor. Eingetragene Lebenspartner und mitarbeitende Ehepartner werden von der Unfallversicherung automatisch einbezogen.
Unfallversicherungsträger
Die gesetzliche Unfallversicherung organisiert sich durch Träger. Die Unfallversicherungsträger sind:
- Gemeindeversicherungsverbände
- Landesunfallkassen
- Unfallkassen der öffentlichen Hand
- landwirtschaftliche Berufsgenossenschaften
- gewerbliche Berufsgenossenschaften
Der Arbeitgeber informiert seine Arbeitnehmer darüber, welcher Unfallversicherungsträger für sie verantwortlich ist. Sollte tatsächlich der Versicherungsfall eintreten, informiert der Arbeitgeber den Unfallversicherungsträger. Bei Kindern, Schülern und Studenten übernehmen die Kindergärten, Schulen und Universitäten die Meldung.
Grundcharakter der gesetzlichen Unfallversicherung
Die gesetzliche Unfallversicherung ist eine Pflichtversicherung. Die Finanzierung erfolgt über Beiträge, die der Arbeitgeber alleine zu tragen hat. Der Arbeitnehmer ist nicht an der Finanzierung beteiligt wie es beispielsweise bei der Arbeitslosen- und Krankenversicherung der Fall ist. Die gesetzliche Unfallversicherung schützt Arbeitgeber und Arbeitnehmer zugleich. Denn der Arbeitgeber hat im Versicherungsfall gegenüber seinem Arbeitnehmer nicht zu haften. Die Haftung geht auf die gesetzliche Unfallversicherung über und trägt zur finanziellen Absicherung der Arbeitnehmer bei. Die gesetzliche Unfallversicherung unterliegt im Gegensatz zu Arbeitgebern keinem Insolvenzrisiko. Die Beitragshöhe, die der Arbeitgeber abzuführen hat, hängt vom Einkommen des Arbeitnehmers ab. Außerdem ist der Grad der Unfallgefahr einzubeziehen. Bei gefährlichen Berufen fordern die gesetzlichen Unfallversicherungen höheren Beitragssätze ein. Die Beiträge für öffentliche Unfallversicherungen finanzieren sich aus Steuern.
Der Versicherungsfall
Der Eintritt des Versicherungsfalls erfordert einen Arbeitsunfall oder das Auftreten einer Berufskrankheit. Es muss ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen dem Unfall und der versicherten Tätigkeit bestehen. Dies ist bei beruflich veranlassten Fahrten der Fall. Eine Berufskrankheit liegt vor, wenn sie durch besondere Einwirkungen am Arbeitsplatz verursacht wurde. Der Versicherungsnehmer hat diesen Zusammenhang nachzuweisen. Ausführungen zu Berufskrankheiten finden sich in der Berufskrankheitenverordnung. Dort befindet sich eine Liste mit Krankheiten, die auf besondere Einwirkungen zurückzuführen sind. Die Anerkennung einer Krankheit als Berufskrankheit außerhalb der Liste ist in Einzelfällen möglich. Dann ist der entsprechende Beweis auf anderem Wege zu führen.
Die Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung
Die gesetzliche Unfallversicherung setzt verschiedene Maßnahmen zur Prävention von Krankheiten um. Außerdem bietet sie im Versicherungsfall verschiedene Leistungen an. Versicherte haben einen Anspruch auf:
- Leistungen bei Pflegebedürftigkeit
- Leistungen zur Teilhabe am Gemeinschaftsleben
- Leistungen zur Wiedereingliederung ins Arbeitsleben
- Rehabilitationsleistungen
- Heilbehandlung
Die gesetzliche Unfallversicherung bietet ihren Versicherungsnehmern während ihrer Arbeitsunfähigkeit finanzielle Leistungen an. Sie zahlt Übergangsgeld oder Verletztengeld. In der Versicherungspolice sind auch Hinterbliebenenleistungen und eine Versichertenrente vorgesehen.
Besonderheiten der GUV
Die gesetzliche Unfallversicherung bietet ihren Versicherten eine umfassende soziale Absicherung. Sie dient auch zur Entlastung von Unternehmern und Personen, die für Berufskrankheiten und Arbeitsunfälle verantwortlich sind. Die Verpflichtung der GUV zum Schadensausgleich lässt die Haftung dieser Personen entfallen. Zivilrechtliche Schadenersatzsprüche der Geschädigten gegen Unternehmer oder andere Verantwortliche sind weitestgehend ausgeschlossen. Die Beiträge zur GUV entrichten die Unternehmer vollständig. Denn die GUV dient zur Entlastung ihres Haftungsrisikos. Der Umfang der Versicherungsleistungen orientiert sich vorrangig am Schadenersatz und erst nachrangig an sozialrechtlichen Gesichtspunkten. Die GUV erbringt ihre Leistungen unabhängig vom Verschulden des Unternehmers, des Geschädigten oder verantwortlicher Personen.
Versicherungsschutz auch ohne Anmeldung
Abhängig Beschäftigte sind automatisch in der GUV versichert. Es ist ohne Belang, ob ihr Arbeitgeber Beiträge entrichtet und sie beim zuständigen Unfallversicherungsträger angemeldet hat. Es kommt alleine darauf an, ob die ausgeübte Tätigkeit versicherungspflichtig ist. Dies führt dazu, dass sämtliche Personen, die einer Versicherungspflicht in der GUV unterliegen, von einem wirksamen und zuverlässigen Schutz profitieren. Die GUV gewährt ihre Leistungen „von Amts wegen“, d.h. ohne Antrag der Geschädigten.
Präventionsaufgaben der GUV
Die gesetzliche Unfallversicherung setzt umfassende Präventionsleistungen um. Sie befreit Unternehmer von ihrer Haftung im Versicherungsfall, nicht aber von ihrer Verantwortung gegenüber ihren Arbeitnehmern. Arbeitgeber haben die Aufgabe, den Arbeitsplatz und die Arbeitsumgebung ihrer Arbeitnehmer sicher zu gestalten. Die GUV sorgt dafür, dass Unternehmer eine wirksame Prävention betreiben. Sie unterstützt Betriebsärzte, Sicherheitsbeauftragte, Betriebsräte und andere Verantwortliche bei der Durchführung von Präventionsmaßnahmen. Sie bietet Beratungen und Schulungen an. Außerdem überwacht sie die tatsächliche Durchführung von Präventionsmaßnahmen. Sie erlässt verbindliche Unfallverhütungsvorschriften und handelt nach den folgenden beiden Grundsätzen:
- „Prävention vor Entschädigung“.
- „Rehabilitation vor Rente“.
Die Verwirklichung dieser Aufgaben erfolgt über die Ausgestaltung der gesetzlichen Unfallversicherungen als Körperschaften des öffentlichen Rechts. Sie sind in Bund, Ländern und Gemeinden selbstverwaltend tätig und knüpfen an die Berufsgenossenschaften an, die branchenspezifisch gestaltet sind.