Kettenauffahrunfall: Trägt der Auffahrende immer Schuld?
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Kettenauffahrunfall: Trägt der Auffahrende immer Schuld?

Wer auffährt, trägt die Schuld? Ja, meist – aber eben doch nicht immer. Denn selbst wenn es zunächst den sicheren Anschein haben mag, können die Fakten später doch dagegen sprechen. Jeder Kettenauffahrunfall bedarf im Streitfall daher einer gründlichen Untersuchung.

Kettenauffahrunfall: Wie passiert das?

Fahrzeuglenker sind verpflichtet, ausreichend Abstand zu anderen halten, um rechtzeitig bremsen zu können. Fährt jemand auf, scheint seine Schuld fest zu stehen. Tatsächlich gibt es jedoch Situationen, in denen sich die Lage letztlich anders darstellt – und der Vorausfahrende zumindest Mitschuld trägt. Ein Kettenauffahrunfall bedeutet also nicht zwangsläufig, dass der oder die Auffahrende die Schuld trägt. Bei einem Kettenunfall kommt es also auf die individuelle Situation an. 

Schuldfrage bei einem Kettenauffahrunfall offen

Kommt es zu einem Kettenunfall mit mehreren Fahrzeugen, steht die Schuld des Letzten immer dann so gut wie fest, wenn das vorausfahrende Fahrzeug noch rechtzeitig zum Stehen gekommen ist. In diesem Fall ist durch reinen Hergang des Unfalls bewiesen, dass ein Halt möglich war. Die entstehenden Frontschäden und Heckschäden der gehen dann eigenverantwortlich auf das Konto der Letzten. 

Bleibt jedoch unklar, ob der Vorausfahrende selbst aufgefahren ist oder geschoben wurde, ergeben sich auch Zweifel an der Schuld des zuletzt Beteiligten. Kam das vorausfahrende Fahrzeug nämlich durch den plötzlichen Aufprall zum Stillstand, könnte auch der Letzte chancenlos geblieben sein.

Kettenauffahrunfall: Geteilte Schuld

Ganz in diesem Sinne urteilte auch das Oberlandesgericht (OLG) Hamm (6 U 101/13) bei einem Unfall mit vier Fahrzeugen. Dabei prallte die spätere Beklagte mit ihrem Auto als Letzte auf den vorausfahrenden Wagen eines Mannes, der nun den Sachschaden einklagte. Er berief sich dabei auf den Anscheinsbeweis, der die Unaufmerksamkeit der Beklagten belegen sollte.

Der Richter des OLG folgte dem jedoch nicht und führte seinerseits aus, dass keineswegs zweifelsfrei zu ermittelt sei, ob der Kläger selbst mit seinem Wagen rechtzeitig zum Stehen gekommen war. Der Anscheinsbeweis greife daher nicht, es müsse vielmehr die Betriebsgefahr der beteiligten Fahrzeuge gewertet werden. Kläger und Beklagte müssen sich die Kosten damit teilen.

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