Bagatellschäden: Ist es schon bei einem kleinen Kratzer Unfallflucht?
Bagatellschäden: Wann liegt Unfallflucht vor?
Der § 142 Strafgesetzbuch definiert, was eine Unfallflucht ist. Danach liegt eine Unfallflucht vor, wenn sich ein Unfallbeteiligter nach einem Unfall im Straßenverkehr vom Unfallort entfernt, ohne dass er zuvor die Feststellung seiner Identität ermöglicht. Das Strafgesetzbuch sieht es also auch bei Bagatellschäden als Unfallflucht an, wenn sich ein Unfallbeteiligter ohne Identitätsfeststellung vom Unfallort entfernt.
Ein Bagatellschaden liegt zumeist vor, wenn jemand ein Automobil rempelt, also einen Kratzer oder eine kleine Delle verursacht. Ist die Gesundheit einer Person geschädigt, liegt kein Bagatellschaden vor. Die Unfallbeteiligten rufen bei Bagatellschäden oft nicht die Polizei. Sie tauschen lediglich die Versicherungsdaten aus und regeln den Rest unter sich. Beamte müssen Sie nur verständigen, wenn ein Personen- oder ein erheblicher Sachschaden vorliegt.
Sie überschreiten die Bagatellgrenze, wenn der Schaden höher als 700 Euro ist. Können Sie den Schaden nicht genau einschätzen, sollten Sie im Zweifelsfall die Polizei rufen. Dies gibt Ihnen schon am Telefon eine erste Einschätzung und weitere Anweisungen. Achtung: Handelt es sich um einen geringen Schaden und bestehen Sie am Unfallort auf eine Aufnahme des Unfalls durch die Polizei, ist das eine kostenpflichtige „technische Hilfeleistung“.
Welche Strafe droht bei einer Unfallflucht?
Bei einer Unfallflucht droht Ihnen eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren. Eine Freiheitsstrafe kommt bei einer Unfallflucht im Rahmen eines Bagatellschadens nicht in Betracht. Zumeist spricht das Gericht eine geringe Geldstrafe von wenigen Euro aus. Wie hoch die Geldstrafe ist, bemisst sich nach den Umständen im Einzelfall. Bei einem Bagatellschaden ist die Geldstrafe sehr gering. Mit steigender Schadenshöhe steigt die Geldstrafe jedoch schnell an.
Viel wichtiger: Verkehrsrechtlich drohen Ihnen bei einer Unfallflucht im Rahmen eines Bagatellschadens drei Punkte im Fahreignungsregister in Flensburg. Den Entzug Ihrer Fahrerlaubnis müssen Sie bei einer Unfallflucht bei Bagatellschäden nicht befürchten. Zeigen Sie sich uneinsichtig oder stellt die Polizei fest, dass Sie vorsätzlich und in besonders verwerflicher Art Fahrerflucht begingen, darf die Behörde ein Fahrverbot von knapp drei Monaten verhängen.
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Verjährt eine Unfallflucht?
Das deutsche Gesetz unterscheidet zwischen Verbrechen und Vergehen. Verbrechen, beispielsweise Mord, bringt die Staatsanwaltschaft automatisch zur Anzeige. Vergehen, wie eine Unfallflucht, werden oft nur auf Antrag verfolgt. Nach Ablauf von fünf Jahren ist die Unfallflucht verjährt – die Staatsanwaltschaft und die Behörden dürfen Sie also nicht mehr belangen.
Wie gehen Sie bei einem Bagatellschaden vor?
Liegt ein Bagatellschaden vor, sollten Sie bis zu 15 Minuten am Unfallort warten und schauen, ob der Fahrer des Automobils zurückkehrt. Sind Sie in Eile, dürfen Sie auch einen Zettel mit Ihren Personalien am Scheibenwischer zurücklassen. Alternativ können Sie bei der Polizei anrufen: Hier geben Sie die Nummernschilder der beiden Unfallwagen an und teilen der Polizei Ihre Personalien mit. Erklären Sie den Beamten, dass am Unfallort niemand anzutreffen war und Sie der Polizei nur sicherheitshalber Ihre Personalien übermitteln möchten. Auf diese Weise begehen Sie keine Unfallflucht, da Sie ja Ihre Identität bei der Polizei hinterlegten und die Gegenseite nicht anzutreffen war.
Wie viel kostet ein Rechtsanwalt bzw. eine Rechtsanwältin?
Sie erhielten eine Strafanzeige wegen Unfallflucht? Jetzt ist schnelles Handeln gefragt. Sie können sich rein theoretisch alleine verteidigen. Allerdings: Wer schon einmal als Angeklagter und ohne Anwalt vor einem Strafgericht gestanden hat, weiß, dass Recht haben und Recht bekommen zwei unterschiedliche Paar Schuhe sind. Ein Rechtsanwalt oder eine Rechtsanwältin kennt gewisse Kniffe, um seine:ihre Mandant:innen vor einer Verurteilung oder einer Geldstrafe zu schützen. Dies gilt insbesondere im Strafrecht, wo der tatsächliche Geschehensablauf oft nicht oder nur schwer nachzuweisen ist.
Wichtig: Spricht Sie das Gericht vom Vorwurf der Unfallflucht frei, trägt die Staatskasse die gesamten Gerichts- und Anwaltskosten. Sie erhalten die vorgestreckten Anwaltsgebühren zurück. Die Kosten bei einer Verteidigung im Strafrecht hängen davon ab, wie schwer die zu erwartende Strafe und wie komplex der Sachverhalt ist. Der Rechtsanwalt oder die Rechtsanwältin kann bei der Staatsanwaltschaft oder dem Gericht die Akte anfordern und anschließend die ungefähren Kosten einer Verteidigung einschätzen. So haben Sie vor der Beauftragung einer Verteidigung die volle Übersicht über die anfallenden Kosten. Übrigens: Viele Rechtsanwält:innen bieten eine kostenlose Erstberatung an. Erhebt ein:e Rechtsanwält:in für das Erstgespräch Kosten, dürfen diese maximal 190 Euro zzgl. Mehrwertsteuer betragen.