Mitfahrgelegenheit: Wer haftet im Schadensfall?
Mitfahrgelegenheiten verzeichnen Zuwachs
Deutsche Mitfahrzentralen platzen aus allen Nähten. Sie verzeichnen seit vielen Jahren Zuwächse. Dies gilt insbesondere für längere Fahrten über deutsche Autobahnen. Die zusammengewürfelten Gruppen sind natürlich nicht vor Unfällen gefeit. Aber wer kommt für Schäden bei Mitfahrgelegenheiten auf? Und ist der Abschluss von Zusatzversicherungen sinnvoll?
Mitfahrgelegenheit: Fahrer:in verursacht einen Unfall
Fahrgemeinschaften begeben sich oftmals in das private Automobil der Fahrer:innen. Wenn sich ein Unfall mit diesem Auto ereignet, deckt die Kfz-Haftpflichtversicherung des Fahrzeughalters bzw. des Fahrers den Unfall ab. Aus rechtlicher Sicht haftet der Halter des Fahrzeuges. Halter ist derjenige, auf den das Automobil zugelassen ist. Wenn Fahrzeughalter:innen und -fahrer:innen auseinanderfallen, haften die Fahrer:innen nur bei eigenem Verschulden.
Das Gesetz schreibt eine Mindestversicherungssumme von 7,5 Millionen Euro für Personenschäden vor. Für jede:n weiteren Mitfahrer:in sind 2,5 Millionen Euro angesetzt. Mitfahrer:innen, die lange im Koma liegen oder einen behindertengerechten Umbau ihrer Immobilie benötigen, überschreiten diese Geldsumme schnell. Im Normalfall reicht die Deckungssumme von 7,5 Millionen Euro aber vollständig aus. Diese kann selbstverständlich erhöht werden.
Mitfahrgelegenheit: Unverschuldete Unfälle
Sollte der:die Fahrer:in einer Mitfahrgemeinschaft unverschuldet einen Unfall verursachen, greift die Haftpflichtversicherung. Die Mitfahrer:innen dürfen bei unverschuldeten Unfällen Schmerzensgeld fordern. Es ist egal, ob den:die Fahrzeughalter:in eine Schuld am Unfall trifft oder nicht. Er unterliegt der sogenannten Gefährdungshaftung. Diese besagt, dass Fahrer:innen durch die Nutzung eines Automobils eine Betriebsgefahr schafft. Der Gesetzgeber sieht das Autofahren an sich als riskant an und schlussfolgert daraus, dass Schmerzensgeld bei Unfällen auch bei Nichtvorhandensein einer Schuld zu zahlen ist.
Das Schmerzensgeld zahlt aber nicht der:die Fahrzeughalter:in, sondern seine:ihre Kfz-Haftpflichtversicherung. Die Deckungssumme ist hier wesentlich niedriger. Sie liegt oftmals bei maximal 600.000 Euro. Der:die Fahrer:in haftet zusammen mit dem:der Fahrer:in und Halter:in des Verursacherfahrzeuges. Dies bedeutet, dass die geschädigte Person sich aussuchen kann, von welchen der Personen sie Schadensersatz bzw. Schmerzensgeld fordert. Dadurch hat sie den Vorteil, dass sie – sollte eine der beiden Personen insolvent sein – das Geld einfach bei der anderen Person holt. Die beiden Schuldner:innen müssen sich die Kosten im Innenverhältnis teilen.
Haftungsbeschränkung für Mitfahrgelegenheit unterschreiben?
Im Internet kursieren Gerüchte über Haftungsbeschränkungen. Forennutzer empfehlen das Unterzeichnen einer Haftungsbeschränkung durch sämtliche Beifahrer:innen. Damit soll sich der:die Fahrer:in gegen eventuelle Schäden absichern. In einer solchen Haftungsbeschränkung ist geregelt, dass die Mitfahrer:innen auf eigene Gefahr einsteigen und auf den Ersatz von beschädigtem Reisegepäck verzichten. Um als Verursacher:in eines Unfalls nicht selbst zahlen zu müssen, empfiehlt sich eine solche Erklärung durchaus. Selbstverständlich sind Mitfahrer:innen nicht dazu verpflichtet, eine solche Erklärung zu unterzeichnen. Der:die Fahrer:in ist dann aber auch nicht dazu verpflichtet, den:die Mitfahrer:in in seinem:ihrem Automobil mitzunehmen. Die wohl beste Lösung liegt darin, eine Reisegepäckversicherung abzuschließen. Diese ersetzt – je nach Versicherungsvertrag – den Wert der beschädigten Gepäckstücke.
Ist eine spezielle Versicherung bei der Mitfahrgelegenheit erforderlich?
Nein – sämtliche Personenschäden sind über den Versicherungsschutz der Kfz-Haftpflichtversicherung abgedeckt. Probleme treten nur bei gewerblichen Mitfahrgelegenheiten auf. Wer mit dem Transport von Personen wirtschaftliche Vorteile erzielt, der sollte über den Abschluss einer speziellen Versicherung nachdenken. Für die Mitfahrer:innen ändert sich jedoch nichts: Sie sind weiterhin über die Kfz-Haftpflichtversicherung des Halters oder der Halterin abgesichert.
Mitfahrgelegenheit: Was ändert sich beim Transport von Kindern?
Mit Beschluss vom 5. November 2013 hat das OLG Hamm (Aktenzeichen: 5 RBs 153/13) Aussagen zum Transport von Kindern getroffen. Führer:innen von Automobilen haben dafür zu sorgen, dass die Kinder im Fahrzeug über die gesamte Fahrt vorschriftsmäßig gesichert sind – und dies auch bleiben. Dies bedeutet, dass der:die Fahrer:in permanent kontrollieren muss, ob die Kinder angeschnallt sind. Kinder sind schutzbedürftige Mitfahrer:innen, die einer besonderen Fürsorgepflicht bedürfen. Wenn der:die Fahrer:in bemerkt, dass sich ein Kind abgeschnallt hat, muss er anhalten und die Sicherung wiederherstellen. Der:die Fahrer:in ist unter Umständen sogar dazu verpflichtet, Straßen auszuwählen, auf denen er die Sicherung der mitfahrenden Kinder einfacher kontrollieren kann.
Eltern als Fahrzeugführer
Falls die Fahrer:innen die Anschnallpflicht der mitfahrenden Kinder nicht ausreichend kontrollieren, haben sie sich bei einem Unfall ein Mitverschulden zurechnen zu lassen. Wenn der:die Fahrer:in ein Elternteil des verletzten Kindes ist, sieht die Sachlage anders aus. Denn Eltern haben nur für die eigenübliche Sorgfalt einzustehen. Im Straßenverkehr ist zwar grundsätzlich ein objektiver Maßstab anzulegen, bei Fahrer:innen, die zugleich Eltern der verletzten Kinder sind, ist dies jedoch anders. Dies bedeutet, dass eine Haftung nur bei grober Fahrlässigkeit in Betracht kommt.