Harninkontinenz: Blasenschwäche in den Wechseljahren
Was ist Blasenschwäche?
Betroffene einer Harninkontinenz, umgangssprachlich als Blasenschwäche bezeichnet, verlieren unkontrolliert kleinere oder größere Mengen Harn. Die beiden häufigsten Formen der Blasenschwäche sind die Belastungsinkontinenz und die Dranginkontinenz. Möglich ist auch, dass eine Kombination beider Blasenschwäche-Arten auftritt. Bei der Dranginkontinenz ist die Blase überreizt und überaktiv. Sie signalisiert „voll“, obwohl sie noch nicht gefüllt ist. Ursache ist eine Überreaktion der Nerven in der Blase. Die Betroffenen verspüren plötzlich einen so intensiven Harndrang, dass sie es oftmals nicht mehr rechtzeitig auf die Toilette schaffen. Da die Blasenmuskulatur durch die Überreizung plötzlich lockerlässt, geht bei der Dranginkontinenz der Harn meist schwallartig ab.
Bei der Belastungsinkontinenz hingegen ist es ein verstärkter Druck auf den Bauchraum, der zum ungewollten Harnabgang führt. Dieser Druck auf den Beckenboden und die Blase entsteht beispielsweise durch Husten, Niesen, Lachen und schweres Heben. Auch bei sportlicher Belastung kann es bei einer Belastungsinkontinenz zu Harnabgang kommen. Meist sind es kleinere Mengen Urin, die ungewollt abgehen. Experten zufolge handelt es sich oftmals um wenige Tropfen bis hin zu einem Teelöffel. Frauen sind besonders häufig von Belastungsinkontinenz betroffen.
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Warum das Risiko für Blasenschwäche in den Wechseljahren steigt
Die Ursache für eine Belastungsinkontinenz ist meist ein geschwächter und/oder geschädigter Beckenboden. Besonders bei Frauen wird der Beckenboden im Laufe des Lebens stark belastet: durch Schwangerschaften und Geburten, Operationen im Beckenbereich, Übergewicht sowie Pressen beim Wasserlassen oder Stuhlgang (Verstopfung). In den Wechseljahren wird das Bindegewebe nochmals schwächer, da das bindegewebsstärkende Hormon Östrogen abnimmt. Das können sowohl die Beckenbodenmuskeln als auch die Muskulatur der Harnwege zu spüren bekommen. Auch viel Sitzen kann den Beckenboden schwächen.
Wie hängen Beckenboden und Blasenschwäche zusammen?
Der Beckenboden besteht aus Muskeln und Bändern und schließt den Bauchraum und die Beckenorgane von unten ab. Diese Muskelplatte mit ihren Bändern ist wie eine Art Stütznetz. Ist der Beckenboden geschwächt oder beschädigt, wird der Halteapparat anfälliger für Funktionsstörungen. Anatomisch bedingt ist der Beckenboden der Frau anfällig: Für den Enddarm, die Harnröhre und Scheide führen Öffnungen durch die Muskelplatte hindurch. Egal ob beim Stuhlgang, Wasserlassen, Geschlechtsverkehr oder bei der Geburt – die Beckenbodenmuskulatur ist gefordert.
Ein geschwächter Beckenboden…
- kann den Bauch- und Beckenorganen nicht mehr den nötigen Halt geben.
- kann die Schließmuskulatur von Harnröhre und After nicht mehr richtig unterstützen.
- hält dem Druck beim Husten, Niesen, Lachen und Pressen beim Stuhlgang sowie körperlicher Belastung nicht mehr stand.
Blasenschwäche in den Wechseljahren: Was Frauen hilft
Unwillkürlicher Harnabgang, Nachtröpfeln auf der Toilette, Blasenentzündungen, eine trockene Scheide: All das kann in den Wechseljahren Frauen zu schaffen machen. Doch keine Frau sollte Beschwerden im Intimbereich einfach hinnehmen und stillschweigend leiden. In den meisten Fällen kann zusammen mit einem Urologen oder einem Gynäkologen eine medizinische Behandlung gefunden werden, welche die Beschwerden lindert.
Zu den Therapien einer Blasenschwäche in den Wechseljahren, die Ärztinnen und Ärzten zur Verfügung stehen, gehören unter anderem:
- Beckenbodentraining zur Kräftigung der Beckenbodenmuskulatur und der Blasenmuskulatur.
- Toilettentraining und Harnhaltestrategien, um die Blase dahingehend zu trainieren, mehr Harn zu halten.
- Das Erlernen einer guten Haltung sowie bestimmter Hebetechniken, um die Belastung auf den Beckenboden zu reduzieren.
- Die Einnahme von Medikamenten, welche über das Nervensystem die Signale einer überreizten Blase hemmen.
- Elektrotherapie oder Akupunktur, welche der Blase helfen können, zu entspannen.
- Der weitestgehende Verzicht auf harntreibende und blasenreizende Getränke und Nahrungsmittel, etwa Kaffee, Schwarztee, Alkohol, Säfte, Spargel, Zitrusfrüchte und scharfe Gewürze.
- Entspannungsmethoden, wie Meditation oder Autogenes Training, die einen besseren Umgang mit seelischem Druck ermöglichen können.
- Botox-Behandlung zur Lockerung der Blasenmuskulatur, wenn die plötzliche Verkrampfung der Blase immer wieder zu schwallartigem Harnverlust führt.
- Östrogentherapie in Form östrogenhaltiger Salben oder Zäpfchen zum Ausgleich des körperlichen Östrogenabfalls.
Lesetipp: Blasenschwäche: Übungen, die Harninkontinenz verbessern können.
Quellen:
Interview mit Matthias Zeisberger, erster Vorsitzender der Inkontinenz Selbsthilfe e. V.
inkontinenz-selbsthilfe.com: „Inkontinenz Frau – Weibliche Harninkontinenz“. Online-Information der Inkontinenz Selbsthilfe e. V.
frauenaerzte-im-netz.de: „Harninkontinenz Therapie & Behandlungsmöglichkeiten“. Online-Information des Berufsverbands der Frauenärzte e.V. (BVF) und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG).
frauenaerzte-im-netz.de: „Wechseljahrsbeschwerden/ Klimakterische Beschwerden“. Online-Information des Berufsverbands der Frauenärzte e.V. (BVF) und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG).
profamilia.de: „Wechseljahre“. Online-Ratgeber (PDF) von pro familia.
inkontinenz-selbsthilfe.com: „Inkontinenz-Forum“. Online-Angebot der Inkontinenz Selbsthilfe e. V.
gesundheitsinformation.de: „Wie funktioniert Beckenbodentraining?“. Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
kontinenz-gesellschaft.de: „Harninkontinenz“. Online-Information der Deutschen Kontinenz Gesellschaft e. V.
kontinenz-gesellschaft.de: „Ärztliche Beratungsstellen sowie Kontinenz- und Beckenboden-Zentren“. Online-Suche der Deutschen Kontinenz Gesellschaft e. V.
menopause-gesellschaft.de: „Urogenitale Beschwerden“. Online-Information der Deutschen Menopause Gesellschaft e.V.