Sterbende begleiten: Was können Angehörige tun?
Sterbende begleiten: Wo Angehörige Hilfe finden
Sterbebegleitung ist ein ganz individueller Weg. Die Würde des Sterbenden zu achten, ist dabei oberstes Gebot. Um ein Sterben in Würde zu ermöglichen, braucht es einen aufmerksamen und engen Austausch aller Beteiligten. Bei der Sterbebegleitung kommt es nicht nur darauf an, dass der Sterbende durch die Palliativmedizin gut betreut ist und schmerz- und symptomlindernde Behandlungen erfährt. Sterbebegleitung umfasst auch die körperliche Pflege und Zuwendung – und ebenso die seelische Begleitung. Die vielen Anforderungen, welche die Sterbebegleitung für den Sterbenden selbst und für seine Angehörigen birgt, sollten und können Familien nicht alleine stemmen. Der erste Schritt nach Feststellung einer schweren, unheilbaren Erkrankung ist daher: Hilfe zu holen. Betroffene und Angehörige können sich unter anderem mit den behandelnden Ärzten austauschen, einen Gesprächstermin beim Hausarzt vereinbaren, sich an Palliativ-Teams wenden, bei der Krankenkasse Hilfsangebote erfragen sowie (ehrenamtliche) Sterbebegleiter um Hilfe bitten.
Sterbebegleitung – wer kann helfen?
Im Groben stützen vier Säulen die Sterbebegleitung:
- Palliativ-Teams/SAPV-Teams: Helfen bei der Sterbebegleitung zuhause. Sie behandeln Symptome, koordinieren und beraten. Die spezielle ambulante Palliativversorgung (SAPV) setzt sich zusammen aus Palliativfachpflegekräften und Palliativmedizinern. Der Hausarzt kann die Begleitung durch ein SAPV-Team beantragen, wenn die Versorgung des Patienten aufgrund seiner schweren Erkrankung besonders intensiv und aufwändig ist.
- Ambulanter Hospizdienst: Der ambulante Hospizdienst unterstützt die Palliativbegleitung zuhause. Auch in Kliniken und Pflegeheime können ambulante Hospizdienste kommen. Sie beraten, unterstützen und begleiten mit Palliativfachkräften und ehrenamtlich geschulten Helfern.
- Palliativstation: Bei einer Palliativstation handelt es sich um eine Palliativ-Abteilung in einer Klinik. Um die „Klinik-Atmosphäre“ zu vermeiden, sind Palliativstationen in Krankenhäusern oftmals wohnlicher eingerichtet. Auch steht entsprechendes Personal für die Palliativversorgung zur Verfügung. Die Aufenthaltsdauer beträgt meist 14 Tage. Bei Entlassung regelt der Sozialdienst die Folgebetreuung.
- Stationäres Hospiz: Bei einem stationären Hospiz handelt es sich um eine palliative Pflegeeinrichtung, die auf die Begleitung Sterbender spezialisiert ist. Ein Hospiz hat nur eine überschaubare Anzahl an Plätzen, um die nötige ganzheitliche Betreuung und Zuwendung gewährleisten zu können. Hospize sind in einer wohnlichen Atmosphäre gestaltet. Sterbende dürfen ihre Zimmer in großen Teilen nach Wunsch herrichten, etwa Bilder aufstellen, die Lieblingsbettwäsche von zuhause benutzen oder den Lieblingssessel mitbringen.
Was brauchen Sterbende?
Sterbende brauchen Zuwendung – sowohl im medizinischen Bereich als auch in der Pflege und im zwischenmenschlichen Kontakt. Neben der Symptomlinderung spielen Körperpflege und -versorgung eine wichtige Rolle. Zwischenmenschliche Kontakte und enger Austausch helfen, Ängste anzusprechen, Sorgen zu adressieren, Wichtiges zu regeln und Gedanken über das Leben, den Tod und das Sterben auszutauschen. Was Palliativmedizin und Palliativpflege nicht geben können, ist die Liebe, das enge Zusammengehörigkeitsgefühl und die Geschichte einer Familie. Den Angehörigen kommt bei der Begleitung Sterbender daher eine bedeutende Rolle zu. Sie können Ruhe schenken, Nähe geben, vertraute Rituale leben und liebevolle Nähe ermöglichen.
Sterbende begleiten: Sterbewünsche am Lebensende
Viele Sterbende haben noch letzte Bedürfnisse und Wünsche. Sofern die Erfüllung möglich ist, sollte dies ermöglicht werden. Vielleicht möchte der Sterbende nochmal eine bestimmte Person sehen, einen besonderen Ort besuchen, einen bestimmten Film schauen oder ein spezielles Essen genießen. Manchmal ist auch der Wunsch vorhanden, einen Streit aus dem Weg zu räumen oder noch eine Angelegenheit zu klären. Wichtig ist zudem, dass frühzeitig an eine Patientenverfügung gedacht wird. Auch eine Vollmacht sowie das Verfassen eines Testaments und Bestattungswünsche sind Themen, die den letzten Weg begleiten. Manchmal kann es sein, dass der sterbende Mensch einen Wunsch hat, sich aber nicht traut, diesen zu äußern. Über diese Hürde können Angehörige helfen, wenn sie aktiv nachfragen, was dem Sterbenden auf dem Herzen liegt und was er sich wünscht.
Rückzug und Wesensveränderung am Lebensende
Ab einem gewissen Punkt ist die Kommunikation zunehmend erschwert. Der Körper wird schwächer, der Sterbende schläft viel, ist immer öfter nicht ansprechbar und scheint „in einer anderen Welt“ zu sein. Hinzu kommen Wesensveränderungen und Rückzug, welche Angehörige zusätzlich stark belasten können – besonders, wenn von ihrer Seite das große Bedürfnis nach Nähe und Austausch steht und noch nicht alles gesagt zu sein scheint. Werden diese Veränderungen als sehr belastend empfunden, kann ein Gespräch mit einem Sterbebegleiter oder dem Palliativ-Team Entlastung und Verständnis bringen. Angehörige sollten eigene Ängste, Sorgen und Gefühle nicht mit sich selbst ausmachen. Auch für sie ist Hilfe wichtig.
Wenn Hunger und Durst fehlen
Auch das wenige Essen und Trinken beunruhigt viele Angehörige, die Sterbende begleiten. Aus der Palliativpflege weiß man: Es ist ganz normal, dass der Körper das Bedürfnis nach Essen und Trinken immer mehr einstellt.
Es ist für den Sterbenden keine Belastung, im Gegenteil:
- Weniger Essen und Trinken entlastet den Körper.
- Magen und Darm haben weniger Arbeit.
- Die Verdauung ist weniger gefordert.
- Übelkeit, Durchfälle und Verstopfung sind seltener.
- Die Nieren sind entlastet.
- Wasseransammlungen im Gewebe werden reduziert.
- Der Körper bildet weniger Schleim, was die Atmung entlastet.
- Der Körper schüttet vermehrt Endorphine aus, welche eine natürliche Schmerzlinderung darstellen.
Haben Angehörige Fragen oder sind unsicher bei der Betreuung und Pflege, können sie sich jederzeit an die Mitglieder des Palliativ-Teams wenden.
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Palliative Mundpflege: eine liebevolle Geste
Das Bedürfnis nach Essen und Trinken nimmt im Sterbeprozess ab. Doch auch wenn das Durstgefühl nicht mehr so stark ausgeprägt ist, kann ein trockener Mund sehr unangenehm sein. Einer guten Mundpflege kommt im Rahmen der Palliativpflege daher eine bedeutende Rolle zu. Die Mundpflege können die Angehörigen übernehmen, wenn sie dies möchten oder das Palliativ-Team dabei unterstützen. Es kann sein, dass das Befeuchten der Lippen und des Mundes das Wichtigste ist, was Angehörige für den Sterbenden in der derzeitigen Situation tun können.
Eine gute Mundpflege lindert nicht nur das Durstgefühl, es kann zu einem kleinen Genussmoment werden, etwa wenn die Befeuchtung mit dem Lieblingstee, etwas Saft oder einem anderen Getränk nach Wahl durchgeführt wird. Der Mund kann mithilfe eines Zerstäubers oder einer Pipette befeuchtet werden. Wichtig: Palliativbegleiter empfehlen, den Sterbenden anzusprechen, zu berühren und ihm zu erklären, dass man den Mund befeuchten wird. So erschreckt er sich nicht. Neben dem Befeuchten kommt der Mundhygiene eine bedeutende Rolle zu. Hierfür wird der Mund mit einem Wattestäbchen ausgewischt und auch Zunge und Zähne gereinigt. Auch hier kann das Palliativ-Team zeigen, wie es geht.
Sterbende begleiten - was können Angehörige noch tun?
Anwesenheit ist eine wertvolle Geste und spendet Nähe, Vertrauen und Wärme. Angehörige können sich neben das Bett setzen, etwas vorlesen, singen, Musik anmachen, die Hand halten, sanft den Arm streicheln oder den Kopf vorsichtig massieren. Wichtig: Dabei sollte immer auf die Reaktion geachtet werden – besonders, wenn sich der Sterbende nicht mehr verbal mitteilen kann. Wird der Sterbende unruhig, ist die Art der Berührung oder Nähe womöglich nicht das richtige für den Moment. Scheint er ruhig und entspannt, ist die Nähe vielleicht genau das, was er gerade braucht. Auch ein angenehmer Duft im Raum kann ein Wohlgefühl schaffen. Eine Duftlampe kann hilfreich sein. Orangenblüte beispielsweise kann ebenso wie Lavendel beruhigend wirken.
Tipp: Angehörige sollten den Duft mit dem Palliativteam abstimmen. Nicht, dass möglicherweise ein Duft gewählt wird, der reizend auf die Atemwege wirkt und Hustenreiz verursacht.
Zudem sollte man den lieben Menschen an seinem Alltag teilhaben lassen. Was gibt es Neues? Was passiert gerade? Was beschäftigt? Auch darf man über die Trauer sprechen und darüber, wie wichtig und wertvoll der Mensch einem ist. Dabei sollte man aber darauf achten, zu große Emotionen zu vermeiden. Dass kann den Sterbenden sehr beunruhigen und verängstigen – und ihm das Loslassen und damit den Sterbeprozess erschweren. Auch wenn der Sterbende möglicherweise nicht mehr auf Gesprochenes reagieren kann: Meist kann er bis zuletzt hören und nimmt Menschen, Gespräche und Stimmungen des Gesprochenen wahr.
Quellen:
Marion Jettenberger: 1 x 1 der Sterbebegleitung. Am Ende wissen, wie es geht… . Manuela Kinzel Verlag. 1. Auflage 2022.
dgpalliativmedizin.de: „Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland“. Online-Angebot (PDF) der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin e. V., des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbands e. V. und der Bundesärztekammer.
bundesgesundheitsministerium.de: „Hospiz“. Online-Information des Bundesministeriums für Gesundheit.
bundesgesundheitsministerium.de: „Versorgung von schwerstkranken Menschen und Sterbenden (Palliativversorgung)“. Online-Information des Bundesministeriums für Gesundheit.
yumpu.com: „Die Entwicklung teilstationärer Hospizangebote in Deutschland“. Online-Handreichung (PDF) des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbands e. V.
bmj.de: „Formular Betreuungsverfügung“. Online-Information des Bundesministeriums der Justiz.
bmj.de: „Formular Vorsorgevollmacht“. Online-Information des Bundesministeriums der Justiz.
bmj.de: „Patientenverfügung“. Online-Information (PDF) des Bundesministeriums der Justiz.