ärztin mit stethoskop hält hand von patientin in braunem pullover
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Sterbende begleiten: Was können Angehörige tun?

Sterben ist nicht nur mit viel Schmerz, Trauer, Unsicherheiten und Ängsten verbunden. Im Rahmen der Sterbebegleitung sind ebenso wertvolle, bereichernde und wunderschöne Momente möglich. Doch wie können Angehörige einen lieben Menschen begleiten, dass es ihm gut geht und er sein Leben noch genießen kann? Wie können sie ihm nah sein? Wie können sie sicherstellen, dass er gut versorgt ist und nicht leiden muss? Und wie schaffen sie es, ihren eigenen emotionalen Schmerz und ihre Traurigkeit auszuhalten? Wie Angehörige Sterbende begleiten: eine Orientierung für die letzte gemeinsame Reise.

Sterbende begleiten: Wo Angehörige Hilfe finden

Sterbebegleitung ist ein ganz individueller Weg. Die Würde des Sterbenden zu achten, ist dabei oberstes Gebot. Um ein Sterben in Würde zu ermöglichen, braucht es einen aufmerksamen und engen Austausch aller Beteiligten. Bei der Sterbebegleitung kommt es nicht nur darauf an, dass der Sterbende durch die Palliativmedizin gut betreut ist und schmerz- und symptomlindernde Behandlungen erfährt. Sterbebegleitung umfasst auch die körperliche Pflege und Zuwendung – und ebenso die seelische Begleitung. Die vielen Anforderungen, welche die Sterbebegleitung für den Sterbenden selbst und für seine Angehörigen birgt, sollten und können Familien nicht alleine stemmen. Der erste Schritt nach Feststellung einer schweren, unheilbaren Erkrankung ist daher: Hilfe zu holen. Betroffene und Angehörige können sich unter anderem mit den behandelnden Ärzten austauschen, einen Gesprächstermin beim Hausarzt vereinbaren, sich an Palliativ-Teams wenden, bei der Krankenkasse Hilfsangebote erfragen sowie (ehrenamtliche) Sterbebegleiter um Hilfe bitten.

Sterbebegleitung – wer kann helfen?

Im Groben stützen vier Säulen die Sterbebegleitung:

  1. Palliativ-Teams/SAPV-Teams: Helfen bei der Sterbebegleitung zuhause. Sie behandeln Symptome, koordinieren und beraten. Die spezielle ambulante Palliativversorgung (SAPV) setzt sich zusammen aus Palliativfachpflegekräften und Palliativmedizinern. Der Hausarzt kann die Begleitung durch ein SAPV-Team beantragen, wenn die Versorgung des Patienten aufgrund seiner schweren Erkrankung besonders intensiv und aufwändig ist.
  2. Ambulanter Hospizdienst: Der ambulante Hospizdienst unterstützt die Palliativbegleitung zuhause. Auch in Kliniken und Pflegeheime können ambulante Hospizdienste kommen. Sie beraten, unterstützen und begleiten mit Palliativfachkräften und ehrenamtlich geschulten Helfern.
  3. Palliativstation: Bei einer Palliativstation handelt es sich um eine Palliativ-Abteilung in einer Klinik. Um die „Klinik-Atmosphäre“ zu vermeiden, sind Palliativstationen in Krankenhäusern oftmals wohnlicher eingerichtet. Auch steht entsprechendes Personal für die Palliativversorgung zur Verfügung. Die Aufenthaltsdauer beträgt meist 14 Tage. Bei Entlassung regelt der Sozialdienst die Folgebetreuung.
  4. Stationäres Hospiz: Bei einem stationären Hospiz handelt es sich um eine palliative Pflegeeinrichtung, die auf die Begleitung Sterbender spezialisiert ist. Ein Hospiz hat nur eine überschaubare Anzahl an Plätzen, um die nötige ganzheitliche Betreuung und Zuwendung gewährleisten zu können. Hospize sind in einer wohnlichen Atmosphäre gestaltet. Sterbende dürfen ihre Zimmer in großen Teilen nach Wunsch herrichten, etwa Bilder aufstellen, die Lieblingsbettwäsche von zuhause benutzen oder den Lieblingssessel mitbringen.

Was brauchen Sterbende?

Sterbende brauchen Zuwendung – sowohl im medizinischen Bereich als auch in der Pflege und im zwischenmenschlichen Kontakt. Neben der Symptomlinderung spielen Körperpflege und -versorgung eine wichtige Rolle. Zwischenmenschliche Kontakte und enger Austausch helfen, Ängste anzusprechen, Sorgen zu adressieren, Wichtiges zu regeln und Gedanken über das Leben, den Tod und das Sterben auszutauschen. Was Palliativmedizin und Palliativpflege nicht geben können, ist die Liebe, das enge Zusammengehörigkeitsgefühl und die Geschichte einer Familie. Den Angehörigen kommt bei der Begleitung Sterbender daher eine bedeutende Rolle zu. Sie können Ruhe schenken, Nähe geben, vertraute Rituale leben und liebevolle Nähe ermöglichen.

Sterbende begleiten: Sterbewünsche am Lebensende

Viele Sterbende haben noch letzte Bedürfnisse und Wünsche. Sofern die Erfüllung möglich ist, sollte dies ermöglicht werden. Vielleicht möchte der Sterbende nochmal eine bestimmte Person sehen, einen besonderen Ort besuchen, einen bestimmten Film schauen oder ein spezielles Essen genießen. Manchmal ist auch der Wunsch vorhanden, einen Streit aus dem Weg zu räumen oder noch eine Angelegenheit zu klären. Wichtig ist zudem, dass frühzeitig an eine Patientenverfügung gedacht wird. Auch eine Vollmacht sowie das Verfassen eines Testaments und Bestattungswünsche sind Themen, die den letzten Weg begleiten. Manchmal kann es sein, dass der sterbende Mensch einen Wunsch hat, sich aber nicht traut, diesen zu äußern. Über diese Hürde können Angehörige helfen, wenn sie aktiv nachfragen, was dem Sterbenden auf dem Herzen liegt und was er sich wünscht.

Rückzug und Wesensveränderung am Lebensende

Ab einem gewissen Punkt ist die Kommunikation zunehmend erschwert. Der Körper wird schwächer, der Sterbende schläft viel, ist immer öfter nicht ansprechbar und scheint „in einer anderen Welt“ zu sein. Hinzu kommen Wesensveränderungen und Rückzug, welche Angehörige zusätzlich stark belasten können – besonders, wenn von ihrer Seite das große Bedürfnis nach Nähe und Austausch steht und noch nicht alles gesagt zu sein scheint. Werden diese Veränderungen als sehr belastend empfunden, kann ein Gespräch mit einem Sterbebegleiter oder dem Palliativ-Team Entlastung und Verständnis bringen. Angehörige sollten eigene Ängste, Sorgen und Gefühle nicht mit sich selbst ausmachen. Auch für sie ist Hilfe wichtig.

Wenn Hunger und Durst fehlen

Auch das wenige Essen und Trinken beunruhigt viele Angehörige, die Sterbende begleiten. Aus der Palliativpflege weiß man: Es ist ganz normal, dass der Körper das Bedürfnis nach Essen und Trinken immer mehr einstellt.

Es ist für den Sterbenden keine Belastung, im Gegenteil:

  • Weniger Essen und Trinken entlastet den Körper.
  • Magen und Darm haben weniger Arbeit.
  • Die Verdauung ist weniger gefordert.
  • Übelkeit, Durchfälle und Verstopfung sind seltener.
  • Die Nieren sind entlastet.
  • Wasseransammlungen im Gewebe werden reduziert.
  • Der Körper bildet weniger Schleim, was die Atmung entlastet.
  • Der Körper schüttet vermehrt Endorphine aus, welche eine natürliche Schmerzlinderung darstellen.

Haben Angehörige Fragen oder sind unsicher bei der Betreuung und Pflege, können sie sich jederzeit an die Mitglieder des Palliativ-Teams wenden.

Lesetipp: Ist Sterbehilfe in Deutschland erlaubt?

Das Gespräch mit dem Palliativ-Team suchen

Es ist wichtig, dass Angehörige mit den Ärztinnen und Ärzten sowie dem Palliativ-Team im Austausch bleiben. Das gibt Orientierung und hilft, vieles zu verstehen. Es ermöglicht eine gute Begleitung und ist wichtig mit Blick auf die regelmäßige gemeinsame Abstimmung der Behandlungsmaßnahmen, die fortgesetzt oder möglicherweise abgesetzt werden sollen. Betroffene und Angehörige sollten sich Alternativen aufzeigen lassen, wenn sie unsicher sind. Und nachfragen, wenn etwas unklar ist. Möglich ist immer auch, eine zweite Meinung einzuholen – beim Hausarzt, dem Palliativ-Team oder bei einer Beratungsstelle.

Palliative Mundpflege: eine liebevolle Geste

Das Bedürfnis nach Essen und Trinken nimmt im Sterbeprozess ab. Doch auch wenn das Durstgefühl nicht mehr so stark ausgeprägt ist, kann ein trockener Mund sehr unangenehm sein. Einer guten Mundpflege kommt im Rahmen der Palliativpflege daher eine bedeutende Rolle zu. Die Mundpflege können die Angehörigen übernehmen, wenn sie dies möchten oder das Palliativ-Team dabei unterstützen. Es kann sein, dass das Befeuchten der Lippen und des Mundes das Wichtigste ist, was Angehörige für den Sterbenden in der derzeitigen Situation tun können.

Eine gute Mundpflege lindert nicht nur das Durstgefühl, es kann zu einem kleinen Genussmoment werden, etwa wenn die Befeuchtung mit dem Lieblingstee, etwas Saft oder einem anderen Getränk nach Wahl durchgeführt wird. Der Mund kann mithilfe eines Zerstäubers oder einer Pipette befeuchtet werden. Wichtig: Palliativbegleiter empfehlen, den Sterbenden anzusprechen, zu berühren und ihm zu erklären, dass man den Mund befeuchten wird. So erschreckt er sich nicht. Neben dem Befeuchten kommt der Mundhygiene eine bedeutende Rolle zu. Hierfür wird der Mund mit einem Wattestäbchen ausgewischt und auch Zunge und Zähne gereinigt. Auch hier kann das Palliativ-Team zeigen, wie es geht.

Hier kann man kreativ werden und den Mund regelmäßig mit dem Lieblingsgetränk, on Cola, Bier, Wein usw. befeuchten.
— Marion Jettenberger: 1 x 1 der Sterbebegleitung. Am Ende wissen, wie es geht… . Manuela Kinzel Verlag. 1. Auflage 2022.

Sterbende begleiten - was können Angehörige noch tun?

Anwesenheit ist eine wertvolle Geste und spendet Nähe, Vertrauen und Wärme. Angehörige können sich neben das Bett setzen, etwas vorlesen, singen, Musik anmachen, die Hand halten, sanft den Arm streicheln oder den Kopf vorsichtig massieren. Wichtig: Dabei sollte immer auf die Reaktion geachtet werden – besonders, wenn sich der Sterbende nicht mehr verbal mitteilen kann. Wird der Sterbende unruhig, ist die Art der Berührung oder Nähe womöglich nicht das richtige für den Moment. Scheint er ruhig und entspannt, ist die Nähe vielleicht genau das, was er gerade braucht. Auch ein angenehmer Duft im Raum kann ein Wohlgefühl schaffen. Eine Duftlampe kann hilfreich sein. Orangenblüte beispielsweise kann ebenso wie Lavendel beruhigend wirken.

Tipp: Angehörige sollten den Duft mit dem Palliativteam abstimmen. Nicht, dass möglicherweise ein Duft gewählt wird, der reizend auf die Atemwege wirkt und Hustenreiz verursacht.

Zudem sollte man den lieben Menschen an seinem Alltag teilhaben lassen. Was gibt es Neues? Was passiert gerade? Was beschäftigt? Auch darf man über die Trauer sprechen und darüber, wie wichtig und wertvoll der Mensch einem ist. Dabei sollte man aber darauf achten, zu große Emotionen zu vermeiden. Dass kann den Sterbenden sehr beunruhigen und verängstigen – und ihm das Loslassen und damit den Sterbeprozess erschweren. Auch wenn der Sterbende möglicherweise nicht mehr auf Gesprochenes reagieren kann: Meist kann er bis zuletzt hören und nimmt Menschen, Gespräche und Stimmungen des Gesprochenen wahr.

Sterbebegleitung – das ist dableiben, aushalten, beistehen. Es bedeutet stark zu sein – für den anderen mit. Es bedeutet, Trost zu schenken und Mut zu geben. Es bedeutet, in der eigenen Trauer und Angst über sich hinauszuwachsen und Liebe zu schenken. Denn das ist, was bleibt: die Liebe und die Erinnerungen an das gemeinsame Leben und die letzten innigen Momente. Diese zu etwas Besonderem zu gestalten, bereichert die letzten Stunden des Sterbenden – und die Erinnerung daran wird das Leben der Angehörigen begleiten.

Auf diese Frage gibt es keine allgemeingültige Antwort. Jede Sterbesituation ist sehr persönlich ein einzigartig. Jeder Mensch ist einzigartig und in seiner Persönlichkeit etwas ganz Besonderes. Viele Sterbende spüren, dass sie gehen werden. Sie wissen es manchmal sogar viel früher als die Menschen um sie herum. Haben Angehörige die Frage „Soll ich dem Sterbenden sagen, dass er stirbt? Wie mache ich das?“, können sie sich beispielsweise an einen Sterbebegleiter oder ein Palliativ-Team wenden. Diese Menschen haben viel Erfahrung mit dem Sterben – und den richtigen Worten zur richtigen Zeit. Angehörige können sich jederzeit Rat holen. Die Erfahrung zeigt, dass eine offene, ehrliche und feinfühlige Kommunikation viele Fragen und Unsicherheiten klären kann.
Es ist normal, dass sich die Atmung bei einer sterbenden Person verändert. Es können längere Pausen zwischen den Atemzügen entstehen. Die Atmung kann langsamer oder schneller werden. Oft ist der unregelmäßige Atem von rasselnden, gurgelnden Geräuschen begleitet, welche die Angehörigen oft stark beunruhigen. Diese Atmung, die auch „Rasselatmung“ oder „Todesatmung“ genannt wird, ist Folge der Schleimbildung in den Atemwegen. Der Sterbende ist irgendwann zu schwach, um das Sekret zu schlucken oder abzuhusten. Es können Geräusche entstehen, die den Eindruck erwecken, der Mensch ersticke. Die Erfahrung von Palliativpflegenden hat gezeigt, dass die sterbende Person nicht darunter leidet. Ein leichtes Hochlagern des Oberkörpers oder eine leichte Seitenlagerung des Kopfes schafft oft Abhilfe.
Früher hat man den Schleim aus den Atemwegen abgesaugt. Heute verzichtet man darauf. Der Grund: Das Absaugen ist für die sterbende Person oft belastend, schmerzhaft und quälend. Hinzu kommt, dass sich nach kurzer Zeit neuer Schleim bildet und der Prozess wiederholt werden müsste. Da die Rasselatmung in der Regel nicht belastet, besteht keine Notwendigkeit, den Schleim zu entfernen.


Quellen:

Marion Jettenberger: 1 x 1 der Sterbebegleitung. Am Ende wissen, wie es geht… . Manuela Kinzel Verlag. 1. Auflage 2022.

dgpalliativmedizin.de: „Charta zur Betreuung schwerstkranker und sterbender Menschen in Deutschland“. Online-Angebot (PDF) der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin e. V., des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbands e. V. und der Bundesärztekammer.

bundesgesundheitsministerium.de: „Hospiz“. Online-Information des Bundesministeriums für Gesundheit.

bundesgesundheitsministerium.de: „Versorgung von schwerstkranken Menschen und Sterbenden (Palliativversorgung)“. Online-Information des Bundesministeriums für Gesundheit.

yumpu.com: „Die Entwicklung teilstationärer Hospizangebote in Deutschland“. Online-Handreichung (PDF) des Deutschen Hospiz- und PalliativVerbands e. V.

bmj.de: „Formular Betreuungsverfügung“. Online-Information des Bundesministeriums der Justiz.

bmj.de: „Formular Vorsorgevollmacht“. Online-Information des Bundesministeriums der Justiz.

bmj.de: „Patientenverfügung“. Online-Information (PDF) des Bundesministeriums der Justiz.

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
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