Gewichtszunahme und Bewegung in der Schwangerschaft: 3 Mythen im Faktencheck
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Gewichtszunahme und Bewegung in der Schwangerschaft: 3 Mythen im Faktencheck

Besonders um die Themen Gewichtszunahme und Bewegung in der Schwangerschaft ranken sich viele Mythen, die Schwangere nicht selten verunsichern. Muss ich jetzt für zwei essen? Und schadet Sport dem Ungeborenen? Gelbe Seiten macht den Faktencheck: Das sollten werdende Mamas jetzt wissen.

Mythos Nummer 1: In der Schwangerschaft muss ich für zwei essen

Die Behauptung, dass Schwangere für zwei essen müssen, hält sich hartnäckig. Im ersten Moment scheint das auch nachvollziehbar, schließlich wächst ein neues Leben im Bauch heran und benötigt reichlich Nährstoffe, um sich gut entwickeln zu können. Dennoch: Bedeutend mehr Kalorien brauchen Schwangere nicht. Laut den „Handlungsempfehlungen – Ernährung in der Schwangerschaft“ der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) sollten Schwangere erst in den letzten Monaten der Schwangerschaft ihre Energiezufuhr um bis zu zehn Prozent steigern.

In den D-A-CH-Referenzwerten für die Nährstoffzufuhr wird für Schwangere mit unverminderter körperlicher Aktivität ein Richtwert für die zusätzliche Energiezufuhr von 250 Kilokalorien pro Tag im 2. Trimester und von 500 Kilokalorien pro Tag im 3. Trimester abgeleitet. Zur Orientierung: 250 bis 300 Kilokalorien pro Tag entsprechen einem Vollkornbrötchen mit einer Scheibe Gouda. Doch auch, wenn die benötigte Kalorienmenge nur geringfügig steigt, so braucht das Ungeborene reichlich Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Fazit: Die Qualität des Essen ist für Schwangere bedeutsamer als die Quantität.

Lesetipp: Das passiert im Körper bei einer Schwangerschaft.

Diese Nährstoffe sind in der Schwangerschaft besonders wichtig

Zu den wichtigen Nährstoffen, die der Körper vor und während der Schwangerschaft verstärkt benötigt, gehören unter anderem Folsäure, Jod, DHA, Eisen und Vitamin B12.

Folsäure: Frauen, die schwanger werden möchten, sollten laut der DGE zusätzlich zu einer ausgewogenen Ernährung 400 Mikrogramm Folsäure pro Tag aufnehmen – und damit bereits vier Wochen vor der Empfängnis beginnen und die Einnahme bis zum Ende des ersten Schwangerschaftsdrittels fortführen. Erfolgt die Supplementation erst kurz vor oder sogar nach der Empfängnis, sollten Frauen 800 Mikrogramm Folsäure pro Tag supplementieren. Folat ist unter anderem wichtig für die Zellteilung und Wachstumsprozesse.

Jod: Schwangere sollten laut der DGE zusätzlich zu einer ausgewogenen Ernährung 100 bis 150 Mikrogramm Jod pro Tag aufnehmen und zu jodiertem Speisesalz greifen. Auch der Verzehr von Meeresfisch, Milch und Milchprodukten ist empfehlenswert. Jod ist bedeutsam für die fetale Schilddrüsenfunktion, aber auch für die frühkindliche Entwicklung des zentralen Nervensystems sowie das Körperwachstum und die Körperreifung.

DHA: Schwangeren, die sich vegan ernähren oder aus anderen Gründen nicht regelmäßig Fisch verzehren, wird empfohlen, Docosahexaensäure (DHA) zu supplementieren. Die Referenzwerte für Schwangere liegen bei durchschnittlich 200 Milligramm DHA pro Tag. DHA ist für die Entwicklung der Sehfunktion und des Gehirns des Ungeborenen wichtig. Auch das Risiko für eine Frühgeburt lässt sich über die Supplementierung von DHA vermindern.

Eisen: Im Verlauf der Schwangerschaft steigt der Eisenbedarf deutlich an. Für Schwangere ist eine tägliche Aufnahme von 30 Milligramm empfohlen. Im Vergleich: Die von der DGE empfohlene tägliche Eisenaufnahme bei nicht schwangeren erwachsenen Frauen liegt bei 15 Milligramm. Eisen ist unter anderem wichtig für die Entwicklung des Kindes und die Plazenta. Ein Eisenmangel erhöht das Risiko für eine Frühgeburt und ein geringes Geburtsgewicht. Im Rahmen der Schwangerschaftsuntersuchungen ist es möglich, einen Eisenmangel festzustellen. Nur dann sollten Schwangere ein entsprechendes Supplement einnehmen.

B12: Besonders bei Veganerinnen ist laut der DGE die Versorgung von Vitamin B12 kritisch. Der Schätzwert für eine angemessene Vitamin-B12-Zufuhr beträgt für Schwangere 4,5 Mikrogramm pro Tag und für Stillende 5,5 Mikrogramm pro Tag. Vitamin B12 ist lebensnotwendig und unter anderem an der Blutbildung, der Zellteilung und der DNA-Synthese beteiligt. 

Lesetipp: Folsäure bei Kinderwunsch: Warum Sie das Vitamin schon vor der Schwangerschaft nehmen sollten.

Veganerinnen und Vegetarierinnen haben einen anderen Nährstoffbedarf während der Schwangerschaft als Frauen, die tierische Produkte verzehren. Auch bestimmte Erkrankungen, etwa eine Schilddrüsenerkrankung, können den individuellen Nährstoffbedarf in der Schwangerschaft beeinflussen. Ohne ärztliche Absprache sollten Schwangere keine Supplemente einnehmen. Der:Die behandelnde Frauenärzt:in berät Frauen mit Kinderwunsch und während der Schwangerschaft, welche Nährstoffe im individuellen Fall besonders wichtig sind und welche Dosierung im Falle einer Supplementierung nötig ist. Zu den kritischen Nährstoffen vor und während der Schwangerschaft gehören unter anderem Folsäure, Jod, DHA, Eisen, aber auch Zink und Calcium.

— Professor Ingo Froböse, Universitätsprofessor für Prävention und Rehabilitation im Sport an der Deutschen Sporthochschule Köln.

Mythos Nummer 2: Nach der Schwangerschaft wiege ich deutlich mehr

Viele figurbewusste Frauen fürchten die Gewichtszunahme während der Schwangerschaft und beobachten besorgt den Zeiger der Waage. Ernährungsexperten raten hier zu mehr Entspannung. Denn: Zehn bis 16 Kilogramm zuzunehmen, ist im Verlauf der Schwangerschaft völlig normal – und wichtig. Höchstens ein Drittel davon macht das Baby aus – die anderen Pfunde sind Blut, die wachsende Gebärmutter und Brust, das Fruchtwasser und die Fettreserven (beispielsweise fürs Stillen). Selbst wenn die frischgebackene Mama nach der Geburt zusätzliche Pfunde auf der Waage hat: Die meisten Frauen verlieren diese durch das Stillen wieder – sofern sie sich gesund und ausgewogen ernähren. Stillen kostet den Körper Energie: Um einen Liter Muttermilch zu bilden, benötigt der Körper um die 950 Kilokalorien. Das heißt: Die zusätzlichen Pfunde purzeln in den Monaten nach der Geburt meist wieder. Eine gesunde Ernährung sowie ausreichend Bewegung unterstützen diesen Prozess.

Lesetipp: Sport in der Schwangerschaft: Diese drei Sportarten vermeiden.

Diäten in der Schwangerschaft sind keine gute Idee. Der Körper der Mutter benötigt Energie und Nährstoffe – und auch das Kind. Bis zu 16 Kilogramm mehr zu wiegen, ist für normalgewichtige Frauen nicht ungewöhnlich. Auch in der Stillzeit benötigt der Körper Kalorien, um Muttermilch bilden zu können. Man geht von einem zusätzlichen Kalorienbedarf von etwa 500 Kilokalorien aus. Wer während der Schwangerschaft oder in der Stillzeit zu wenig Kalorien aufnimmt, tut weder sich noch seinem Kind etwas Gutes. Wer unsicher ist, kann sich in Schwangerschaft und Stillzeit von einer Ernährungsberaterin oder einem Ernährungsberater begleiten lassen, aber auch der:die Frauenärzt:in sowie die Hebamme helfen bei Fragen zum Energiebedarf weiter.

— Professor Ingo Froböse, Universitätsprofessor für Prävention und Rehabilitation im Sport an der Deutschen Sporthochschule Köln.

Mythos Nummer 3: Sport in der Schwangerschaft ist gefährlich

Viele Schwangere haben Sorge, dass Sport dem Ungeborenen schaden könnte und schonen sich. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE) gibt Entwarnung: Bewegung in einer normalen, gesunden Schwangerschaft ist wünschenswert, sicher für Mutter und Kind und mit zahlreichen positiven Effekten für die Schwangere und das Kind verbunden. Studien zeigen ein verbessertes psychosoziales Wohlbefinden und ein verringertes Risiko u. a. für Frühgeburt, Kaiserschnitt, Schwangerschaftsdiabetes und übermäßige Gewichtszunahme.“

Und nicht nur das. Regelmäßige Bewegung in der Schwangerschaft kann helfen:

  • Rückenschmerzen vorzubeugen.
  • Kreislaufbeschwerden vorzubeugen.
  • Übelkeit zu lindern.
  • Bluthochdruck entgegenzuwirken.
  • den Körper und das Baby mit mehr Sauerstoff zu versorgen.
  • sich auf die Anstrengungen der Geburt vorzubereiten.
  • nach der Geburt schneller wieder fit zu sein.

Doch wie viel sollte man sich in der Schwangerschaft bewegen und welche Sportarten in der Schwangerschaft sind empfehlenswert? Experten raten Schwangeren, an mindestens fünf Tagen in der Woche für mindestens 30 Minuten moderat körperlich aktiv zu sein. Moderat bedeutet, die sportliche Aktivität so auszuüben, dass noch gut eine Unterhaltung möglich ist und man nicht zu sehr ins Schnaufen gerät. Das heißt: Der Körper darf belastet werden, Überlastung sollte man allerdings vermeiden.

Lesetipp: Blasenentzündung in der Schwangerschaft: Ursachen, Komplikationen, Hilfe.

Für Frauen mit Kinderwunsch und Schwangere gelten die allgemeinen Bewegungsempfehlungen für Erwachsene. Sportlich aktive Frauen können sogar während der Schwangerschaft noch intensiv körperlicher aktiv sein – sofern die Schwangerschaft normal und gesund verläuft. Viele Frauen haben Freude an Walken, entspanntem Joggen, Radfahren und im weiteren Schwangerschaftsverlauf an Schwimmen, Wassergymnastik und Schwangerschaftsyoga. Bei Beschwerden während der Schwangerschaft sollten Frauen, um Komplikationen zu vermeiden, mit dem Gynäkologen oder der Gynäkologin abstimmen, ob Sport für sie geeignet ist und wenn ja, in welcher Häufigkeit und Intensität. Frauen mit einer Risikoschwangerschaft müssen besonders vorsichtig sein.

— Professor Ingo Froböse, Universitätsprofessor für Prävention und Rehabilitation im Sport an der Deutschen Sporthochschule Köln.
Die Angst, dass Sport in der Schwangerschaft frühzeitige Wehen auslöst, ist der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zufolge unbegründet. Studien hätten kein erhöhtes Risiko für vorzeitige Wehen oder eine Frühgeburt gezeigt, wenn sich Schwangere mit einer normal verlaufenden Schwangerschaft mehrmals in der Woche sportlich betätigen. Im Gegenteil: Laut der BZgA gibt es sogar eine Reihe von Untersuchungen, die bei sportlich aktiven Frauen ein niedrigeres Frühgeburtsrisiko festgestellt haben.
Die Deutsche Sporthochschule in Köln empfiehlt schwangeren Sport-Einsteigerinnen sanfte Sportarten wie Schwimmen, Wassergymnastik, Pilates, Schwangerschaftsyoga, Gymnastik sowie Walken und Radfahren. Schwangere Frauen, die bereits vor der Schwangerschaft körperlich aktiv waren, können während einer normal verlaufenden Schwangerschaft weiterhin intensiver aktiv sein.
Es gibt Sportarten, die während der Schwangerschaft weder für trainierte Schwangere noch für Sporteinsteigerinnen empfehlenswert sind, dazu gehören Sportarten mit Sprüngen, Stößen oder Schlägen sowie Sportarten mit hoher Sturz- und Verletzungsgefahr, etwa Reiten, Inlineskaten, Mannschaftssport, Gewichtheben und Kampfsportarten. Auch auf Tauchen und Bergsteigen in über 2.500 Metern Höhe sollten Schwangere verzichten. „In der Schwangerschaft sollte körperliche Überanstrengung grundsätzlich vermieden werden“, rät Professor Ingo Froböse, Universitätsprofessor für Prävention und Rehabilitation im Sport an der Deutschen Sporthochschule Köln. „Schwangere sollten auf Ihren Körper hören. Bleibt beim Sport die Puste weg, schmerzen bestimmte Bewegungen oder fühlen sie sich nicht wohl, sollten sie eine Sport-Pause machen und mit ihrem Arzt oder der Ärztin ins Gespräch gehen.“

Quellen:

Interview mit Professor Ingo Froböse, Universitätsprofessor für Prävention und Rehabilitation im Sport an der Deutschen Sporthochschule Köln.

dshs-koeln.de: „Sport und Schwangerschaft“. Online-Information der Deutschen Sporthochschule Köln.

gesundheitsinformation.de: „Schwangerschaft“. Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).

gesundheitsinformation.de: „Schwangerschaftsdiabetes“. Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).

dge.de: „Handlungsempfehlungen – Ernährung in der Schwangerschaft“. Online-Information der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE).

dge.de: „Ernährung in Schwangerschaft und Stillzeit“. Online-Information der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE).

dge.de: „Vitamin B12 (Cobalamine)“. Online-Information der Deutschen Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE).

klartext-nahrungsergaenzung.de: „Jod, Folsäure, Eisen… Welche Nahrungsergänzungen brauchen Schwangere?“ Online-Information der Verbraucherzentrale.

familienplanung.de: „Sport tut gut – auch in der Schwangerschaft“. Online-Information der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).

gesund-ins-leben.de: „Sport und Bewegung in der Schwangerschaft“. Online-Information von Gesund ins Leben.

stillen-institut.com: „Ernährung der Mutter in der Stillzeit“. Online-Information des Europäischen Instituts für Stillen und Laktation.

ble-medienservice.de: „Fit durch die Schwangerschaft“. Online-Information (PDF) der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung.

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
Ann-Kathrin Landzettel
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