Blasenschwäche behandeln: Was tun bei Blasenschwäche?
© Lordn/ iStock / Getty Images Plus
Letztes Update am: 

Blasenschwäche behandeln: Was tun bei Blasenschwäche?

Beckenmodentraining, Medikamente, Elektrostimulation und Operation: Eine geeignete Behandlung kann die Blasenschwäche in vielen Fällen verbessern – oder sogar beseitigen. Welche Blasenschwäche-Therapie bei welcher Harninkontinenz-Form die Beschwerden lindern kann und was Sie im Alltag aktiv zu einem stärkeren Beckenboden beitragen können.

Blasenschwäche-Therapie: Welche Behandlung ist die richtige?

Was hilft bei Blasenschwäche? Bei Blasenschwäche gilt wie bei vielen anderen Erkrankungen auch: Es gibt nicht die eine Therapieempfehlung. Welche Behandlung für die Harninkontinenz in Frage kommt, ist unter anderem abhängig von der Ursache des Harnverlusts, dem Ausmaß und dem individuellen Gesundheitszustand des oder der Betroffenen. Besprechen Sie gemeinsam mit Ihrem behandelnden Urologen oder Ihrer Urologin, welche Vor- und Nachteile die einzelnen Maßnahmen zur Behandlung der Blasenschwäche mit sich bringen und welche Therapie zu Ihrer individuellen körperlichen Situation und Lebenssituation passt.

Blasenschwäche behandeln: Beckenbodentraining

Beckenbodentraining kann Menschen mit Belastungsinkontinenz (früher Stressinkontinenz genannt), aber auch mit Dranginkontinenz (Urgeinkontinenz), in vielen Fällen helfen. Beckenbodentraining kräftigt die Beckenbodenmuskulatur und unterstützt das Zusammenspiel der Muskulatur, die für den Verschluss der Blase sowie für die Entspannung bei der Entleerung zusammenspielt. Beckenbodentraining kann deshalb so erfolgreich für die Blasenschwäche-Behandlung sein, weil gerade bei der Belastungsinkontinenz ein geschwächter Beckenboden eine häufige Ursache ist – bei Frauen etwa aufgrund von Schwangerschaften, Geburten, einer Bindegewebsschwäche oder Operationen.

Belastungsinkontinenz bei Männern

Bei Männern hingegen gehören Operationen im Beckenraum, etwa eine Operation der Prostata, zu den Belastungsinkontinenz-Ursachen. Bei Dranginkontinenz kann eine Stärkung des Beckenbodens oftmals die überaktive Blase besser kontrollieren helfen. Beckenbodentraining wird zudem vorbeugend eingesetzt, um das Risiko für die Entstehung einer Inkontinenz zu senken. Männer und Frauen können sich an einen Urologen oder eine Urologin wenden. Schwangere können ihre Hebamme beziehungsweise ihren Gynäkologen oder ihre Gynäkologin um Rat fragen. Richtiges Beckenbodentraining erlernen Sie beispielsweise bei einem Physiotherapeuten oder einer Physiotherapeutin. Eventuell kann Ihnen Ihr Arzt oder Ihre Ärztin eine entsprechende Therapie verordnen.

Was ist eine Penisklemme?

Die Penisklemme soll den Penis für einige Stunden abdichten. Sie findet vor allem bei Männern mit Belastungsinkontinenz Anwendung. Jeder Mann muss individuell schauen, ob er mit der Penisklemme zurechtkommt. Während einige zu bestimmten Anlässen überzeugt zu der Klemme greifen, empfinden andere Männer diese als unangenehm bis schmerzhaft. Betroffene Männer sollten ihren Arzt auf diese Option ansprechen und sich die genaue Funktion – ebenso wie mögliche Risiken – erklären lassen.

Blasentraining unterstützt die Blasenschwäche-Behandlung

„Blasenschwäche – was tun?“ – fragen sich Betroffene häufig verzweifelt und sind erstaunt, wenn sie vom Blasentraining erfahren. Blasentraining, auch Toilettentraining genannt, hilft, die Blasenfunktion zu stärken. So können bestimmte Tricks helfen, einen starken Harndrang zu mildern und das nächste Wasserlassen noch etwas hinauszuzögern. Denn für eine gesunde Blase ist es wichtig, dass diese nicht ständig bei geringen Mengen entleert wird, da sie sich sonst an den geringen Füllstand gewöhnt und immer früher „voll“ signalisiert. Zum anderen ist es für die Blasenwand und die Blasenmuskulatur nicht gut, wenn die Blase häufig zu voll ist und übermäßig gedehnt wird. Blasentraining hilft Betroffenen dabei, einen für die Blase geeigneten Toilettenrhythmus zu finden.

Dabei helfen die richtige Getränkewahl (blasenreizende Getränke meiden), passende Trinkmengen und geplante Toilettenzeiten, die Blase wieder in ein möglichst gutes Gleichgewicht zu bringen. Das Toilettentraining stellt der behandelnde Arzt oder die Ärztin individuell für den Patienten oder die Patientin zusammen. Grundlage des Blasentrainings ist ein Tagebuch, das sogenannte Miktionsprotokoll, in das Betroffene unter anderem notieren, wie oft sie auf Toilette gehen, wie viel Urin abgeht und wie viel sie trinken. Hier können Sie Toiletten- und Trinkprotokolle der Deutschen Kontinenz Gesellschaft herunterladen.

Beim Urinieren nicht pressen

Versuchen Sie, auf der Toilette beim Harnlassen (Miktion) nicht zu pressen. Lassen Sie den Blasenschließmuskel locker und geben Sie Ihrer Blase Zeit, sich zu entleeren. Wer presst, übt nicht nur Druck auf die Blase und das umliegende Gewebe aus, sondern riskiert zudem, dass durch den Unterdruck Restharn in der Blase zurückbleibt – in dem sich Keime leicht vermehren. Das Risiko für Blaseninfektionen steigt.

Gewichtscheck bei Blasenschwäche: Übergewicht ist ein Risikofaktor

Urologen und Urologinnen empfehlen Betroffenen mit Übergewicht, Gewicht zu reduzieren, um die Blase zu entlasten. Der Grund: Die Zusatzpfunde drücken auf die Blase und das umgebende Gewebe. Dieser ständige Druck begünstigt eine Schwächung der Harnwege – und begünstigt Inkontinenz.

Wann Östrogen hilft, Blasenschwäche zu behandeln

Mit der Gabe von Östrogenen lässt sich bei vielen Frauen die Blasenschwäche behandeln. Bei Frauen kommt die Östrogen-Therapie als medikamentöse Behandlungsmöglichkeit vor allem bei Belastungsinkontinenz zum Einsatz. Östrogenmangel, wie er im Rahmen der Wechseljahre und danach auftritt, kann eine Blasenschwäche begünstigen. Um die Inkontinenz zu behandeln, können östrogenhaltige Salben und Zäpfchen zur Anwendung kommen. Experten zufolge sind Nebenwirkungen gering, da das Östriol direkt am Genitalbereich beziehungsweise Harnbereich angewendet wird und mit einer geringen Konzentration des weiblichen Sexualhormons auskommt.

Achtung: Hormone zur Behandlung von Wechseljahresbeschwerden können dem Berufsverband der Frauenärzte e. V. (BVF) zufolge die Inkontinenz hingegen verschlechtern.

Blasenschwäche – welcher Arzt?

Bei Blasenschwäche-Symptomen sollten Sie einen Facharzt beziehungsweise eine Fachärztin für Urologie aufsuchen. Die Urologie beschäftigt sich als Teilgebiet der Medizin mit den harnbildenden und harnableitenden Systemen, also Nieren, Harnblase, Harnleiter und Harnröhre. Auch Ihre Hausarztpraxis kann eine erste Anlaufstelle sein. Frauen können sich ebenso an ihren Frauenarzt oder ihre Frauenärztin wenden (Fachärzte für Gynäkologie).

Welche Medikamente bei Blasenschwäche?

Es gibt verschiedene Medikamente, die bei Blasenschwäche Anwendung finden:

  • Wirkstoff Duloxetin: Für Frauen mit Belastungsinkontinenz steht der Wirkstoff Duloxetin zur Verfügung. Der Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer verbessert die Kontraktion des quergestreiften Harnröhren-Schließmuskels, was die Inkontinenz lindern kann.
  • Alpha-Rezeptorenblocker: Bei einer Überlaufinkontinenz, die vor allem bei Männern eine häufige Folge einer vergrößerten Prostata ist, helfen Wirkstoffe aus der Gruppe der Alpha-Rezeptorenblocker. Sie lockern das Prostatagewebe, welches die Harnröhre umgibt und erleichtern so die Entleerung der Blase.
  • Anticholinergika: Medikamente aus der Gruppe der sogenannten Anticholinergika finden vor allem bei der Dranginkontinenz und bei der Reflexinkontinenz Anwendung. Sie helfen, die Blasenmuskulatur zu entspannen und unkontrollierbare Aktivitäten der Blasenmuskulatur zu hemmen. Zugleich kann die Blase bei Dranginkontinenz wieder mehr Harn speichern, da sie nicht zu früh „voll“ signalisiert. Vor einer Einnahme von Medikamenten sollten Betroffene die Vor- und Nachteile mit ihrem Arzt oder ihrer Ärztin besprechen und mögliche Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten abklären.
  • Mirabegron: Der Wirkstoff ist ein sogenannter Beta-3-Adrenozeptoragonist. Er findet vor allem bei einer überaktiven Blase Anwendung. Ärzte verschreiben Mirabegron vor allem dann, wenn Anticholinergika nicht wie erhofft wirken oder wenn die Einnahme von Anticholinergika mit Nebenwirkungen verbunden ist. Doch auch als Erstmedikation kann Mirabegron eingenommen werden.
  • Botulinumtoxin: Das Nervengift Botulinumtoxin, bekannt unter dem Handelsnamen Botox, kann bei einer überaktiven Blase sowie bei Reflexinkontinenz wirken. In den Blasenmuskel gespritzt, wird die Blasenmuskulatur entspannt, das Nervengewebe beruhigt und starker Harndrang lässt nach.
Nicht alle Blasenschwäche-Medikamente gut verträglich

Die Einnahme von Blasenschwäche-Medikamenten kann mit unangenehmen Nebenwirkungen verbunden sein, etwa Übelkeit, Schwindel, Verstopfung, Mundtrockenheit, Sehstörungen und Herzrasen. Medikamente gegen Inkontinenz werden daher häufig wieder abgesetzt und die Betroffenen wünschen sich alternative Therapien.

Behandlung von Grunderkrankungen

Neben der Behandlung der Blasenschwäche als solche ist es ebenso wichtig, Grunderkrankungen entsprechend zu behandeln, etwa einen Diabetes richtig einzustellen, Blasensteine zu entfernen, ein Ungleichgewicht im Hormonhaushalt auszugleichen, eine Fistel (meist Ursache einer extraurethralen Inkontinenz) zu verschließen oder herauszuschneiden oder eine vergrößerte Prostata bei Männern zu therapieren.

Medikamenten-Liste für den Arzt

Bringen Sie zum Arzttermin eine Liste der Medikamente mit, welche Sie regelmäßig einnehmen – auch Nahrungsergänzungsmittel sollten Sie aufführen. So kann der Arzt schauen, ob häufiger und starker Harndrang möglicherweise mit bestimmten Medikamenten in Zusammenhang steht und diese gegebenenfalls durch ein anderes Präparat ersetzen.

Inkontinenzhilfsmittel für mehr Sicherheit im Alltag

Wie rasch sich die Blasenschwäche verbessert und ob sie möglicherweise ganz behoben werden kann, ist zu Beginn der Therapie nicht vorhersehbar. Damit sich Betroffene während der Blasenschwäche-Behandlung sicher fühlen und sich nicht aus Angst vor peinlichen Momenten immer mehr aus dem Sozialleben zurückziehen, können Inkontinenzhilfsmittel wie Inkontinenzvorlagen eine wertvolle Unterstützung sein. Sie sind so konzipiert, dass sie reichlich Urin aufnehmen können, den Geruch neutralisieren und an der Oberfläche rasch trocknen. Das beugt Hautreizungen und der Vermehrung von Bakterien vor.

Eine Operation bei Blasenschwäche wird dann in Erwägung gezogen, wenn alle anderen Behandlungsmöglichkeiten nicht den gewünschten Erfolg gebracht haben, der oder die Betroffene stark unter der Blasenschwäche leidet und/ oder eine OP aufgrund bestimmter Erkrankungen unumgänglich ist. 

Bei Männern kann Blasenschwäche oft mit einer operativen Verkleinerung der gutartig vergrößerten Prostata behoben werden. Bei einem Prostatakarzinom wird ebenfalls operiert. Blasensteine können meist zertrümmert werden – müssen manchmal aber auch operativ entfernt werden. 

Frauen haben die Möglichkeit, das Bindegewebe des Beckenbodens operativ straffen oder Gebärmutter, Blase und/ oder Harnröhre anheben zu lassen. Das kann bei einer Scheiden- oder Blasensenkung beziehungsweise bei einer Gebärmuttersenkung notwendig sein. Mit dem Einbringen von Schlingen kann eine Erhöhung des Harnröhren-Widerstandes erreicht und so die Inkontinenz behandelt werden. Auch nach Prostataoperationen können Schlingen helfen, eine Korrektur des Schließmuskelsystems zu erreichen. Möglich ist bei Belastungsinkontinenz auch, sowohl bei Männern als auch bei Frauen einen künstlichen Schließmuskel einzusetzen.
Bei Frauen wird zur operativen Behandlung der Belastungsinkontinenz häufig ein spannungsfreies Kunststoff-Band, ein sogenanntes TVT (Tension free Vaginal Tape) oder TOT (Trans-Obturator-Tape) unter die Harnröhre gelegt. Beim Mann haben sich ebenfalls die Bänder durchgesetzt. Ebenso können Ballons zur Abdichtung der Harnröhre eingesetzt werden. Ein künstlicher Schließmuskel, artifizieller Sphinkter genannt, ist bei schweren Inkontinenzformen erfolgversprechend.
Zeigen nicht-operative Maßnahmen bei Dranginkontinenz nicht den gewünschten Erfolg, kann eine Nervenstimulation mit einem „Blasenschrittmacher“ (Sakrale Neuromodulation), eine operative Erweiterung der Blase (Blasenaugmentation) oder selten ein Blasenersatz notwendig sein.

Quellen:

Blasenschwäche bei Frauen: Behandlungsmethoden. Online-Information des Bundesverbands für Gesundheitsinformation und Verbraucherschutz – Info Gesundheit e. V.

Was tun bei Harninkontinenz? Patienteninformation der Deutschen Gesellschaft für Urologie e. V. (DGU)

Mit der Blasenschwäche leben. Online-Ratgeber der Deutschen Seniorenliga e. V.

Harninkontinenz: Therapie & Behandlungsmöglichkeiten. Online-Information von Frauenärzte im Netz, einem Online-Angebot des Berufsverbands der Frauenärzte e. V. (BVF) und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG)

Toiletten- und Trinkprotokolle. Online-Angebot zum Herunterladen der Deutschen Kontinenz Gesellschaft

Belastungsinkontinenz: Duloxetin ist nur für psychisch gesunde Patienten geeignet. Online—Information des Deutschen Ärzteblatts

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
Ann-Kathrin Landzettel
Wie finden Sie diesen Artikel?