Was ist Parkinson?
Eine wegweisende Veröffentlichung: "An Essay on the Shaking Palsy"
In der modernen Medizin gelten zwei Publikationen als Meilensteine der Beschreibung neurologischer Erkrankungen. Die eine hat den Titel "Über eine eigenartige Erkrankung der Hirnrinde" und stammt aus der Feder des Psychiaters und Neuropathologen Alois Alzheimer. 1907 beschrieb er detailliert den geistigen Zerfall der Auguste Deter und stellte nach ihrem Tod Ablagerungen im Gehirn als Ursache fest. Als ebenso bedeutend gilt die 1817 erschienene Monographie "An Essay on the Shaking Palsy" ("Über die Schüttellähmung") des Londoner Chirurgen und Apothekers James Parkinson.
Schon im ersten Kapitel beschreibt er die heute als Hauptsymptome der "Paralysis agitans" geltenden Beschwerden: "Unwillkürliche zitternde Bewegung, mit verminderter Muskelkraft, teilweise nicht in Aktion und selbst bei Unterstützung; mit der Neigung, den Oberkörper vorüber zu beugen und von Gehen in Laufen überzugehen: Sinne und Intellekt dabei unbeeinträchtigt. "Alle diese Beschwerden waren zu seiner Zeit nicht neu.
Seine Kollegen machten jedoch das Alter dafür verantwortlich und wären niemals auf die Idee gekommen, sie einer einzigen Erkrankung zuzuordnen. Die Erkenntnis, dass es sich um ein komplexes Syndrom handelt, ist allein dem Scharfsinn des James Parkinson zu verdanken.
Krankheitssymptome lange vor James Parkinson bekannt
Zahlreiche frühe Quellen beschreiben Parkinson-ähnliche Symptome. Die ältesten dürften Überlieferungen der indischen Heilkunst Ajurveda und der traditionellen chinesischen Medizin sein. Sie beschrieben schon lange vor Christi Geburt die Behandlung entsprechender Beschwerden. Auch in der Bibel und bei König Nestor in Homers Odysee finden sich dahingehende Hinweise. In der griechischen Heilkunde gibt es Parkinson-ähnliche Beschreibungen in der "Materia medica" des Dioscorides und den medizinischen Schriften des Galenos von Pergamon.
La Maladie de Parkinson - Parkinson wird bekannt
Viele Jahre fand Parkinsons Publikation wenig Beachtung. Das änderte sich erst, als der schottische Arzt William R. Sanders 1865 die Benennung "Parkinsons Disease" oder "Paralysis agitans festina, senilis or parkinsonii" vorschlug. Endgültig setzte sich die Bezeichnung mit den Arbeiten des Pariser Neurologen Jean-Martin Charcot durch. Seine wegweisenden Veröffentlichungen zwischen 1868 und 1881 trugen wesentlich zum Verständnis der Erkrankung bei. Charcot benannte unter anderem die Muskelsteifigkeit als viertes Kardinalsymptom der Maladie de Parkinson.
Die Erforschung der Ursachen von Parkinson
James Parkinson konnte zu seiner Zeit nur über Läsionen des Rückenmarks als Ursache der nach ihm benannten Krankheit spekulieren. Der aus der Schule Charcots hervorgegangene Pathologe Édouard Brissaud vermutete ischämische Minderdurchblutungen des Subthalamus im Mittelhirn, ähnlich wie bei Schlaganfall.1912 identifizierte der deutsch-jüdische Neurologe Frederic H. Lewy im Gehirn von Parkinson-Patienten die später nach ihm benannten Lewy-Körperchen.
Heute weiß man, dass diese aus dem fehlgefalteten Eiweiß alpha-Synuclein bestehen und ebenso bei Alzheimer auftreten. Als der russische Neuropathologe Konstantin Tretiakoff 1919 die Schwarze Substanz (Substantia nigra) des Gehirns als vorrangig beeinträchtigte Struktur angab, glaubte man ihm lange Jahre nicht. Erst der deutsche Pathologe Rolf Hassler konnte das 1938 endgültig beweisen.
Behebung des Dopamin-Mangels als Schüssel der Parkinson-Behandlung
Parkinson ist auf den Untergang Dopamin-produzierender Zellen der Substantia nigra zurückzuführen. Diese Erkenntnis ist vor allem ein Verdienst des schwedischen Pharmakologen Arvid Carlsson. Für seine Arbeiten über den Neurotransmitter Dopamin erhielt er 2000 zusammen mit Eric Kandel und Paul Greengard den Nobelpreis für Medizin. Dopamin als Schlüssel zur medikamentösen Behandlung von Parkinson geht auf Oleh Hornykiewicz zurück.
Zusammen mit Herbert Ehringer veröffentlichte er 1961 in der Wiener Klinischen Wochenschrift den ersten Therapieansatz: Die intravenöse Verabreichung der Vorstufe L-Dopa vermochte die Bewegungseinschränkungen von Parkinson-Patienten über Stunden aufzuheben.