Ould Yahoui: "Ein Therapiehund schafft Vertrauen"
Eine Angststörung kann das Leben der Betroffenen stark beeinträchtigen. Therapiehunde unterstützen Patienten dabei, sich zu öffnen und neues Selbstvertrauen zu erlangen.
Mila Ould Yahoui (40) ist diplomierte Sozialpädagogin sowie approbierte Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin. Sie bezieht seit sechs Jahren immer wieder Hunde mit in ihre Arbeit ein. Seit ihrer Niederlassung Anfang 2018 in Winterberg bekommt die 40-Jährige täglich Unterstützung durch ihre beiden Hunde: Schäferhund-Mischling Smilla und Podenco-Mix Mutti.
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Mila Ould Yahoui: Grundsätzlich bei allen Ängsten – nicht nur bei einer Hunde-Phobie. Denn in 90 Prozent der Fälle ist der Einfluss auf den Menschen beruhigend und vertrauensschaffend. Ich kann pauschal keine Angststörung nennen, bei der ich einen Hund bewusst aus der Therapie ausschließen würde. Es gibt allerdings Patienten, die Hunde generell ablehnen und das auch nicht ändern möchten. Diesem Wunsch entspreche ich natürlich.
Ich arbeite mit zwei verschiedenen Hunden: einem kleinen, beruhigenden Hund und einem großen, aktivierenden. Für Menschen mit Höhenangst ist der beruhigende Hund geeignet, denn ich bringe die Patienten in die Situation, ihre Phobie aushalten zu müssen. Und wenn das Tier auf einer gewissen Höhe suggeriert, dass nichts passieren kann und alles gut ist, überträgt sich diese Gelassenheit viel eher auf den Patienten, als würde das nur ein erwachsener Mensch vermitteln. Der Grund: Gegenüber dem Tier ist das Kind oder der Jugendliche der Boss, und diese Konstellation macht die Patienten mutig. Und dann können sie es auch allein.
Viele Jugendliche leiden zum Beispiel an diversen Formen der Schulangst. In solchen Fällen dient der aktivierende Hund als eine Art Co-Therapeut, der dazu beitragen kann, dass sich die Patienten öffnen. Denn die Angststörungen gehen oft mit einer Verschlossenheit der Kinder und Jugendlichen einher. Wenn Smilla den Patienten auf ihre liebe Art nun permanent auffordert, mit ihr Ball zu spielen, können junge Menschen dem Hund in der Regel nicht widerstehen. Auf diese Weise bricht das Eis, da wir beide dann zunächst über das Tier miteinander kommunizieren und schließlich auch ohne es. Zudem wird das Selbstbewusstsein von Kindern gesteigert, wenn ein recht stattlicher Hund wie Smilla auf ihre Befehle hört.
Golden Retriever und Labrador Retriever sind klassische Therapiehunde. Schäferhunde eignen sich ebenfalls. Oder auch Mischlinge, bei denen ein Pudel miteingekreuzt wird. Ein Labradoodle ist solch ein Beispiel. Generell können Mischlinge gut eingesetzt werden.
Nicht zwingend. Mutti eignet sich für diese Tätigkeit einfach aufgrund ihres Charakters. Gerade auch für Hunde-Phobiker, denn vor solch einer niedlichen und lieben Hündin ist es wirklich schwer, Angst zu haben. Somit kann sie als erste Schwelle dienen, die es zu überwinden gilt. Smilla macht gerade die Begleithundeprüfung, die den Gehorsam des Hundes und das Verhalten in der Öffentlichkeit abprüft. Darauf basierend können noch andere Ausbildungen wie die zum Therapiehund folgen, wenn man in bestimmten Einsatzgebieten wie zum Beispiel dem Bereich des Autismus arbeiten möchte – doch für das, was ich derzeit anbiete, sind meine beiden Hunde jetzt schon qualifiziert. Wir bilden uns natürlich immer weiter.
Das hängt von den Ängsten ab. Eine Hunde-Phobie kann nur schwer ohne Hund behandelt werden, eine erfolgreiche Therapie ist insofern auch auf das Tier zurückzuführen. Und der ganz große Teil dieser Therapien verläuft erfolgreich. Doch auch bei anderen Ängsten bringt der Hund bei einer Vielzahl der Patienten einen nicht zu unterschätzenden unterstützenden Effekt.
Das kommt auf die Phobie an. Um bei einer Höhenangst oder anderen spezifischen Phobien deutliche Verbesserungen zu erzielen, sind durchschnittlich vielleicht 25 Sitzungen à 50 Minuten erforderlich. Bei anderen Ängsten, wie beispielsweise der Agoraphobie, bei der die Patienten Angst vor bestimmten Orten oder Situationen wie Menschenmengen oder öffentlichen Plätzen haben und sogar Panikattacken erleiden können, dauert eine Behandlung eher zwei bis drei Jahre.
Das kommt auf den Therapeuten an. Ich bin als approbierte Psychotherapeutin mit einer Kassenzulassung niedergelassen, eine Sitzung bei mir kann also ganz normal als Kassenleistung abgerechnet werden – ob ich einen meiner Hunde nun miteinbeziehe oder nicht, spielt keine Rolle. In dem Moment bin ich Psychotherapeutin. Viele Menschen, die mit Therapiehunden arbeiten, sind keine Psychotherapeuten, sondern beispielsweise Pädagogen. Da muss eine Sitzung oft selbst finanziert werden, egal ob gesetzlich oder privat versichert.
Nein, ich denke, diese Art der Behandlung ist im Bereich der Psychotherapie gut angesehen. Das Problem ist eher, dass es in Deutschland keine Regularien gibt, wann sich jemand Hundetherapieführer nennen darf. Es wäre begrüßenswert, wenn einheitliche Prüfungen abgelegt werden müssten – für den Menschen und das Tier.