Ist Stottern vererbbar? Stotter-Ursachen bei Kindern und Erwachsenen
Stottern vererbbar? Stottern hat körperliche Ursachen
Beim Sprechen müssen viele Körperfunktionen ineinandergreifen wie ein Schweizer Uhrwerk: Atmung, Lippen und Zunge, Stimmgebung und Inhalt des Gesagten müssen gleichzeitig vom Gehirn koordiniert werden. Weicht auch nur einer dieser Teile geringfügig ab, kommt es zu Unflüssigkeiten und Sprachstörungen. Beim Stottern – in der medizinischen Fachsprache Balbuties genannt – vermutet man die Ursache an zwei Stellen:
- gestörte Übertragung der Nervensignale
- fehlerhafte Bewegung der beteiligten Organe
Stottern ist also, anders als oft vermutet, keine psychologische Krankheit, sondern eine Unflüssigkeit des Sprechens, die durch organische Fehlfunktionen bedingt wird.
Ist Stottern vererbbar? Vererbbare Faktoren spielen eine wichtige Rolle
Faktor 1: Ärzte gehen davon aus, dass die Veranlagung zu Stottern vererbbar ist.
Faktor 2: Die natürliche Neigung zum Stottern wird durch Umweltreize ausgelöst. In der Regel ist völlig unklar, warum ein Mensch zu stottern beginnt. Manchmal aber ist die Sprachstörung die Folge eines Traumas.
Faktor 3: Bestimmte Umstände sorgen dafür, dass sich das Stottern verstärkt. Wird der Stotternde zum Beispiel für sein Sprechproblem ausgelacht oder das Stottern zu sehr in den Fokus gestellt, kann sich das Phänomen verfestigen, statt sich wieder zu verlieren.
Wenngleich Stottern keine psychologische Erkrankung ist, stehen die seelische Verfassung und die Intensität der Sprechunflüssigkeiten dennoch in Wechselwirkung miteinander. Schließlich kann die Sprachstörung die Lebensqualität massiv beeinflussen. Oft wird das Sprechen dann vermieden und mangelnde Übung führt zu einer Verschärfung der motorischen Disharmonie.
Ist Stottern vererbbar?
Auf die Frage, ob Stottern vererbbar ist, hat die Bundesvereinigung Stottern & Selbsthilfe e.V. folgende Antwort: "Stotternde Menschen haben im Vergleich zu nicht stotternden etwa dreimal häufiger Verwandte, die ebenfalls stottern. Stotternde Frauen haben häufiger stotternde Kinder als stotternde Männer. Zwillingsstudien haben ergeben, dass bei eineiigen Zwillingen (identisches Erbgut) häufiger beide Zwillinge stottern als bei zweieiigen Zwillingen (unterschiedliches Erbgut). All dies spricht dafür, dass Stottern vererbbar sein kann.
Aber: Der Bundesvereinigung zufolge ist Stottern jedoch nicht direkt vererbbar. Vermutlich wird die Veranlagung zum Stottern vererbt. Das heißt, das Kind bekommt eine gewisse Stotterneigung mit in die Wiege gelegt. Das heißt aber nicht automatisch, dass es stottern wird. Experten gehen davon aus, dass die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kind stottert, zu 70 bis 80 Prozent genetisch bedingt ist. Einflüsse aus der Umgebung spielen zu lediglich 20 bis 30 Prozent eine Rolle.
Stotter: Unflüssigkeit bei Kindern und Kleinkindern
Im Alter zwischen drei und fünf Jahren stottern die meisten Kinder zeitweilig. Meist verliert sich das Hadern mit der Sprache aber wieder. Lediglich bei einem Viertel der Betroffenen wird daraus ein dauerhaftes Problem. Genaue Ursachen für die Redeflussstörungen können Forscher bisher jedoch nicht benennen.
Wenn Menschen von den Redeflussstörungen betroffen sind, kann eine gezielte Stottermodifikation helfen: Selbstbewusster Umgang mit dem Sprechen, Ergotherapie und Sprachübungen durch eine Stottertherapie, etwa im Rahmen der Logopädie, können einer Verschlimmerung der Sprachstörung entgegenwirken. Im Rahmen der Stottertherapie lernen die Betroffenen einen neuen Sprechablauf mit dem Ziel, den Sprachfehler möglichst einzudämmen.
Lesen Sie hier mehr zu 4 Ansätzen einer Stottertherapie.
Stottern bei Erwachsenen
Etwa 800.000 erwachsene Deutsche stottern – der gestörte Redefluss besteht meist seit Kindertagen. Nur sehr selten zeigt sich das Stottern im Erwachsenenalter zum ersten Mal. Mit fortschreitendem Alter sinken die Chancen, die Sprachstörung völlig zu überwinden, aber entsprechende Stottertherapien können den Umgang mit den Unflüssigkeiten beim Sprechen erleichtern.
Während im Kindesalter auf drei stotternde Jungs nur ein stotterndes Mädchen kommt, verschiebt sich das Verhältnis der von den Redeflussstörungen betroffenen Männer und Frauen bei den Erwachsenen auf 9:1 – Männer sind also in allen Altersgruppen stärker von dem Sprachfehler betroffen.