Expertenrat: Lipödem – das hilft gegen krankhafte Fettansammlungen
Gewichtszunahme oder Lipödem – wie erkennt man die krankhafte Fettverteilung an Beinen und Armen?
Dr. Katrin Lossagk: Lipödem-Patientinnen haben oftmals einen langen Leidensweg hinter sich. Bevor die Erkrankung erkannt und professionell behandelt wird, vergehen nicht selten Jahre. Häufig ist es selbst für Hausärzte schwierig, ein Lipödem gerade im Anfangsstadium von einer bloßen Gewichtszunahme zu unterscheiden. Ein Hinweis, dass es sich um ein Lipödem handeln kann, ist, wenn selbst Sport und Diäten keine Verbesserung ergeben. Ein auf Lipödem-Behandlungen spezialisierter Arzt ist der beste Ansprechpartner für eine sichere Diagnose und fachgerechte Therapie.
Gelbe Seiten: Welche Symptome sind typisch für ein Lipödem an den Beinen?
Dr. Katrin Lossagk: Von der Fettverteilungsstörung sichtbar betroffen sind die Beine, im späteren Verlauf auch Arme. Besonders an den Beinen sind die Volumenveränderungen auffallend, weshalb das Lipödem umgangssprachlich oft als „Säulenbein“ bezeichnet wird. Der restliche Körper ist zunächst unauffällig. Im weiteren Verlauf können aber auch zusätzliche Areale betroffen sein, was zu erheblichen Beschwerden führen kann. Hände und Füße bleiben immer schlank.
Ist ein Lipödem also kein rein ästhetisches Problem?
Dr. Katrin Lossagk: Nein. Nicht nur ästhetisch bereitet ein Lipödem, von dem vor allem Frauen betroffen sind, oft erhebliche Probleme. Im fortgeschrittenen Stadium führt die Veränderung der Fettzellen dazu, dass die betroffenen Körperteile vermehrt Wasser einlagern. Erkennbar ist das an Schwellungen, Druckgefühlen bis hin zu Schmerzen sowie Berührungsempfindlichkeit. Im fortgeschrittenen Stadium treten die Beschwerden vermehrt auch in Ruhe auf. Optisch zeigt das Hautgewebe zuerst eine unregelmäßige, Cellulite-ähnliche Struktur. Im progressiven Verlauf kann das Gewebe vernarben und verhärten. Es entstehen große Hautlappen und Hautwülste aus Fett, Bindegewebe und Wasser. Das beeinträchtigt schließlich auch die Bewegungsfähigkeit.
Was sind häufige Lipödem-Ursachen? Woher kommt die krankhafte Fettansammlung?
Dr. Katrin Lossagk: Die Ursachen des Lipödems sind nicht abschließend geklärt. Als ziemlich sicher gilt, dass sowohl die Genetik als auch die Hormone wesentlichen Einfluss auf die Entstehung haben. In den meisten Fällen tritt die schmerzhafte Fettansammlung bei Frauen nach einer hormonellen Veränderung wie Pubertät oder Schwangerschaft auf.
Ist ein Lipödem heilbar?
Dr. Katrin Lossagk: Heilbar ist ein Lipödem nicht. Mit Ernährung und Bewegung lassen sich die krankhaften Veränderungen des Fettgewebes nicht rückgängig machen. Mit einer Therapie lassen sich mögliche Beschwerden in der Regel lindern. Ziel der konservativen Therapie ist es, den Lymphfluss zu verbessern. Die sogenannte Lymphdrainage hilft, Druckgefühle, Schwellungen und Schmerzen zu lindern, da dadurch die Gewebeflüssigkeit schneller abtransportiert werden kann. Ebenfalls unterstützen Schwimmen, Aquajogging und Aquagymnastik den Abtransport der Lymphflüssigkeit. Eine Kompressionsversorgung, etwa mit Kompressionsstrümpfen, wird von vielen Betroffenen ebenfalls als unterstützend empfunden.
Welche Lipödem-Therapie hilft nachhaltig?
Dr. Katrin Lossagk: Verspüren die Betroffenen einen starken Leidensdruck, kommt eine Absaugung der Fettzellen in Betracht. Die Fettabsaugung ist die einzige Behandlung, welche die Schmerzen und die Körperform der Betroffenen langfristig verbessern kann. Erneute Lipödeme in den bereits abgesaugten Arealen sind zudem sehr unwahrscheinlich.
Was genau passiert bei der Liposuktion?
Dr. Katrin Lossagk: Bei einer Liposuktion wird das kranke Unterhautfettgewebe in Narkose abgesaugt. Hierfür führt der behandelnde Arzt oder die Ärztin eine dünne Kanüle in die betreffenden Hautstellen ein und saugt die Fettzellen aus der Haut. Je nach Umfang dauert der Eingriff zwischen ein und drei Stunden.
Welche Risiken birgt eine Fettabsaugung?
Dr. Katrin Lossagk: Wie jede Operation ist auch eine Liposuktion mit Risiken verbunden. Die behandelnden Ärzte klären im Rahmen eines Vorgesprächs ausführlich über mögliche Komplikationen auf. Häufig kommt es zu Schwellungen und Blutergüssen. Diese bilden sich innerhalb des Heiljahres aber vollständig zurück.
Zahlen die Krankenkassen die Fettabsaugung bei einem Lipödem?
Dr. Katrin Lossagk: Die Kosten einer Lipödem-Therapie übernehmen die Krankenkassen in der Regel höchstens im fortgeschrittenen Stadium 3, wenn ein BMI unter 35 vorliegt. Betroffene sollten sich vor den Eingriff mit ihrer Krankenkasse in Verbindung setzen und nachfragen, ob die Kosten ganz, teilweise oder nicht übernommen werden. Übernehmen die Krankenkassen die Kosten, sollte man nachfragen, welche Voraussetzungen gegeben sein müssen. Viele verlangen beispielsweise VOR dem Eingriff einen Kostenvoranschlag sowie weitere Unterlagen.
Frau Dr. Lossagk, vielen Dank für das Gespräch.
Mit freundlicher Unterstützung des Pressebüros Brenneke und LIPOCURA in der Münchner Klinik mednord und der Kölner Beethoven-Klinik.
Dr. Katrin Lossagk ist Ärztliche Leiterin bei LIPOCURA in der Münchner Klinik mednord und der Kölner Beethoven-Klinik.