Was ist Vulvodynie? Ursachen für den Schmerz an der Scheide
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Was ist Vulvodynie? Ursachen für den Schmerz an der Scheide

Vulvodynie, auch Vestibulitis oder Vestibulitis Vulvae Syndrom (VVS) genannt, ist eine der häufigsten Gründe, warum Frauen starke Schmerzen beim Geschlechtsverkehr (Dyspareunie) verspüren. Ursache der schmerzhaften Vulva ist nicht abschließend geklärt. Die Therapie ist schwierig: Intimpflege, Antimykotika, Virostatika und Östrogenanwendungen bringen keine Linderung. Was wissen Ärzte über Vulvodynie? Ursachen, Symptome und Behandlung der schmerzenden Scheide.

Vulvodynie-Symptome: Schmerzen am Scheideneingang

Frauen mit Vulvodynie leiden unter starken Schmerzen der Scheide (Vulva). Manchen Frauen bereitet sogar das Tragen von Unterwäsche Beschwerden. Das Erscheinungsbild der Vulvodynie kann unterschiedlich ausgeprägt sein: Während manche Frauen am Scheideneingang Schmerzen verspüren oder an anderer lokaler Stelle, leiden andere im gesamten äußeren Genitalbereich unter Schmerzen.

Die Schmerzen können stechend, brennend oder juckend sein. Häufigstes Vulvodynie-Symptom sind Schmerzen am Scheideneingang (Vestibulum) bei Berührung (Druck). Auch beim Urinieren können Brennen und Schmerzen auftreten.

Manchmal sind Rötungen und winzige Gewebeverletzungen sichtbar. Oftmals lassen sich die Gewebeveränderungen nur mit einem Kolposkop, einer Art Lupe, erkennen. Ohne Vergrößerung erscheint der Scheideneingang meist unauffällig. Migräne, Reizdarmsyndrom, Reizblase oder eine Fibromyalgie sind Begleiterkrankungen, die recht häufig mit der Vulvodynie auftreten.

Wie viele Frauen sind von Vestibulitis betroffen?

Schätzungen zufolge sind fünf bis zehn Prozent der Frauen von Vestibulitis betroffen. Schmerzen bei Berührung der Vulva, Schmerzen beim Sex, Schmerzen beim Radfahren oder Sitzen, Schmerzen beim Sport, Probleme mit Tampons – und keine Diagnose: Betroffene Frauen haben oft einen langen Leidensweg hinter sich, bis sie die Diagnose Vulvodynie gestellt bekommen. Ihre Schmerzen sind sie dann aber noch lange nicht los. Denn: Untersuchungen zeigen keine Erkrankung der Vulva. Die Beschwerden sind idiopathisch, also ohne erkennbare Ursache. Das macht die Therapie schwierig.

Die Vulvare Vestibulitis gilt als chronisches Schmerzsyndrom. Die betroffenen Frauen leiden oft jahrelang unter starken Schmerzen im Bereich des Scheideneingangs, bis eine Therapie anschlägt.

Vulvodynie-Ursachen: Woher der Schmerz an der Scheide kommt

Die Ursache der starken Schmerzen der Scheide sind nicht abschließend geklärt. Meist ist das Gewebe unauffällig, selten finden sich Rötungen und winzige Gewebeverletzungen. Therapien zur Bekämpfung von Bakterien, Viren und Pilzen bleiben ohne Erfolg. Auch Hormonbehandlungen zeigen kein Ergebnis. Eine angepasste Intimhygiene kann die Schmerzen ebenfalls nicht lindern.

Experten gehen von einem multifaktoriellen Geschehen aus, das heißt: Mehrere Einflussgrößen lösen das Schmerzsyndrom aus. So ist bekannt, dass sich in der Vorgeschichte der betroffenen Frauen häufig psychosoziale Stressfaktoren finden lassen. Das können Depressionen, Angst- und Panikstörungen, schwere Enttäuschungen oder Kränkungen sein. Diskutiert wird zudem, inwieweit eine jahrelange Einnahme von östrogenhaltigen Verhütungspillen eine Vulvodynie begünstigen kann. Auch autoimmune Prozesse sowie autonome Schmerzmechanismen werden für die Entstehung der Vulvodynie verantwortlich gemacht, ebenso eine genetische Prädisposition und eine erhöhte Aktivität des Sympathikus. Wiederholte Scheidenpilzinfektionen sind ebenfalls als möglicher Auslöser im Gespräch.

Vulvodynie-Diagnose: Wie Vestibulitis erkennen?

Zuerst nimmt der Arzt in einem ausführlichen Gespräch (Anamnese) die Beschwerden der Patientin auf und erfragt die gynäkologische Vorgeschichte. In den weiteren Schritten erfolgt die Diagnose Vulvodynie über ein Ausschlussverfahren: Andere mögliche Erkrankungen werden als Schmerzursache ausgeschlossen. Dann wird die genaue Schmerzregion eingegrenzt. Beim Wattestäbchen-Test übt der Arzt an verschiedenen Stellen Druck auf das Gewebe aus und kann so feststellen, wo die Schmerzbereiche liegen.

Verdacht auf Vulvodynie – zu welchem Arzt?

Bei Schmerzen im Intimbereich sollten Frauen immer einen Gynäkologen beziehungsweise eine Gynäkologin aufsuchen. Stellt dieser oder diese nach Ausschluss anderer Erkrankungen die Diagnose Vulvodynie, können sich betroffene Frauen zur weiteren ergänzenden Unterstützung an Unikliniken mit speziellen Vulvasprechstunden wenden oder an Dysplasiezentren sowie andere Fachärzte, die auf Vulvodynie spezialisiert sind. Der behandelnde Frauenarzt kann die Suche nach entsprechenden Anlaufstellen unterstützen. Ebenfalls können Dermatologen (Hautarzt), Neurologen (Nervenarzt) und Schmerzmediziner die Therapie begleiten.

Vulvodynie-Behandlung: Kann der Arzt die Schmerzen der Scheide lindern?

Wie anfangs bereits angedeutet, ist die Behandlung der Vulvodynie nicht einfach. Eine spezielle Behandlung gibt es nicht, da keine bestimmte Ursache bekannt ist. Gynäkologen und Gynäkologinnen versuchen, mit Hilfe eines multimodalen Therapiekonzepts die Beschwerden der Patientin zu lindern. Das bedeutet, dass sich die Behandlung der Vulvodynie aus verschiedenen Bausteinen zusammensetzt, darunter:

  • Schmerzlinderung mit Medikamenten (beispielsweise Tabletten oder örtlich betäubende Salben mit dem Wirkstoff Lidocain oder Capsaicin).
  • Die Gabe von Antihistaminika bei vorherrschendem Juckreiz.
  • Schmerztherapie.
  • Physiotherapie oder Begleitung durch einen Osteopathen, um die Beckenbodenmuskulatur entspannen zu lernen und zu dehnen.
  • Begleitung eines Psychologen/ einer Psychologin, um mögliche psychische Belastungen zu bearbeiten.
  • Erlernen von Entspannungstechniken – etwa Meditation oder Autogenes Training – für einen besseren Umgang mit den Schmerzen.
  • Möglicherweise die Gabe von Antidepressiva, um dem chronischen Schmerz entgegenzuwirken.
  • Durchführung sanfter Sportarten wie Yoga. Diese können einen lindernden Effekt auf das Schmerzempfinden haben.
  • Das Spritzen von Botulinumtoxin, bekannt als Botox, kann möglicherweise helfen. Die Injektionen mit Botulinumtoxin kommen bei langandauernden Schmerzen in Frage, die auf Medikamente nicht ansprechen.
 Ist der Leidensdruck der betroffenen Frauen sehr groß, gibt es die Möglichkeit der Vestibulektomie. Hierbei wird mittels eines operativen Eingriffs der schmerzende Bereich entfernt wird. Frauen, die sich für diesen Schritt interessieren, sollten sich ausführlich über Chancen und Risiken beraten lassen und bei Unsicherheiten nicht zögern, eine zweite Meinung bei einem anderen Spezialisten einzuholen. Wichtig zu wissen ist: Die bei der Operation entfernten Nervenstränge können nachwachsen und erneut Schmerzen verursachen.  
Viele Frauen fragen sich, ob sie mit einem Vulvodynie-Selbsttest herausfinden können, ob Vulvodynie die Ursache ihrer Beschwerden ist. Von einem Selbsttest ist in diesem Fall abzuraten, da es viele Ursachen für Schmerzen der Vulva geben kann und die dahintersteckenden Erkrankungen behandlungsbedürftig sind. Daher sollte bei Schmerzen im Intimbereich immer eine Gynäkologin oder ein Gynäkologe aufgesucht und die Ursache geklärt werden.
Da die Heilung der Vulvodynie nicht möglich ist, ist das Behandlungsziel die Symptomkontrolle. Hierbei spielen Schmerzmittel eine Rolle. NSAR wie Ibuprofen, Diclofenac, Naproxen und Acetylsalicylsäure können versucht werden, zeigen aber meist nicht den erhofften Erfolg. Im Rahmen einer Schmerztherapie können Opioide zur Anwendung kommen, aber auch bestimmte Antidepressiva mit schmerzlindernder Wirkung. Möglich ist es zudem, mit lokal wirkenden Medikamenten, sogenannten Lokalanästhetika, den Schmerz zu hemmen. Frauen tragen dann eine Salbe mit betäubenden Wirkstoffen auf, beispielsweise mit Lidocain.

Quellen:

Vulvodynie – Die Behandlung in der Frauenarztpraxis mit der Patientin gemeinsam gestalten!“ Online-Publikation der Deutschen Gesellschaft für Psychosomatische Frauenheilkunde und Geburtshilfe e. V. (DGPFG).

Vestibulodynie/ Vulvodynie. Online-Information von Dr. med Kirsten Babilas. Privatpraxis für Gynäkologie und Geburtshilfe in Regensburg.

Schmerzhafte Vulva: Vulvodynie, Vestibulitis. Online-Magazin von Frauenheilkunde aktuell FHA.

Das Vestibulitissyndrom. Erklärungsmuster und Therapien. Online-Publikation des Schweizer Verlags Rosenfluh Publikationen AG.

Provozierte Vestibulodynie (Vulvare Vestibulitis). Online-Information von MSD Manual. Ausgabe für Patienten.

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
Ann-Kathrin Landzettel
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