Ein Leben ohne Gebärmutter: Was ist das MRKH-Syndrom?
MRKH-Syndrom-Symptome: Anzeichen auf die Fehlbildung
Das Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom, kurz MRKH-Syndrom, ist eine angeborene Erkrankung. Die betroffenen Frauen kommen damit auf die Welt. Meist wird das MRKH-Syndrom in der Pubertät zwischen dem 14. und 17. Lebensjahr diagnostiziert, wenn die Periode ausbleibt (Amenorrhoe) oder Probleme beim „ersten Mal“ auftreten.
Davor zeigen sich bei den betroffenen Frauen keine Auffälligkeiten, da die äußeren Geschlechtsteile normal entwickelt sind. Nur selten fehlt der Eingang der Vagina – was bereits im Kleinkindalter bei Untersuchungen auffällt. In den meisten Fällen zeigt sich erst im Ultraschall oder auf dem Röntgenbild, dass die Gebärmutter nicht oder nur im Ansatz vorhanden ist und die Vagina, also der Gang, der zur Gebärmutter führt, fehlt. Die Eierstöcke hingegen sind im Regelfall normal angelegt. Mediziner unterscheiden:
- MRKH-Syndrom Typ 1: entspricht einem isolierten Fehlen von Vagina und Gebärmutter (isolierte utero-vaginale Aplasie).
- MRKH-Syndrom Typ 2: entspricht einem Fehlen von Gebärmutter und Vagina sowie dem Auftreten weiterer Fehlbildungen (utero-vaginale Aplasie assoziiert mit anderen Fehlbildungen), etwa Nieren- oder Skelettfehlbildungen, Hörstörungen oder seltener Herzfehler.
MRKH und Kinderwunsch – ein Problem?
Da bei Patientinnen mit Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom Typ 1 und 2 die Gebärmutter (Uterus) fehlt, können die Frauen nicht schwanger werden und keine Kinder gebären. Da zudem die oberen zwei Drittel der Vagina fehlen, kommt es zu Schwierigkeiten beim penetrativen vaginalen Geschlechtsverkehr. Der Mann kann, abhängig von der individuellen Ausprägung des MRKH-Syndroms nicht oder nur ein kleines Stück eindringen. Da die Eierstöcke von MRKH-Betroffenen in der Regel normal und funktionsfähig sind, kann für Paare die Reproduktionsmedizin ein möglicher Weg sein, um eigene Kinder zu bekommen. Dann werden Eizellen entnommen und mit den Samenzellen des Mannes zusammengebracht. Über eine Leihmutterschaft, die in Deutschland allerdings nicht zugelassen ist, kann dann das Kind ausgetragen werden.
MRKH-Ursache: Warum kommt es zur Fehlbildung der Vagina?
Die MRKH-Ursache ist weitestgehend unbekannt. Was man weiß, ist, dass das Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom häufig sporadisch auftritt, aber oftmals auch einen genetischen Ursprung hat. In manchen Familien tritt das Syndrom vermehrt auf. Bislang wurden mehrere chromosomale Anomalien beschrieben, die mit der Krankheit in Zusammenhang stehen. Die Art der Fehlbildungen lassen Experten einen Entwicklungsdefekt des intermediären Mesoderms während der Embryogenese (bis zum Ende der vierten Woche des fetalen Lebens) vermuten. Dieser Entwicklungsdefekt führt zu der Veränderung der Organanlage.
MRKH-Diagnose: So erkennt der Arzt das Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom
Wie bereits erwähnt, ist die erste Auffälligkeit der genitalen Fehlbildung das Ausbleiben der Periode. Manches junge Mädchen bemerkt beim Erkunden des Körpers zudem, dass es mit dem Finger nicht oder nur ein wenig eindringen kann – was mit Schmerzen verbunden sein kann. Damit der Arzt die Diagnose MRKH-Syndrom stellen kann, ist bei Verdacht eine Ultraschalluntersuchung (Sonografie) der erste Untersuchungsschritt. Eine Magnetresonanztomografie (MRT) kann die Untersuchung ergänzen, um die Fehlbildung darzustellen. Weitere Untersuchungen folgen bei Bestätigung des Verdachts, um weitere Fehlbildungen zu erkennen, darunter:
- Nierensonographie: Ultraschall der Nieren.
- Wirbelsäulenradiographie: Radiologische Untersuchung der Wirbelsäule.
- Herzechographie: elektroakustische Prüfung und Aufzeichnung der Dichte des Herzgewebes mit Hilfe von Schallwellen.
- Audiogramm: grafische Darstellung des Hörvermögens.
MRKH-Syndrom behandeln: Wie Betroffenen geholfen werden kann
Beim MRKH-Syndrom Typ 2 arbeiten meist mehrere Fachärzte zusammen, um das Symptom-Spektrum zu behandeln, darunter Kinderärzte, Gynäkologen, Chirurgen, Orthopäden, Nephrologen, Endokrinologen, Kardiologen und Hals-Nasen-Ohrenärzte, aber auch Psychologen, zur psychischen Begleitung. Denn für die betroffenen Frauen ist die Diagnose ein Schock. Zu hören, dass sie keine Kinder bekommen können, ist eine enorme Belastung. Hinzu kommt, dass sich viele aufgrund der Fehlbildung nicht als vollständige Frau fühlen. Hinzu kommen Ängste, nie Geschlechtsverkehr haben zu können und deswegen keinen Partner zu finden.
Nicht-chirurgische Behandlung mit Vaginaldilatatoren
Bevor Frauen an eine Operation denken sollten, ist die nicht-chirurgische Behandlung einen Versuch wert: Bei der Methode nach der „Frank’schen Dehnung Originalmethode“ von 1938 wenden die Frauen Vaginaldilatatoren am Vaginalgrübchen an. Diese Dehnübungen sollten nach Frank drei Mal pro Tag für 20 Minuten über sechs bis zwölf Wochen hinweg durchgeführt werden. Länge und Stärke der Dilatatoren wird mit zunehmendem Trainingseffekt erhöht. Auch wenn die Originalmethode von Frank Glasdilatatoren empfiehlt: Plastikvibratoren und die Finger sowie – soweit möglich – Geschlechtsverkehr helfen ebenfalls, das Gewebe zu dehnen.
Da nicht jede Frau die zeitlichen Möglichkeiten hat, drei Mal täglich zu dehnen, wird die Originalmethode heutzutage so angepasst, dass sie in den Alltag der Betroffenen passt. Der Erfolg der mechanischen Dehnung ist abhängig davon, dass zumindest ein kleiner Vaginalrezessus vorhanden ist, also ein kleines Stückchen Vagina, in den der Dilatator eingeführt werden kann. Durch die Dehnübungen kann bei einigen Frauen das Gewebe soweit gedehnt werden, dass der Penis komplett aufgenommen werden kann. Wichtig zu wissen ist, dass regelmäßiges Training mit den Vaginaldilatatoren beziehungsweise Geschlechtsverkehr empfohlen ist, um einer möglichen Gewebeschrumpfung entgegenzuwirken.
Arzt verschreibt Sexshop
Dass das Training mit einem „Vibrator“ helfen kann, das Gewebe zu dehnen und weicher zu machen, damit der Partner immer ein Stück weiter eindringen kann, berichtet auch Janina. Auf dem You-Tube-Channel „TRU DOKU“ erzählt die 29-Jährige von ihren Erfahrungen mit MRKH und wie sie es geschafft hat, mit „Vibrator-Training“ Geschlechtsverkehr möglich zu machen. Bei ihr wurde das MRKH-Syndrom mit 17 Jahren festgestellt. Janina ist aufgrund ihrer fehlenden Menstruation zum Gynäkologen gegangen.
OP bei MRKH: Chirurgie für eine funktionierende Neovagina
Zeigt das Training mit den Vaginaldilatatoren nicht den gewünschten Erfolg und ist der Leidensdruck der betroffenen Frauen sehr groß, kann eine Operation bei MRKH eine Option sein. Dabei wird die Vagina künstlich aufgebaut. Es gibt verschiedene Operationstechniken. Welches chirurgische Verfahren bei MRKH für die betroffene Frau am besten geeignet ist, bespricht der behandelnde Arzt mit ihr – ebenso mögliche Risiken des Eingriffs. Das Ziel der verschiedenen Methoden ist, einen Raum zwischen Harnblase und Rektum zu bilden, der sich nach der Operation nicht wieder verschließt.
Bevor sich Frauen für eine MRKH-Operation entscheiden, sollten sie sich ausführlich beraten lassen. Mögliche Risiken des Eingriffs können beispielsweise Verletzungen von Harnblase, Harnröhre und Rektum sowie starke Blutungen sein. Auch die Verfahren selbst können postoperativ, also nach dem Eingriff, Komplikationen zeigen. Sind Frauen unsicher, ist es ratsam, dass sie sich eine zweite Meinung bei einem anderen Spezialisten einholen.
Quellen:
Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom. Online-Information von orpha.net, dem Portal für seltene Krankheiten und Orphan Drugs.
Leitlinienprogramm „Weibliche genitale Fehlbildungen“ der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG), der Österreichischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (OEGGG) und der Schweizerischen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (SGGG). AWMF-Register-Nr. 015-052.
Behandlung des MRKH-Syndroms. Online-Information des Kantonspitals Baden, Schweiz.
Sex und Liebe ohne Vagina – Janina (29): „Was macht mich zur Frau?“. You-Tube-Video, publiziert von TRU DOKU.
Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser-Syndrom (MRKH): Ist stets eine operative Therapie gerechtfertigt? Online-Information der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendgynäkologie e. V.
Aktuelles Management der angeborenen Vaginalaplasie (Mayer-Rokitansky-Küster-Hauser, MRKH-Syndrom). Publikation von Prof. Dr. Michael K. Hohl, publiziert auf den Seiten des Kantonspitals Baden, Schweiz.
Bei mir wurde ein MRKH-Syndrom festgestellt. Was bedeutet dies für mich? Online-Information des Universitätsklinikums Erlangen.