Systemische Sklerose: Ursachen, Symptome und Behandlung von Sklerodermie
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Systemische Sklerose: Ursachen, Symptome und Behandlung von Sklerodermie

Die systemische Sklerose, auch Sklerodermie genannt, ist eine Autoimmunerkrankung des Bindegewebes. Bei einer Autoimmunerkrankung ordnet das Immunsystem körpereigenes Gewebe fälschlicherweise als fremd ein und bildet entsprechende Autoantikörper. In Folge des Angriffs entstehen chronische Entzündungsprozesse, welche zu bleibenden Gewebeveränderungen führen. Bei der Sklerodermie stehen die Verdickung und Verhärtung der Haut mit Vermehrung des Bindegewebes im Zentrum des Krankheitsbildes. Daher ist sie den immunologischen Bindegewebserkrankungen, den sogenannten Kollagenosen, zugeordnet.

Was ist Sklerodermie?

Die Sklerodermie (sklero = hart, dermie = Haut) zählt zu den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen. Sie ist auf eine Fehlsteuerung des Immunsystems zurückzuführen. Die Immunabwehr stuft körpereigenes Gewebe als feindlich ein und bildet Autoantikörper, welche dieses bekämpfen. In Folge der Attacke entstehen bei der Sklerodermie Entzündungsprozesse, welche die Kollagenbildung und die Bildung anderer Proteine im Gewebe anregen. Es kommt zu einer Überproduktion. Das führt bei der Sklerodermie vor allem zu Veränderungen der Haut: Sie vernarbt, verdickt, verhärtet und vermehrt sich. Beispielsweise zeigen sich an den Händen Betroffener im Bereich der Fingergelenke verhärtete Hautstellen, die oft unangenehm jucken. Und nicht nur das: Durch die Verhärtung des Bindegewebes wird auch die Flexibilität der Haut eingeschränkt. Die Bewegungsfähigkeit der Finger wird schlechter. Zudem belasten Gelenk- und Muskelbeschwerden die Betroffenen. Des Weiteren gehören Gefäßentzündungen zum Krankheitsbild und auch verschiedene Organe können betroffen sein, etwa der Darm, die Lunge oder die Nieren.

Formen der Sklerodermie

Ärzt:innen unterscheiden verschiedene Formen der Sklerodermie. Die zirkumskripte Sklerodermie ist auf das Bindegewebe der Haut beschränkt. Sie kann den Betroffenen stören oder einschränken, ist aber keine lebensbedrohliche Erkrankung, da keine inneren Organe betroffen sind. Anders ist das bei der progressiven systemischen Sklerose. Bei dieser sind innere Organe und das Gefäßsystem betroffen. Daher ist auch von systemischen Sklerosen die Rede. Diese Form der Sklerodermie kann zu erheblichen körperlichen Beeinträchtigungen führen und die Lebensqualität Betroffener stark einschränken.

Zu den systemischen Sklerosen gehören unter anderem:

  • Diffuse Sklerose
  • Limitierte Sklerose (mit Sonderform CREST)
  • Overlap-Syndrom (mit Sonderform SHARP-Syndrom)

Sklerodermie-Ursachen: Woher kommt die Autoimmunerkrankung?

Die Sklerodermie gehört zu den seltenen Krankheiten. Angaben der Deutschen Rheuma-Liga Bundesverband e. V. zufolge von 100.000 Deutschen weniger als 50 Menschen an Sklerodermie erkrankt. Frauen würden viermal häufiger erkranken als Männer. Krankheitsbeginn sei meist im mittleren Lebensalter, so der Verband. Die genaue Ursache der Erkrankung – also warum der Körper plötzlich sich selbst angreift – ist unbekannt. Experten vermuten eine genetische Ursache. Diese muss allerdings nicht zwingend zum Ausbruch der Autoimmunkrankheit führen. Diskutiert wird, dass zu der genetischen Veranlagung bestimmten Stressfaktoren hinzukommen müssen. Das kann beispielsweise eine schwere Infektion sein. Man kann sich das in etwa so vorstellen: Das Immunsystem ist bereits wachsam. Plötzlich droht Gefahr von außen, etwa durch einen Virus oder eine chemische Substanz. Durch diesen Trigger verliert das Immunsystem die Orientierung und bildet fälschlicherweise Antikörper gegen körpereigenes Gewebe.

Lesetipp: Immunsystem einfach erklärt: So funktionieren die Abwehrkräfte.

Ist Sklerodermie heilbar?

Heilbar ist Sklerodermie – ebenso wie andere Autoimmunerkrankungen – nicht. Hat das Immunsystem die Abwehr gegen körpereigenes Gewebe „gelernt“, vergisst es diese nicht mehr. Dieser Mechanismus kann nicht gelöscht werden. Noch nicht: Wissenschaftler:innen erforschen seit einigen Jahren Möglichkeiten, mit welchen sich das Immungedächtnis in Zukunft möglicherweise überschreiben beziehungsweise löschen lässt. Für Betroffene mit einer Autoimmunkrankheit wäre das ein Geschenk.

Welche Symptome bei Sklerodermie? Systemische Sklerose erkennen

Betroffene bemerken als frühes Sklerodermie-Symptom das Raynaud-Syndrom („Weißfingerkrankheit“). Das hauptsächliche Kennzeichen der Sklerodermie sind Veränderungen der Haut, besonders der Finger (Hautfibrose):

  • Raynaud-Syndrom (Mehr als 90 Prozent der von systemischer Sklerodermie Betroffenen zeigen ein Raynaud-Syndrom an Fingern und Zehen.)
  • Schwellungen
  • teilweise Blaufärbung der Haut
  • Hautverdickung
  • gespannte Haut (Gefühl eines zu kleinen Handschuhs)
  • Manchmal schmerzhafte Verkalkungen (Calcinosen) in Nähe der kleinen Gelenke, die teilweise als harte Knoten tastbar sind.
  • starke Bewegungseinschränkung im fortgeschrittenen Verlauf („Krähenfinger“, Sklerodaktylie)
  • Verkrümmungen von Fingern und Fußzehen
  • Gelenkschäden
  • manchmal kleine Geschwüre an den Fingerspitzen oder Zehen

Ist das Gesicht betroffen, können die Verdickungen und Verhärtungen so stark ausgeprägt sein, dass sie die Mimik einschränken. Ist der Mund betroffen (Mikrostomie), kann es sein, dass sich dieser nur schwer öffnen lässt. Die Nahrungsaufnahme kann beeinträchtigt sein. Ist das Zungenbändchen betroffen, wirkt sich das auf die Zungenbewegung, das Kauen und das Schlucken aus sowie auf das Sprechen. Häufig sind Mund und Augen trocken. Manchmal ist diese Symptomatik auf das sekundäre Sjögren-Syndrom zurückzuführen. Sind Brust und Schultern betroffen, ist die Haut gespannt, glänzend und die Beweglichkeit im fortgeschrittenen Verlauf meist erheblich eingeschränkt. Es kann zu Einblutungen der Haut kommen.

Wenn Sklerodermie innere Organe betrifft

Bei der systemischen Sklerodermie sind innere Organe und das Gefäßsystem von der ständig überschießenden Immunreaktion betroffen. Häufig ist die Lunge mitbeteiligt, was mit Atemnot und Husten verbunden ist. Ist das Herz betroffen, können sich eine Herzschwäche sowie Herzrhythmusstörungen ausbilden. Bei den Nieren können die anhaltenden Entzündungsprozesse und die Gewebeveränderungen in seltenen Fällen zu einem Nierenversagen führen. Vernarbungen und Verhärtungen im Darm können die Darmbewegung einschränken und Verdauungsprobleme verursachen. Bei Spezialuntersuchungen lassen sich bei bis zu 80 Prozent der Betroffenen Veränderungen im Verdauungstrakt feststellen – auch bei beschwerdefreien Betroffenen. Bei einer Beteiligung der Speiseröhre ist Sodbrennen eine häufige Folge. Zudem haben Betroffene oft mit Erschöpfung, Müdigkeit und Krankheitsgefühl (grippeähnlich) zu kämpfen.

Lesetipp: Die häufigsten Ursachen für Verstopfung und harten Stuhlgang.

Systemische Sklerose behandeln: Diese Sklerodermie-Therapien gibt es

Die Sklerodermie-Behandlung richtet sich nach den Organen, die von der Gewebeveränderung betroffen sind. Die Beschwerden an den Händen lassen sich unter anderem mit einer guten Hautpflege sowie mit Bewegungstherapie, Massagen und Ergotherapie lindern. Zeigen Betroffene das Raynaud-Syndrom, bei dem sich die Gefäße in den Händen – vor allem bei Kälte – verkrampfen und die Durchblutung beeinträchtigt ist, kann der behandelnde Rheumatologe oder die Rheumatologin gefäßerweiternde Medikamente verschreiben. Handschuhe und Handwärmer wirken einem Auskühlen der Hände entgegen. Juckt die betroffene Haut stark, können Antihistaminika Linderung bringen. Brennt die Haut, helfen Antiepileptika.

Bei Beschwerden im Bereich des Darms können bewegungsfördernde Medikamente die Darmfunktion unterstützen. Spezielle Blutdruckmedikamente werden bei einer Nierenbeteiligung verabreicht. Ist die Lunge betroffen, kann man das Lungengewebe mit immunsupprimierenden Medikamenten vor weiteren Schäden schützen. Diese Medikamente dämpfen die Aktivität des Immunsystems. Auch Atemgymnastik und Inhalationen werden von Betroffenen häufig als wohltuend empfunden. Bei Sodbrennen helfen Säureblocker, die Symptome zu lindern. Bei Gelenk- und Muskelentzündungen kommen in der Regel die Basismedikamente der Rheumatologie zur Anwendung.

Lesetipp: Ratgeber „Sodbrennen“ von Gelbe Seiten.

Sklerodermie ist nicht heilbar. Dennoch können die Beschwerden der Betroffenen mit organspezifischen Therapien oft gut behandelt werden. Das verbessert nicht nur die Lebensqualität der Betroffenen und hilft, weiteren Schädigungen von Bindegewebe, Gelenken und Organen vorzubeugen, sondern verbessert auch die Lebenserwartung. Für den Therapieerfolg entscheidend ist eine individuell auf das Krankheitsbild der Sklerodermie abgestimmte Behandlung. Je früher die Diagnose gestellt wird, desto besser können die Behandlungserfolge und die Symptomlinderung sein. Wie die Sklerodermie verläuft, lässt sich nicht vorhersagen. Während manche Betroffene in ihrer Lebensqualität und Lebenserwartung kaum eingeschränkt sind, können bei schwereren Verläufen erhebliche Organschädigungen auftreten, welche auch die Lebenserwartung herabsetzen. Die behandelnden Ärzt:innen werden mit dem oder der Betroffenen besprechen, was getan werden kann.
Bei einer systemischen Sklerose führt das fehlgeleitete Immunsystem dazu, dass die Fibroblasten übermäßig aktiviert werden. Fibroblasten produzieren Kollagen – was für die Reparatur von geschädigtem Gewebe wichtig ist. Eine Überproduktion von Kollagen führt dazu, dass sich im Gewebe narbenähnliche Strukturen ausbilden. Das Gewebe verdickt und versteift. Sklerodermie kann daher auch als „übermäßiger Heilungsprozess“ verstanden werden.
Man geht davon aus, dass ursprünglich bereits eine genetische Veranlagung vorhanden ist. Doch diese führt nicht zwangsläufig zu einem Ausbrechen der Autoimmunerkrankung. Expert:innen gehen davon aus, dass es einen (oder mehrere) Trigger geben muss, die schließlich dazu führen, dass das Immunsystem überreagiert und sich gegen eigene Strukturen richtet. Als Trigger diskutiert werden unter anderem Infektionen mit Viren und Bakterien, bestimmte Substanzen wie Medikamente oder Siliziumstaub, eine Einwirkung der Geschlechtshormone (Frauen sind häufiger betroffen) sowie Tumore.

Quellen:

rheuma-liga.de: „,Systemische Sklerose (Sklerodermie),“. Online-Information der Deutschen Rheuma-Liga Bundesverband e. V.

sklerodermie-selbsthilfe.de: „,Varianten der zirkumskripten (lokalen) Sklerodermien,“. Online-Information der Sklerodermie Selbsthilfe e. V.

sklerodermie-selbsthilfe.de: „,Sklerodermie – Was ist das?,“. Online-Information der Sklerodermie Selbsthilfe e. V.

awmf.org: „,S2k Leitlinie Diagnostik und Therapie der zirkumskripten Sklerodermie,“. Leitlinie der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) und Gesellschaft für Kinder- und Jugendrheumatologie (GKJR) in Zusammenarbeit mit der Sklerodermie Selbsthilfe e.V. Awmf-Register-Nr. 013-066.

msdmanuals.com: „,Systemische Sklerodermie,“. Online-Information von MSD Manual. Ausgabe für Patienten.

rheumaliga.ch: „,Sklerodermie (systemische Sklerose),“. Online-Information der Rheumaliga Schweiz.

rheumaliga-shop.ch: „,Systemische Sklerose. Leben mit einer chronischen Erkrankung,“. Online-Patientenbroschüre (PDF) der Rheumaliga Schweiz.

medizin3.uk-erlangen.de: „,Sklerodermie und Systemische Sklerose,“. Online-Information der Uniklinik Erlangen.









Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
Ann-Kathrin Landzettel
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