Kommunikation zwischen Eltern und Teenagern: In der Pubertät eine gemeinsame Sprache finden
Hormonbedingte Stimmungsschwankungen: schlechte Laune normal?
Während der Pubertät verstehen die Jugendlichen oft selbst nicht, was mit ihnen passiert: Mal sind sie gut drauf und happy und im nächsten Moment genervt, wütend oder traurig. Das ständige Auf und Ab, das auf die hormonelle Umstellung im Körper und die Herausforderung der Neuorientierung auf dem Weg zum Erwachsenwerden zurückzuführen ist, kann anstrengend sein –für den Jugendlichen ebenso wie für seine Eltern. Prallen dann das Sicherheitsdenken der Eltern und der Wunsch nach Autonomie und Freiräumen der Jugendlichen aufeinander, ist Stress meist vorprogrammiert.
Die Pubertät ist die Phase im Leben, in der Jugendliche sich von den Eltern abkapseln und ihren eigenen Weg gehen möchten. Sie wollen Zeit mit Freunden verbringen, „ihr Ding“ machen und eigene Entscheidungen treffen. Die Eltern wiederum betrachten die zunehmende Abgrenzung vom Elternhaus oft mit Sorge und versuchen, einen gesunden Kompromiss zwischen Schutz und Loslassen zu finden. Hier einen Mittelweg zu finden, ist nicht immer einfach. Oft kommt es zu Missverständnissen in der Eltern-Teenager-Kommunikation. Während besorgte Eltern als „uncool“ gelten, verletzt es Jugendliche zugleich, wenn sich die Eltern zu wenig interessieren. Jugendliche wünschen sich beides: Die Sicherheit und Geborgenheit des Elternhauses und zugleich größtmögliche Freiräume. Manche Jugendliche verschließen sich so sehr, dass Eltern gar nicht mehr mitbekommen, mit wem sie unterwegs sind und was sie machen. Keine leichte Situation. Das gegensätzliche Erleben der Familiendynamik erschwert die Eltern-Kind-Kommunikation und den Umgang miteinander teils erheblich.
Eltern-Teenager-Kommunikation: offenes und respektvolles Miteinander fördern
Am besten kommt die Familie mit den verschiedenen Bedürfnissen und Meinungen zurecht, wenn eine offene, ehrliche und respektvolle Kommunikation gefördert wird. So wird es möglich, trotz Streit und Meinungsverschiedenheiten in einer fairen Diskussion zu bleiben und gemeinsame Wege und Kompromisse zu finden. Jeder hat ein Grund für seine Ansichten und entsprechende Argumente. Wenn jeder versucht, auch die andere Seite nachzuvollziehen und zu respektieren, wird ein tiefer Austausch möglich. Eltern müssen lernen, Stück für Stück mehr loszulassen und Freiräume zu ermöglichen. Jugendliche müssen lernen, dass es Familienregeln gibt, an die man sich halten muss, die unumstößlich sind – und die ihren guten Grund haben.
Zuhören und Verständnis zeigen: Tipps für eine faire Eltern-Teenager-Kommunikation
Die folgenden Tipps können eine faire Kommunikation unterstützen und dabei helfen, dass „aus einer Mücke kein Elefant wird“:
- Im Streit sollten alle Beteiligten fair bleiben und nicht beleidigen.
- Knallen doch mal die Türen, am besten warten, bis der erste Zorn verraucht ist, und dann die Kommunikation suchen.
- Jeder sollte zu Wort kommen und seine Meinung mitteilen dürfen.
- Hören Sie ernsthaft zu und lassen Sie das Gegenüber ausreden.
- Vorwürfe sollten Sie vermeiden, ebenso Übertreibungen oder Verallgemeinerungen wie „immer“ oder „nie“.
- Formulieren Sie Ich-Botschaften. Dann fühlt sich das Gegenüber nicht so sehr angegriffen. Mit „Du hast…-Botschaften“ manövriert man die andere Person in eine Abwehrhaltung. Die Folge ist Verteidigung: „Du hast aber auch…“. Irgendwann dreht man sich im Kreis und holt Themen wieder hoch, die eigentlich schon geklärt waren.
- Nehmen Sie sich ausreichend Zeit für das gemeinsame Gespräch.
- Grenzen müssen beachtet und klare Familienregeln eingehalten werden.
- Ebenso sollte geklärt werden, welche Vereinbarungen konsequent eingehalten werden müssen und warum diese so wichtig sind.
- Dennoch sollte man gemeinsam schauen, wann welche Punkte auch mal gelockert werden können oder Ausnahmen möglich sind.
- Eltern sollten ihre Kinder nicht mit anderen vergleichen oder in diesem Zusammenhang gar abwerten.
- Handgreiflichkeiten, Schimpfworte, Abwertungen und Beleidigungen sind in der Eltern-Teenager-Kommunikation jedem Fall ein Tabu.
- Trotz Wut und Tränen: Akzeptieren Sie den Wunsch Ihres Kindes nach Rückzug – und zeigen und sagen Sie sich, wie wichtig Sie einander sind, wenn die „dicke Luft“ überstanden ist.
- Eltern und Kinder sollten nie unterschätzen, was die anderen Familienmitglieder mithören.
Wichtig: Es gilt, gemeinsam etwas zu klären. Es gibt keinen Schuldigen und keinen Sieger. Es gilt, Konflikte konstruktiv zu lösen.
Wenn trotz guter Vorsätze häufig die Fetzen fliegen oder manche Diskussionspunkte aussichtslos erscheinen und das Zusammenleben in der Familie stark belasten, kann es hilfreich sein, sich Unterstützung von außen durch eine neutrale Person zu suchen. Kontaktmöglichkeiten sind unter anderem psychologische Beratungsstellen, etwa die der bke (Bundeskonferenz für Erziehungsberatung) oder der Initiative „Familien unter Druck“.
Lesetipp: Antiaggressionstraining für Jugendliche: Zorn in den Griff kriegen.
Unser Kind hat extreme Stimmungsschwankungen – was sollen wir tun?
Ein Auf und Ab der Launen ist in der Pubertät normal. Doch manchmal können die Stimmungsschwankungen des Jugendlichen so stark ausgeprägt sein, dass Eltern sich fragen, ob das noch Teil des normalen pubertären Entwicklungsprozesses ist oder ob möglicherweise eine psychische Störung oder Erkrankung vorliegt. Laut der Stiftung Achtung!Kinderseele zählen psychische Probleme zu den häufigsten Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen, insbesondere Depressionen, Angststörungen und Essstörungen.
Aufmerksam werden und einen Arzt kontaktieren sollten Eltern laut der Stiftung, wenn sie folgende Symptome bei ihrem Kind beobachten: starke Angstgefühle, langanhaltende Traurigkeit und Leere, starke innere Getriebenheit und Unruhe, neu oder stärker auftretende Konzentrationsprobleme sowie psychosomatische Symptome wie häufige Kopfschmerzen oder Magen-Darm-Beschwerden. Veränderte Essgewohnheiten und starke Gewichtsabnahme können auf Magersucht oder Bulimie hinweisen. Kinder- und Jugendärzt:innen in Ihrer Nähe finden Sie über die Suche der Gelben Seiten.
Lesetipp: Ratgeber „Psychische Erkrankungen bei Kinder und Jugendlichen“ der Gelben Seiten.
Unser Kind spricht nicht mehr mit uns – wir sind besorgt
Nicht immer funktioniert die Eltern-Kind-Kommunikation. Manchmal möchten sich Jugendliche einfach nicht den Eltern mitteilen. Sie suchen ihren Raum und möchten ihre eigenen Lösungen finden. Gerade, wenn zuvor die Eltern-Kind-Beziehung sehr eng war, sind Eltern über die plötzliche Abgrenzung des Kindes oft besorgt. Sie kommen nicht mehr „dran“, kriegen nur noch wenig mit. Wissen kaum etwas über Freundeskreis und Schule. Was beschäftigt unser Kind gerade? Wie eine unsichtbare Mauer fühlt es sich manchmal an. Sogar die gute Beziehung zu den Geschwistern scheint abgekühlt zu sein. Das kann traurig machen und belasten. Aber das bedeutet nicht, dass das Kind seine Familie weniger lieb hat. Es sucht seinen Weg ins Erwachsensein und dazu braucht es die Abkapselung von zuhause und einen Raum der nur ihm oder ihr gehört. Was Eltern tun können: Möglichst Raum geben, zugleich aber auch signalisieren: Wir sind für dich da, wenn du uns brauchst und haben immer ein offenes Ohr.
Kritisch kann es sein, wenn sich der:die Jugendliche in einem Freundeskreis bewegt, der kein gutes Umfeld zu sein scheint, in dem beispielsweise Gewalt gelebt wird, Alkohol und Drogen konsumiert werden, viel geschwänzt wird oder andere schädigende Verhaltensweisen vorherrschen. Dann sollten Sie als Eltern aktiv werden. Sind Sie unsicher, wie Sie mit Ihrem Kind ins Gespräch gehen, klar Grenzen setzen und Regeln vereinbaren können oder verschließt sich das Kind komplett, suchen Sie sich Unterstützung. So gibt es beispielsweise die Nummer gegen Kummer auch für Eltern. Die Telefonberatung erreichen Eltern anonym und kostenlos unter 0800 111 0 550.
7 Grenzen, die Eltern und Jugendliche wahren sollten
Mit zunehmendem Ablöseprozess werden Jugendliche selbständiger. Sie verteidigen ihren privaten Raum. Diese Regeln zu respektieren ist ebenso wichtig wie der Respekt des Jugendlichen den familiären Regeln gegenüber, etwa, wann er oder sie zuhause sein muss. Bedeutsam für die Intimsphäre und ein vertrauensvolles Miteinander ist:
- Eine geschlossene Zimmertür zeigt: Ich/Wir möchte:n ungestört sein. Ist sie angelehnt oder offen: Ich/Wir bin/sind ansprechbar. Eltern und Jugendliche sollten das gegenseitig respektieren. Jeder Mensch braucht Rückzugsmöglichkeiten. Im Zweifel immer klopfen und erst dann reinkommen, wenn ein „Ja“ zu vernehmen ist.
- Briefe sind vertraulich und sollten immer nur vom Adressaten geöffnet werden.
- Im Handy schnüffeln? Ein No-Go für beide Seiten. Das gilt auch für den E-Mail-Account oder Tagebücher.
- Lauschen beim Telefonieren oder gar das Ohr an die Tür drücken, sind Grenzüberschreitungen. Man mag denn selbst abgehört werden?
- Möchte das Kind plötzlich im Bad alleine sein, nicht mehr in Unterwäsche gesehen werden oder mit dem Geschwisterchen nicht mehr baden, ist das die Entwicklung einer natürlichen Schamgrenze und sollte unbedingt respektiert werden.
- Der Geldbeutel der anderen ist Tabu, sofern nicht ausdrücklich etwas anderes vereinbart wurde.
- Je stärker Jugendliche das Gefühl haben, ihren Eltern gegenüber offen und ehrlich sein zu können und keine Angst vor Verurteilung, Lächerlich machen oder Abwertung haben zu müssen, desto offener werden sie im Austausch sein und desto eher werden sie bei Problemen Rat bei den Eltern suchen.
Quellen: