Candida auris-Fälle in Deutschland: Wie gefährlich ist der Pilz?
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Candida auris-Fälle in Deutschland: Wie gefährlich ist der Pilz?

Candida auris-Infektionen werden häufiger. Gesundheitsbehörden verschiedener Länder sind über die Ausbreitung zunehmend besorgt. Eine Infektion mit dem Hefepilz Candida auris kann bei bestimmten Risikogruppen unter Umständen zum Tod führen. Was macht den Pilz so gefährlich und wie ist die aktuelle Lage in Deutschland?

Was ist Candida auris?

Candida auris ist ein Hefepilz. Er wurde 2009 erstmals in Japan nachgewiesen – im Gehörgang eines Patienten. Diese Entdeckung wurde namensgebend für den Hefepilz: „Auris“ ist das lateinische Wort für Ohr. Doch auch andere Körperbereiche können befallen werden. Seit dem Bekanntwerden hat Candida auris weltweit Menschen infiziert – vor allem in den USA, Italien, Spanien und Großbritannien. Auf der interaktiven Karte der Website des Centers for Disease Control and Prevention (CDC) beispielweise lassen sich für die USA für das Jahr 2022 mehr als 2400 Fälle ablesen. Im Vergleich: 2018 waren es noch 330 Fälle. Eine deutliche Zunahme der Candida auris-Infektionen ist seit 2020/2021 zu verzeichnen.

Wie wird Candida auris übertragen? Ansteckungswege des Hefepilzes

Anders als das Coronavirus SARS-CoV-2 wird der Pilz nicht über Aerosole über die Luft übertragen, sondern als Schmierinfektion: Der Pilz kommt über kontaminierte Oberflächen, auf denen er wochenlang überleben kann, mit dem Körper in Kontakt. Vermehrte Fälle wurden vor allem in Pflegeeinrichtungen, ambulanten Praxen und Krankenhäusern bekannt. Eine besondere Rolle spielen dabei Medizinprodukte sowie Gegenstände und Flächen in der Umgebung von Patienten. Die Eigenschaft von Candida auris, bei Krankenhausausbrüchen von Patient zu Patient übertragen zu werden, sei „ein Alleinstellungsmerkmal unter allen pathogenen Candida-Arten“, ist im Deutschen Ärzteblatt zu lesen.

Was macht Candida auris so gefährlich?

Während gesunde Menschen den Pilz in der Regel gut abwehren können, drohen besonders bei immungeschwächten Menschen schwere bis lebensgefährliche Verläufe. Gelangt Candida auris in den Blutkreislauf, kann er eine gefährliche Blutvergiftung (Sepsis) verursachen. Auch die Lunge kann befallen werden. Und der Hefepilz birgt ein weiteres Risiko: Er ist gegenüber vielen Antimykotika (Medikament zur Pilzbekämpfung) resistent, was seine Behandlung erheblich erschwert. Aus diesem Grund sehen Gesundheitsbehörden die aktuell wachsenden Infektionszahlen mit Sorge.

Das Center for Disease Control and Prevention (CDC) der USA stuft die derzeitige Situation als „urgent threat“, also als „dringende Bedrohung“ ein. Das ist die höchste Priorisierungskategorie innerhalb der multiresistenten Krankheitserreger. Auch in der 2023 von der Weltgesundheitsorganisation WHO veröffentlichten Liste zur Priorisierung von Pilzen, die Infektionen des Menschen verursachen, hat Candida auris als einer von nur vier Erregern die höchste Prioritätsstufe. Das European Center for Disease Control (ECDC) warnt ebenfalls vor Candida auris.

Lesetipp: Sepsis: Definition, Symptome und Therapie der Blutvergiftung.

Candida auris: Situation in Deutschland

Wie ist die Situation in Deutschland einzuschätzen? Dr. Alexander Aldejohann vom Institut für Hygiene und Mikrobiologie der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) und seine Kolleg:innen werteten Daten des Nationalen Referenzzentrums für Invasive Pilzinfektionen (NRZMyk) und des Antibiotika-Resistenz-Surveillance-Netzwerks am Robert Koch-Institut (RKI) aus und erfassten alle Fälle, die in Deutschland bis Ende 2022 bekannt wurden: Das waren 43 Fälle. Mehr als die Hälfte dieser Fälle ist in den letzten zwei Jahren aufgetreten. In knapp 42 Prozent war ein Auslandsaufenthalt der Infektion vorausgegangen.

In 16 Fällen verlief die Pilzinfektion so schwer, dass die Betroffenen eine Behandlung benötigten, in acht Fällen hatte der Pilz bereits den Blutkreislauf befallen. Wie die aktuellen Zahlen aussehen, ist nicht bekannt, denn: Deutschland hat bislang keine Meldepflicht für die Pilzinfektion. Die Experten vermuten daher eine hohe Dunkelziffer. Studienleiter Professor Oliver Kurzai, Vorstand des Instituts für Hygiene und Mikrobiologie und Leiter des NRZMyk, hat beim Robert-Koch-Institut angeregt, eine Labormeldepflicht für den Erreger zu prüfen.

Candida auris: Behandlung durch Resistenzen erschwert

Die Würzburger Studie zeigt zudem, dass 80 Prozent der am NRZMyk verfügbaren Candida auris-Pilzstämme hoch-resistent gegenüber Fluconazol sind, einem gängigen Anti-Pilzmittel. In einem Fall lag eine Resistenz gegen Echinocandin vor, einer vergleichsweise neuen Substanzklasse zur Therapie von Pilzinfektionen. Auch einige weitere Antimykotika konnten gegen den Pilz nichts ausrichten. Die absolute Fallzahl an Candida auris-Infektionen in Deutschland ist derzeit zwar nach wie vor niedrig. Der deutliche Anstieg an Infektionsnachweisen während der vergangenen zwei Jahre und der Nachweis erster Übertragungsereignisse in Deutschland sollten jedoch als Alarmsignal gewertet werden, so das Fazit der Forscher.

Candida auris: Symptome der Pilzinfektion

Laut dem Center for Disease Control and Prevention (CDC) ist Candida auris nur schwer nachzuweisen. Die gute Nachricht aber ist: In Deutschland konnten 2018 im Rahmen eines landesweiten Ringversuchs 85 Prozent der über 200 teilnehmenden Labors Candida auris korrekt identifizieren. Die häufigsten Symptome einer invasiven Candida-Infektion sind dem CDC zufolge Fieber und Schüttelfrost, die sich nach einer Antibiotikabehandlung wegen einer vermuteten bakteriellen Infektion nicht bessern. Nur mit einem Labortest lässt sich eine Candida auris-Infektion zuverlässig diagnostizieren.

Lesetipp: Helfen Antibiotika gegen Erkältung? Alles über Wirkung, Resistenzen und Einnahme.

Quellen:

uni-wuerzburg.de: „Resistente Pilzart breitet sich aus“. Online-Information der Julius-Maximilians-Universität Würzburg. (Stand: 12. Mai 2023)

aerzteblatt.de: „Anstieg von Candida-auris-Fällen und erste nosokomiale Übertragungen in Deutschland“. Online-Information des Deutschen Ärzteblatts. (Stand: 11. Mai 2023)

aerzteblatt.de: „Candida auris: Steckbrief eines neuen Pilzes“. Online-Information des Deutschen Ärzteblatts. (Stand: 2019)

cdc.gov: „Candida auris: a drug-resistant germ that spreads in healthcare facilities“. Informationsblatt (PDF) des Centers for Disease Control and Prevention (CDC). (Stand: Aufgerufen am 23. Mai 2023)

cdc.gov: „Candida auris: a drug-resistant germ that spreads in healthcare facilities“. Online-Information des Centers for Disease Control and Prevention (CDC). (Stand: 2018)

pharmazeutische-zeitung.de: „Verdoppelung der Candida-auris-Infektionen in den USA“. Online-Information der Pharmazeutischen Zeitung. (Stand: 27. März 2023)

nrz-myk.de: „Kurzinfo: Candida auris“. Online-Information des Nationalen Referenzzentrums für invasive Pilzinfektionen (NRZMyk). (Stand: 2019)

leibniz-hki.de: „Candida auris: Ein Pilz verlangt Aufmerksamkeit“. Online-Information des Leibniz-Instituts für Naturstoff-Forschung und Infektionsbiologie – Hans-Knöll-Institut. (Stand: 2017)

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
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