Helfen Antibiotika gegen Erkältung? Alles über Wirkung, Resistenzen und Einnahme
Was sind Antibiotika?
Antibiotika zählen zu den bedeutendsten Fortschritten der Medizin im 20. Jahrhundert. Unter dem Begriff „Antibiotika“ werden verschiedene medizinische Wirkstoffe zusammengefasst, die gegen Infektionen mit Bakterien und einige wenige Pilze helfen. Gegen Viren sind Antibiotika wirkungslos. Die ersten Antibiotika, die in der Medizin eingesetzt wurden, waren Stoffwechselprodukte verschiedener Bakterien und Pilze, wie beispielsweise das Penicillin. In der modernen Medizin werden Antibiotika auch teil- oder vollsynthetisch hergestellt.
Welche unterschiedlichen Antibiotika gibt es?
Zu den wichtigsten Antibiotikagruppen gehören:
- Penicilline: Hemmen den Aufbau der bakteriellen Zellwand. Penicilline gehören zu den am besten verträglichen Antibiotika. Sie können meist auch während einer Schwangerschaft eingenommen werden.
- Cephalosporine: Haben eine ähnliche Wirkung wie Penizilline und werden meist dann verordnet, wenn Breitspektrumpenicilline wegen einer Allergie nicht eingenommen werden können. Sie werden in der Regel gut vertragen.
- Makrolide: Greifen in den bakteriellen Eiweißstoffwechsel ein. Werden häufig im Fall einer Penizillinallergie verschrieben.
- Tetrazycline: Greifen in den bakteriellen Eiweißstoffwechsel ein. Sie werden unter anderem bei Atemwegsinfektionen und Akne verschrieben.
- Gyrasehemmer: Greifen die Erbsubstanz der Bakterien an und stören so deren Stoffwechsel. Gyrasehemmer, wie beispielsweise Chinolone, werden in erster Linie bei Atem- und Harnwegsinfekten verordnet.
- Sulfonamide: Stören die Nucleinsäuresynthese, indem sie in den Folsäurezyklus eingreifen (wirken bakteriostatisch). Anwendungsgebiete sind Blasenentzündungen oder Salmonelleninfektionen.
- Bei schweren Infektionen: Werden Antibiotika wie Aminoglykoside (Gentamycin), Carbapeneme (Imipenem) oder Glycopeptide (Vancomycin oder Teicoplanin) eingesetzt.
Wie wirken Antibiotika?
Nicht jedes Antibiotikum wirkt gegen jedes Bakterium. Die Wahl des Antibiotikums ist abhängig von der zu behandelnden Erkrankung. Hinzu kommt, dass viele Bakterien zunehmend Resistenzen gegenüber bestimmten Antibiotika entwickeln. Das heißt, sie werden unempfindlicher gegen die Wirkstoffe. Das kann die Behandlung erheblich erschweren und den Einsatz verschiedener Antibiotika notwendig machen.
Abhängig vom verwendeten Antibiotikum ist der Wirkmechanismus unterschiedlich: Einige Antibiotika töten Bakterien ab (bakterizide Antibiotika), andere hemmen ihre Vermehrung im Körper, sodass das Immunsystem in der Lage ist, die vorhandenen Erreger zu bekämpfen (bakteriostatische Antibiotika). Der Wirkmechanismus beruht unter anderem darauf, dass die eingesetzte Substanz die Zellwand oder den Stoffwechsel der Mikroorganismen angreift.
Wann helfen Antibiotika?
Dringen Bakterien in den Körper ein, können sie schwere Entzündungsprozesse bis hin zu Organschäden verursachen. Häufige, in der Regel gut mit Antibiotika behandelbare, Erkrankungen sind Mandelentzündungen, eitrige Hautentzündungen sowie Blasenentzündungen. Deutlich schwerwiegender können durch Bakterien verursachte Lungenentzündungen oder Hirnhautentzündungen verlaufen.
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Wann helfen Antibiotika nicht?
Antibiotika helfen nicht, wenn Erkrankungen durch Viren verursacht sind. Daher sind Antibiotika wirkungslos bei Erkältung (grippaler Infekt), Grippe (Influenza), Masern und vielen Formen von Magen-Darm-Infekten, etwa ausgelöst durch Rota-, Noro- oder Adenoviren.
Wann Antibiotika bei Erkältung einnehmen?
Gegen Erkältungsviren können Antibiotika nichts ausrichten. Manchmal kann es aber passieren, dass das Immunsystem aufgrund einer Erkältung so geschwächt ist, dass krankmachende Bakterien in den Körper eindringen und sich vermehren. Mediziner sprechen dann von bakterieller Superinfektion. So kann in Einzelfällen zu einem viralen Infekt der Atemwege eine bakterielle Mittelohrentzündung oder eine Lungenentzündung auftreten.
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Antibiotika und Resistenzen: Wann werden Wirkstoffe unwirksam?
Ein großes Problem ist, dass viele Bakterienstämme zunehmend unempfindlicher gegenüber Antibiotika werden. Sie entwickeln Resistenzen, werden also widerstandsfähiger. Dann können eingesetzte Antibiotika wirkungslos sein und Erkrankungen schwer verlaufen. Besonders gefährlich ist es, wenn Bakterien gegenüber mehreren in Antibiotika eingesetzten Wirkstoffen unempfindlich werden (multiresistente Bakterien). Besonders in Krankenhäusern sind multiresistente Keime ein Risiko. Multiresistente Bakterien können über die Hände oder über Tröpfchen beim Husten, Niesen oder Sprechen von Mensch zu Mensch übertragen werden.
Je öfter Antibiotika zum Einsatz kommen, desto höher ist das Risiko, dass sich widerstandsfähige Bakterien entwickeln und ausbreiten. Experten warnen daher seit Jahren davor, Antibiotika ohne dringenden Verdacht auf eine behandlungsbedürftige bakterielle Infektion zu verschreiben beziehungsweise einzunehmen. Auch eine fehlerhafte Anwendung von Antibiotika sowie ein vorzeitiger Abbruch der Behandlung begünstigen die Entstehung resistenter Bakterien, da sie so überleben und sich weitervermehren können.
Antibiotika richtig einnehmen: Darauf kommt es an
Damit Antibiotika bei Erkrankungen wirken können und der Bildung von Resistenzen bestmöglich entgegengewirkt werden kann, sollten Antibiotika nur eingenommen werden, wenn tatsächlich Bakterien die Beschwerden verursachen. Ärztinnen und Ärzten sind solche Marker bekannt und mit Hilfe verschiedener Untersuchungsmethoden lassen sich Hinweise auf virale oder bakterielle Auslöser finden. Werden Antibiotika eingenommen, ist es wichtig, die Einnahmelänge (oft sieben bis zehn Tage), den Einnahmezeitpunkt (vor, nach oder während dem Essen), den Einnahmeabstand sowie die Dosierung einzuhalten, wie der Arzt es empfiehlt.
Wichtig: Nehmen Sie Antibiotika auch dann zu Ende, wenn Sie sich schon früher besser fühlen. Es ist wichtig, dass die Bakterien abgetötet werden. Überleben die Erreger, vermehren sie sich wieder und können eine Unempfindlichkeit entwickeln.
Auch ist es wichtig, den behandelnden Arzt oder die Ärztin über vorliegende Begleiterkrankungen zu informieren, ebenso über vorhandene Allergien sowie über Medikamente, die bereits eingenommen werden. So können manche Antibiotika die Wirkung von blutverdünnenden Medikamenten verstärken. Frauen sollten zudem unbedingt mitteilen, wenn sie schwanger sind oder stillen. All das muss bei der Wahl des Antibiotikums berücksichtigt werden.
Antibiotika und Alkohol
Wer Antibiotika einnimmt, sollte auf Alkohol verzichten. Wer dennoch zu einem besonderen Anlass ein kleines Gläschen Wein oder Bier trinken möchte, sollte einen Abstand von drei Stunden vor und nach der Antibiotikaeinnahme einhalten. Es gibt einzelne Wirkstoffe, die sich mit Alkohol nicht vertragen. Es kann zu Kopfschmerzen, Herzrhythmusstörungen sowie Übelkeit, Erbrechen und Blutdruckabfall kommen. Halten Sie sich daher an die Empfehlungen in der Packungsbeilage oder fragen Sie Ihren Arzt oder Ihre Ärztin im Rat.
Tipp: Auch die Wirkung von koffeinhaltigen Getränken wie Kaffee und Cola kann durch Antibiotika verstärkt werden.
Antibiotika und Milch
Milch und Milchprodukte können die Wirkung von Antibiotika herabsetzen. Die Wirkstoffe können sich an das in der Milch enthaltene Kalzium binden, verklumpen und werden ungenutzt ausgeschieden. Antibiotika sollte man daher nur mit Leitungswasser (und nicht mit Mineralwasser) einnehmen und während der Zeit der Einnahme auf Milch und Milchprodukte verzichten. Bei manchen Antibiotika reicht es, wenn zwei Stunden vor und nach der Einnahme verzichtet wird. Lesen Sie die Packungsbeilage und fragen Sie bei Ihrem Arzt oder Ihrer Ärztin beziehungsweise in der Apotheke nach, wenn Fragen bestehen.
Tipp: Verzichten Sie während der Einnahme auf Nahrungsergänzungsmittel mit Magnesium, Kalzium und Eisen.
Antibiotika und Sport
Wer Antibiotika nimmt, kann in der Regel Sport treiben, ohne dass die Wirkung beeinträchtigt wird. Die Frage ist allerdings, ob das wirklich sinnvoll ist. Schließlich kämpft der Körper mit einer durch Bakterien verursachten Entzündung. Besser ist es, den Körper bei der Heilung zu unterstützen, indem man auf körperlich anstrengende Tätigkeiten verzichtet. Sehr intensiver Sport kann das Immunsystem schwächen. Bei Antibiotika Sport zu machen kann im schlimmsten Fall zu einer Ausbreitung der Infektion oder zu einer Herzmuskelentzündung führen.
Ärzte und Sportwissenschaftler raten nicht umsonst, nach einer Erkrankung dem Körper Regenerationszeit einzuräumen, bevor man wieder sportlich aktiv wird. Wann nach einer Antibiotika-Einnahme Sport wieder erlaubt ist, können Sie bei Ihrem behandelnden Arzt oder Ihrer Ärztin erfragen. Ein guter Orientierungspunkt ist: eine Woche Pause nach Abklingen der Symptome.
Tipp: Antibiotika können die Haut sonnenempfindlicher machen. Achten Sie auf einen guten Sonnenschutz.
Antibiotika und die Anti-Baby-Pille
Da Antibiotika die Wirkung der Pille beeinträchtigen können, sollten Frauen während der Einnahme und bis zum neuen Zyklus mit nicht-hormonellen Verhütungsmitteln, etwa Kondomen, verhüten.
Lesetipp: Antibiotika einnehmen: Diese 5 Fehler dürfen Sie nicht machen.
Mögliche Alternativen zu Antibiotika
Bei schweren bakteriellen Verläufen kommen Betroffene in der Regel nicht um die Einnahme eines Antibiotikums herum. Bei leichten Verläufen kann oftmals abgewartet werden. Dies sollte immer in Absprache mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin erfolgen. Beliebte Hausmittel, die gegen Bakterien wirksam sein sollen und die daher beliebte Alternativen zu Antibiotika darstellen, sind beispielsweise:
- Kapuzinerkresse und Meerrettich: Beliebt bei Blasenentzündungen und Atemwegsinfekten. Die enthaltenen Senföle sollen Bakterien und Viren bekämpfen und entzündungshemmende Eigenschaften besitzen.
- Zwiebeln: Die ätherischen Öle sollen antibakteriell und entzündungshemmend wirken. Bei Mittelohrentzündungen sind warme Zwiebelsäckchen ein beliebtes Hausmittel.
- Ingwer: Als Tee oder Gewürz genutzt, sollen die enthaltenen Scharfstoffe (Gingerole) antibakteriell und entzündungshemmend wirken.
- Salbei: Den ätherischen Ölen und Gerbstoffen im Salbei wird eine antibakterielle und antientzündliche Wirkung nachgesagt. Sie werden vor allem bei Entzündungen in Mund und Rachen sowie bei Husten angewendet.
Die genannten pflanzlichen Mittel können möglicherweise eine Heilung der durch Bakterien verursachten Erkrankung unterstützen. Verschlimmern sich die Beschwerden, sollte immer Kontakt zu einem Arzt aufgenommen werden.
Quellen:
gesundheitsinformation.de: „Antibiotika“. Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
gesundheitsinformation.de: „Erkältung. Antibiotika nehmen oder nicht?“. Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
gesundheitsinformation.de: „Antibiotika richtig anwenden und Resistenzen vermeiden“. Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).
patienten-information.de: „Antibiotika – was Sie wissen sollten“. Online-Information des Ärztlichen Zentrums für Qualität in der Medizin (ÄZQ) im Auftrag von Bundesärztekammer und Kassenärztlicher Bundesvereinigung.
infektionsschutz.de: „Antibiotika“. Online-Information der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA).
bundesgesndheitsministerium.de: „Alle reden von Antibiotika-Resistenzen… Aber was ist das eigentlich?“ Online-Information (PDF) des Bundesgesundheitsministeriums.
rki.de: „Grundwissen Antibiotikaresistenz“. Online-Information des Robert Koch-Instituts (RKI).
pschyrembel.de: „Breitband-Antibiotika“. Online-Information von Pschyrembel Online.
helios-gesundheit.de: „Ist das wahr? – 8 Mythen über Antibiotika im Check“. Online-Information des Helios Klinikums Schleswig. Akademisches Lehrkrankenhaus der Universitäten Kiel und Lübeck.