Raynaud-Syndrom: Ursachen, Symptome & Behandlung der Weißfingerkrankheit
Was ist das Raynaud-Syndrom?
Das Raynaud-Syndrom ist nach dem französischen Arzt Maurice Raynaud benannt, der das Symptombild Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals beschrieb. Beim Raynaud-Syndrom handelt es sich um eine Durchblutungsstörung an den Fingern. Besonders bei Kälte ziehen sich die Gefäße der Finger zusammen, werden weiß und sehen aus wie abgestorben. Daher wird das Raynaud-Syndrom umgangssprachlich auch als „Leichenfinger-Syndrom“ oder „Weißfingerkrankheit“ bezeichnet. Andere Namen sind Raynaud-Phänomen, Raynaud-Krankheit sowie Morbus Raynaud. Setzt die Durchblutung nicht wieder ein, werden die Finger blau. Erst wenn sich die Gefäße wieder entspannen und Blut in die Finger fließt, werden diese wieder rot und warm. Besonders Menschen, die entzündliches Rheuma haben, kennen die schmerzhafte Durchblutungsstörung.
Primäres und sekundäres Raynaud-Syndrom
Tritt das Raynaud-Syndrom als Symptom einer Erkrankung auf, etwa einer Sklerodermie, sprechen Ärzt:innen von sekundärem Raynaud-Syndrom. Tritt die „Weißfingerkrankheit“ ohne Anzeichen anderer Krankheiten als eigenständiges Symptom auf, handelt es sich um ein primäres Raynaud-Syndrom. In etwa 80 Prozent der Fälle handelt es sich um ein primäres Raynaud-Syndrom. Frauen sind häufiger betroffen als Männer, jüngere Menschen häufiger als ältere.
Bei etwa 20 Prozent der Betroffenen wird eine ursächlich zugrunde liegende Erkrankung diagnostiziert. Die häufigsten Ursachen des Raynaud-Syndroms sind Erkrankungen des Bindegewebes (Kollagenosen), die zu den entzündlich-rheumatischen Erkrankungen zählen. Dazu gehört beispielsweise die Autoimmunerkrankung Systemische Sklerodermie. Weitere Bindegewebserkrankungen, die ein sekundäres Raynaud-Phänomen auslösen können, sind Lupus erythematodes oder die Mischkollagenose (SHARP-Syndrom). Während beim primären Raynaud-Syndrom in der Regel beide Hände betroffen sind, treten die Beschwerden beim sekundären Raynaud-Syndrom meist vorwiegend an einer Hand auf.
Raynaud-Syndrom: Symptome der Weißfingerkrankheit
Die plötzliche Minderdurchblutung der Finger führt zu Beschwerden. So gehören zu den häufigen Raynaud-Symptomen, die einzelne oder mehrere Finger betreffen können:
- Kältegefühl
- Taubheit/ Gefühllosigkeit
- brennende Schmerzen
- Kribbeln in den Fingern
- Farbveränderung (Die Finger werden vorübergehend weiß und grenzen sich optisch klar vom durchbluteten Gewebe ab.)
- eingeschränkte Beweglichkeit
Hinweis: Das Raynaud-Syndrom betrifft am häufigsten die drei mittleren Finger. Der Daumen ist nur selten betroffen.
Ist ein Raynaud-Syndrom gefährlich?
Ungefährlich ist die Durchblutungsstörung nicht. Aufgrund der Minderversorgung mit Blut und damit mit Sauerstoff und Nährstoffen ist nicht auszuschließen, dass sich bleibende Gewebsschäden ausbilden, Nekrosen genannt, warnt die Deutsche Rheuma-Liga Bundesverband e. V. Das ist aber eher seltener der Fall. Besonders beim sekundären Raynaud-Syndrom ist das Risiko für Gewebsschäden erhöht. Beim primären Raynaud-Syndrom hingegen ist das Risiko für Gewebeschäden gering.
Was verursacht ein Raynaud-Syndrom? Symptome der Weißfingerkrankheit
Es gibt verschiedene Trigger, welche die Minderdurchblutung verursachen können. Oft sind dies Kälte, Nässe und Stress. Doch auch Alkohol, Nikotin, Druck auf die Finger (etwa beim Öffnen einer Flasche), starke Vibrationen (wie sie beispielsweise beim Halten des Lenkrads auf die Hände übertragen werden) sowie psychische Belastungen sind mögliche Auslöser.
Was passiert beim Raynaud-Syndrom?
Beim Raynaud-Syndrom reagieren die Blutgefäße von Fingern und Händen, manchmal auch von Zehen und Füßen bereits auf geringe Kältereize oder Stress mit einer Verkrampfung. Sie verengen sich und die Durchblutung ist beeinträchtigt. Die betroffenen Hautbereiche werden weiß, seltener blau. Bis zu einer halben Stunde kann solch ein Gefäßkrampf andauern. Werden die Finger wieder durchblutet, verspüren Betroffene oft ein intensives Wärmegefühl, Brennen, Stechen und Kribbeln bis hin zu intensiven Schmerzen. Warum die Gefäße überreagieren und bereits bei geringen Reizen verkrampfen, ist weitgehend ungeklärt.
Bekannt ist, dass bei bestimmten Erkrankungen das Raynaud-Syndrom vermehrt auftritt, etwa bei:
- entzündlichem Rheuma
- Bindegewebserkrankungen wie Sklerodermie
- neurologischen Erkrankungen wie Multiple Sklerose
- Nervenentzündungen und Nervenschäden im Handbereich, etwa ein Karpaltunnelsyndrom
Lesetipp: Ratgeber „Multiple Sklerose“ von Gelbe Seiten.
Weißen Fingern vorbeugen: Welche Therapie bei Raynaud-Syndrom?
„Was tun beim Raynaud-Syndrom?“, fragen sich Betroffene und sind mit Blick auf ihre Hände oft ratlos. Der erste Kontakt ist der Hausarzt oder die Hausärztin. Dieser beziehungsweise diese kann bei Bedarf an Fachärzt:innen überweisen, etwa an eine rheumatologische Praxis. Wird die Diagnose Raynaud-Syndrom gestellt, erfolgt die Behandlung. Handelt es sich um ein sekundäres Raynaud-Syndrom, liegt der Therapie-Fokus auf der Behandlung der ursächlichen Krankheit. Ebenfalls wichtig ist es, nicht zu rauchen, da dies die Gefäße angreift und die Beschwerden verschlimmert. Ebenso sollten Betroffene die Hände vor Kälte und Nässe schützen. Warme Handschuhe und Socken sind wohltuend. Auch Hand- und Fußwärmer können Erleichterung bringen.
Auch wenn es für den ein oder anderen altbacken anmuten mag: Auch ein Fellbezug am Lenkrad des Autos kann wohltuend sein und Kälte und Vibrationen abmildern. Vibrationen sollten Betroffene weitestgehend meiden. Bei Druck ist ebenfalls Vorsicht geboten. So ist ein Messer mit einem breiten Griff angenehmer für die Finger als ein schmaler Griff. Auch Kugelschreiber sollten dicker sein. Um Wasserflaschen zu öffnen, gibt es spezielle Vorrichtungen, die auf den Flaschenhals gesetzt werden und das Aufdrehen erleichtern. Von Entspannungsübungen zum Stressabbau profitieren ebenfalls viele Betroffene. Medikamente kommen nur in sehr ausgeprägten Fällen zur Anwendung.
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Welche Medikamente gegen das Raynaud-Phänomen gibt es?
Das Mittel der Wahl sind sogenannte Kalzium-Antagonisten. Kalzium-Antagonisten, auch Kalziumkanal-Blocker genannt, hemmen den Kalziumeinstrom in die Gefäßmuskelzellen. Die Gefäßmuskulatur entspannt und die Blutgefäße weiten sich. Eine mögliche Nebenwirkung ist ein niedriger Blutdruck und damit einhergehend Kreislaufbeschwerden wie „Schwarzwerden“ vor den Augen und Schwindel. Führt die Einnahme von Kalzium-Antagonisten nicht zum gewünschten Erfolg, können andere Medikamente in Erwägung gezogen werden, etwa Angiotensin-Rezeptor-Blocker, welche die Wirkung des gefäßverengenden Hormons Angiotensin-II hemmen. Phosphodiesterase-5-Hemmer (PDE-5-Hemmer) hemmen das gefäßverengende Enzym Phosphodiesterase V. Auch bestimmte Antidepressiva, sogenannte SSRI, können eine Therapieoption darstellen. Welches Medikament im individuellen Fall geeignet ist, bespricht der behandelnde Arzt oder die Ärztin mit dem Patienten oder der Patientin.
Ist das Raynaud-Syndrom heilbar?
Das primäre Raynaud-Syndrom ist vom Krankheitsverlauf nicht so schwerwiegend wie das sekundäre Raynaud-Syndrom. Es kommt zu keinem Absterben von Gewebe. Es handelt sich um eine rein funktionelle Störung der versorgenden Gefäße. Oftmals lassen die Beschwerden mit zunehmendem Alter nach oder verschwinden ganz. Da das sekundäre Raynaud-Syndrom eine Erkrankung als Ursache hat, muss diese behandelt werden. Durch die Therapie kann das Beschwerdebild häufig verbessert werden. Komplett geheilt werden können Betroffene meist nicht.
Quellen: