Einfach erklärt: Was ist der Leitzins?
Zur Bedeutung des Leitzinses und wer ihn festlegt
Der sogenannte Leitzins ist ein elementares Instrument zur Steuerung der Geldpolitik. Von der zuständigen Zentralbank festgelegt, bestimmt er den Zinssatz, zu welchem sich die Geschäftsbanken eines Landes Geld von der Zentral- oder Notenbank leihen können. In der Eurozone (alle Länder mit der Euro-Währung) wird der Leitzins von der Europäischen Zentralbank (EZB) festgelegt. Damit fungiert die Europäische Zentralbank als ein zentraler Wirtschaftsakteur im Euroraum.
Definition und Funktion des Leitzinses
Mit der Festlegung des Leitzinses wird der Zinssatz bestimmt, zu welchem sich Geschäftsbanken in der Eurozone Geld von der Europäischen Zentralbank (EZB) leihen können. Mit dem Leitzins verfügt die Zentralbank über ein Instrument, mit welchem sie versucht, das Preisniveau relativ stabil zu halten. Gleichzeitig soll neben einem stabilen Preisniveau eine möglichst niedrige Inflationsrate erreicht werden.
Der Leitzins ist als Preis zu verstehen, welcher die Geldaufnahme und Geldanlage der Geschäftsbanken maßgeblich beeinflusst. Je nachdem, welchen Preis die Banken für das geliehene Geld zahlen müssen, wirkt sich dies auch auf die finanzielle Situation der Privatpersonen aus, da der Zins von den Banken an diese weiterberechnet wird.
Festlegung des Leitzinses
Der Leitzins wird in der Regel an vorab bestimmten Terminen festgelegt. Kommt es, wie infolge der Corona-Pandemie, zu außergewöhnlichen Ereignissen, kann der Leitzins auch außerhalb dieser planmäßigen Termine festgelegt werden. Bei der Festlegung des Leitzinses werden folgende Faktoren berücksichtigt:
- Inflation: Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt mittelfristig eine Inflation von2% an. Mit dem Leitzins versucht sie also, die Teuerungsrate auf einem relativ stabilen Niveau zu halten. Bei einer hohen Inflation, hebt die Bank den Leitzins an, damit die Wirtschaft ausgebremst wird und die Konsumnachfrage sinkt. Daraus resultiert, dass die Preise wieder sinken – und die Inflation zurückgeht.
- Wirtschaftswachstum: Für ein gutes Wirtschaftswachstum muss die Konjunktur angekurbelt werden. Der Leitzins hilft dabei, indem er gesenkt wird. Anschließend wird aufgrund niedriger Preise mehr investiert und konsumiert, was sich positiv auf das Wirtschaftswachstum auswirkt.
- Beschäftigung: Auch die Beschäftigungsquote spielt bei der Festlegung des Leitzinses eine wichtige Rolle. Wird die Wirtschaft durch den Leitzins angekurbelt, werden gleichzeitig Arbeitsplätze geschaffen.
Bei der Festlegung des Leitzinses muss zwischen drei verschiedenen Leitzinssätzen unterschieden werden. Dem Hauptrefinanzierungssatz, dem Spitzenrefinanzierungssatz und dem Einlagenzins:
- Hauptrefinanzierungssatz: Der sogenannte Hauptrefinanzierungssatz (auch Hauptrefinanzierungsgeschäft) ist der wichtigste Leitzins. Mit ihm werden die Konditionen festgelegt, zu welchen sich Geldinstitute mittelfristig Geld bei der EZB leihen können.
- Spitzenrefinanzierungssatz: Der Spitzenrefinanzierungssatz liegt in der Regel 1% über dem Hauptrefinanzierungssatz. Mit ihm wird festgelegt, zu welchem Zinssatz sich die Banken kurzfristig Geld bei der EZB leihen können.
- Einlagenzinssatz: Beim Einlagenzinssatz (Einlagesatz) wird festgelegt, zu welchem Zinssatz die Banken überschüssiges Geld bis zum nächsten Tag bei der EZB einlagern können.
Auswirkungen des Leitzinses auf die Wirtschaft
Die Festlegung des Leitzinses hat direkte Auswirkungen auf das ökonomische Wachstum in der Gesellschaft. So soll die Stabilität des Geldwertes entsprechend zum Wirtschaftswachstum beitragen. Ein hoher Leitzins sorgt dafür, dass Kredite teurer werden, ein niedriger Leitzins vergünstigt die Kredite. Sind Kredite teurer, wird weniger investiert, was wiederum die Wirtschaftslage ausbremst. Ein niedriger Leitzins regt zum vermehrten Investieren an, da die Kredite günstiger sind. So soll die Konjunktur angekurbelt werden. Eine bessere Wirtschaftslage begünstigt außerdem eine wachsende Zahl von Arbeitsplätzen. In einer schlechten Wirtschaftslage ist die Arbeitslosenquote oft hoch.
Der Leitzins hat zudem Auswirkungen auf andere Zinsen. Da durch einen erhöhten Leitzins auch die Zinsen bei Geldanlagen steigen, hat er entsprechend Einfluss auf den Sparzins, da die erhöhten Kosten von den Bankinstituten an die Kund:innen weitergereicht werden. Auf Hypothekzinsen bzw. Bauzinsen hat der Leitzins keinen direkten Einfluss, auch wenn dies vorerst so erscheinen mag. Denn bei einem sinkenden Leitzins sinkt auch der Bauzins – zweiterer sinkt allerdings vor dem Leitzins. Denn ist eine Senkung des Leitzinses geplant, reagieren die Märkte im Vorfeld darauf.
Auswirkungen des Leitzinses auf persönliche Finanzen
Neben ökonomischen Wirkungen hat der Leitzins auch maßgeblichen Einfluss auf die finanzielle Situation von Verbraucher:innen und Privatpersonen (zumal diese ohnehin in einer engen Beziehung zur Wirtschaft stehen). Bei einem hohen Leitzins steigen die Preise für die Kredite, die ein Geldinstitut an die EZB abtreten muss, wenn sie sich bei ihr Geld leiht. Diese Zinserhöhung wird in der Regel an die Bankkund:innen weitergereicht, dazu kommt meist noch ein Aufschlag, da die Bank selbst Gewinn erzielen möchte. Bei hohen Krediten investieren Privatpersonen deutlich weniger, sodass beispielsweise weniger gebaut wird. Bei einem hohen Leitzins tendieren die Menschen eher dazu, Geld zu sparen, statt es zu investieren. Ein niedriger Leitzins hingegen führt zu mehr Investitionen, da die Preise niedrig sind.
Auswirkungen des Leitzins: Praxisbeispiele
Eines der wohl prominentesten Praxisbeispiele für die Auswirkungen des Leitzinses war der Beginn der Corona-Pandemie. Da im Zuge der Pandemie einige Wirtschaftszweige massiv einbrachen, senkte die US-amerikanische Zentralbank Federal Reserve System (FED) den Leitzins um insgesamt 1,5 Prozentpunkte. Ziel war es, die Wirtschaft durch Ankurbeln der Konjunktur und Anregen zum Konsum wieder zu stärken. Aber auch im Zuge der Finanzkrise im Jahr 2008 spielte die EZB eine wichtige Rolle. Nach einer im Juli 2008 erfolgten Leitzinserhöhung auf 4,25% (begründet wurde dies mit dem Reagieren auf erhöhte Inflationsgefahr) senkte sie den Leitzins im Oktober 2008 erst auf 3,75%, und anschließend immer weiter, bis er nur noch bei 0,5% lag. Kritische Stimmen sahen in diesem Handeln eine Panikreaktion aus Angst vor einer möglichen Rezession.
Die Inflation als Folge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine seit dem Jahr 2022, stellt ein ebenso gutes Beispiel für die Wirksamkeit des Leitzinses dar. So beschloss die EZB, den Leitzins anzuheben, um die starke Teuerungsrate zu senken. Ziel dieser Maßnahme war es, eine sinkende Nachfrage und damit Preissenkungen zu realisieren.
Strategien und Umgang mit dem Leitzins
Die Auseinandersetzung mit der Geldpolitik des Leitzinses ist für Verbraucher:innen und Investor:innen wichtig, da die Zinsfestlegung einen erheblichen Einfluss auf ihre persönlichen Finanzen hat. Bei einem hohen Leitzins werden die Kredite teurer, daher lohnen sich Investitionen weniger. Hier ist es besser, Geld anzulegen, statt zu investieren. Dazu eignen sich vor allem zinsgünstige Optionen, wie Sparbücher, Tagesgeldkonten oder auch materielle Wertanlagen, wie etwa Gold. In Zeiten eines hohen Leitzinses lohnt es sich außerdem, die Konditionen unterschiedlicher Banken miteinander zu vergleichen, um die günstigste Möglichkeit, Geld anzulegen, zu finden. Aktien hingegen gelten im Übrigen als riskant, da Unternehmen im Zuge wirtschaftlicher Unsicherheiten insolvent werden können. Das kann enorme finanzielle Schwierigkeiten für die Investor:innen bedeuten.
Bei einem niedrigen Leitzins sinken die Preise, auch für Kredite. Investor:innen sollten hier aufmerksam verfolgen, zu welchen Konditionen sie jetzt einen Kredit aufnehmen können. Auch Investitionen im Sinne von Unternehmensanleihen, können sich in einigen Fällen lohnen. Dabei sollte eine langfristige Perspektive keinesfalls außer Acht gelassen werden – bestenfalls werden die Investitionen und Anlagen diversifiziert, also an unterschiedlichen Stellen angelegt. Damit wird die Wahrscheinlichkeit, dass mögliche Verluste an einer Stelle durch Gewinne anderer Investitionen ausgeglichen werden. Um eine möglichst umfassende Perspektive zu der jeweiligen Marktsituation einnehmen zu können, empfiehlt sich die Beratung durch eine:n professionelle:n Finanzberater:in.
Fazit
Wie gezeigt wurde, hat die Festlegung des Leitzinses massive Auswirkungen auf die wirtschaftliche Lage, auf Arbeitsplätze, Preise und individuelle finanzielle Situationen. Sowohl für Sparer:innen als auch Investor:innen ist es also wichtig, sich mit den Zinsveränderungen zu befassen und ihre Strategien an die jeweilige Situation anzupassen, um möglichst davon zu profitieren. Da es sich beim Thema Leitzins um ein recht komplexes Themengebiet handelt, welches für Laien oft schwer durchschaubar ist, lohnt sich die Konsultation eines Finanzberaters oder einer Finanzberaterin. Hier erhalten Sie fachlich fundierte, professionelle Einschätzungen und Tipps rund um den Umgang mit Ihren Finanzen im Kontext der aktuellen Geldpolitik. Die professionelle Beratung ermöglicht es Ihnen, langfristiger zu denken und Ihre Finanzen entsprechend abzusichern.
Quellen: