Überholen einer Kolonne: So verhalten Sie sich richtig
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Überholen einer Kolonne: So verhalten Sie sich richtig

Das Überholen einer Kolonne ist grundsätzlich erlaubt, wenn es die Verkehrssituation gefahrlos zulässt. Der Fakt, dass mehrere Fahrzeuge zu überholen sind, stellt also noch keine „unklare Verkehrslage“ dar – bei der gemäß § 5 StVO Überholverbot besteht.

Fahrzeugschlange: Was versteht man unter einer Kolonne?

Der Begriff „Kolonne“ ist für zwei Fahrzeugreihungen gebräuchlich: Zum einen kann es sich bei der Kolonne um eine unbestimmte Zahl von Fahrzeugen handeln, die sich zum Beispiel auf einer Landstraße hinter einem Traktor aufgestaut haben. Zum anderen sind gekennzeichnete Kolonnen unterwegs, zum Beispiel von Polizei oder Bundeswehr. Das Überholen ist, so gefahrlos und nicht anders angezeigt, in beiden Fällen erlaubt. Allerdings gelten abweichende Regelungen.

Fahrzeugkolonne: Überholen einer gekennzeichneten Kolonne

Eine Fahrzeugschlange, deren letztes Fahrzeug mit einer grünen Flagge und oft zusätzlich mit einem Blinklicht und einer Warntafel gekennzeichnet ist, wird in ihrer Gesamtheit als Einzelfahrzeug gewertet. Das bedeutet zum Beispiel, dass die gesamte Fahrzeugkolonne über eine Ampel fahren darf, wenn das Leitfahrzeug Grün hatte.

Beim Überholvorgang der Kolonne ist es damit untersagt, sich zwischen die Fahrzeuge zu schieben (in einer Gefahrensituation ist natürlich dennoch dazu zu raten). Die Kolonne darf folgerichtig nur überholt werden, wenn alle Fahrzeuge gefahrlos in einem Vorgang passierbar sind. Gerade bei zehn und mehr Fahrzeugen – eine Obergrenze kennt zumindest das Gesetz nicht – ist das meist nur auf der Autobahn möglich.

Bei einer Kolonne aus aufgestauten Fahrzeugen, somit ohne Kennzeichnung, handelt es sich immer um Einzelfahrzeuge.

Richtiges Verhalten beim Überholen einer aufgestauten Kolonne

Die größte Gefahr beim Überholen einer Kolonne lauert nicht unbedingt im Gegenverkehr. Die Fahrer:innen, die zum Überholen der Autoschlange ansetzten, konzentrieren sich nämlich auf die entgegenkommenden Fahrzeuge. Finden sie die „Lücke“, scheren sie sofort aus, um schnell am Vorausfahrenden vorbeizukommen. Dabei kann leicht übersehen werden, dass sich bereits eines der hinteren Fahrzeuge aus der Fahrzeugschlange beim Überholen befindet. Im schlimmsten Fall kommt es beim Ausscheren zum Crash.

Um diese Gefahr beim Überholen der Autoschlange zu minimieren, müssen alle Fahrer:innen ihre Überholabsicht bei der Fahrzeugkolonne deutlich anzeigen und sich beim Ausscheren doppelt versichern, dass die Spur frei ist. Ein Schulterblick unter Ausschluss des „toten Winkels“ gehört zwingend dazu.

Fahrzeugkolonne: Vorfahrt auf der Überholspur

Die Hauptverantwortung bleibt also bei demjenigen, der oder die den Überholvorgang als Zweiter oder Dritter ansetzt. Das hat auch das Oberlandesgericht München in einem Urteil bestätigt (10 U 4448/16). Die Richter des OLG gaben einem von hinten überholenden Fahrer eine weit geringere Schuld als demjenigen, der neu zum Überholen angesetzt hatte. Im Grunde wurde mit der Mitschuld (des von hinten Überholenden) von 20 Prozent lediglich die allgemeine Betriebsgefahr durch das Fahrzeug bewertet, die weiterhin besteht.

Kolonne überholen: Fazit

Die oft gehörte Meinung, dass sich der Hintere in der Kolonne gedulden muss, ist zumindest rechtlich irrelevant. Hat ein:e Fahrer:in zum Überholen der Autoschlange angesetzt, muss ihm:ihr dies ungehindert möglich sein. Vorausfahrende, die ebenfalls überholen wollen, müssen also warten.

Erinnert sei hier auch an Paragraph 1 StVO: „Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht“.

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