Urlaub ohne Plastikmüll: "Mehrwegbox das wichtigste Utensil"
Gelbe Seiten: Um auch auf Reisen Plastik weitgehend zu vermeiden, ist eine gewisse Vorbereitung nötig. Lohnt sich der Aufwand?
Philipp Sommer: Auf jeden Fall. Die Dinge, die es auf Reisen zu beachten gilt, unterscheiden sich gar nicht so sehr vom Alltag. Urlauber haben ja in der Regel sogar mehr Zeit und Muße, sich mit Umweltaspekten zu beschäftigen. Das Hauptproblem ist auch gar nicht der Gebrauch von Plastikartikeln, sondern der Umgang mit den Produkten und deren falsche Entsorgung. Die Lösung muss also nicht immer heißen, von Plastik auf ein anderes, möglicherweise ebenfalls umweltschädigendes Material zu wechseln, sondern verantwortungsvoll damit umzugehen.
Gelbe Seiten: Also beispielsweise der Mehrweg-Coffee-to-go-Becher, der aus Plastik sein darf, da er oft wiederverwendet wird?
Sommer: Genau. Und da gibt es weitere Beispiele. Gerade in südeuropäischen Urlaubsgebieten ist der Wasserverbrauch hoch. Wer sich dort immer wieder mit Plastikflaschen eindeckt, handelt nicht gerade umweltbewusst. Hier ist es ratsam, sich eine robuste Mehrwegflasche mitzunehmen und diese mit Trinkwasser immer wieder aufzufüllen. In Ländern, in denen Leitungswasser nicht die nötige Qualität hat, sollten Reisende zu den zwischen fünf und 25 Liter fassenden Wasserkanistern greifen und diese bei Bedarf umfüllen, anstatt ständig neue Plastikflaschen zu kaufen.
Gelbe Seiten: Was sollte ich denn noch beim Packen beachten?
Sommer: Verzichten Sie auf die Plastikfolie, die einige Urlauber zu Schutzzwecken um ihren Koffer wickeln. Sollte wirklich mal etwas kaputtgehen, muss die Fluggesellschaft die Dinge ja ohnehin ersetzen. Ansonsten ist mein wichtigstes Utensil auf Reisen eine gut verschließbare Mehrwegbox, die ich zum Einkaufen mitnehme.
Auf Märkten im Ausland lasse ich mir Aufschnitt oder andere unverpackte Ware direkt dort hineinlegen. Im Restaurant kann ich übriggebliebenes Essen auf diese Weise mitnehmen. Dadurch verzichte ich auf Plastikfolien und Einwegverpackungen. Und im Koffer nimmt die Box auch kaum Platz weg, da ich sie dort mit anderen Dingen befüllen kann, zum Beispiel mit Reiseproviant.
Gelbe Seiten: Gibt es neben der Schutzfolie noch andere Beispiele, wie ich auf Reisen ganz leicht auf unnötiges Plastik verzichten kann?
Sommer: Auf Plastik-Strohhalme kann eigentlich jeder verzichten. Die werden von der EU ja ohnehin bald verbannt. Doch mit ein paar Strohhalmen ist es da nicht getan. Das Plastikbesteck, das in vielen Flugzeugen gereicht wird und meist noch in Plastik eingeschweißt ist, lässt sich durch mitgenommenes Mehrweggeschirr ersetzen, wie man es vom Campingurlaub kennt. Und gerade im Urlaub ist ja ein Rucksack meist vor Ort, der beim Einkauf von Lebensmitteln oder Souvenirs Plastiktüten ersetzen kann.
Gelbe Seiten: Die transparenten Kosmetiktaschen fürs Handgepäck lassen sich vermutlich aber nur schwer durch eine plastikfreie Alternative ersetzen…
Sommer: Diese Beutel sind zwar aus Plastik, können aber auf mehreren Reisen immer wieder benutzt werden. Insofern stellt die Verwendung kein großes Problem dar.
Gelbe Seiten: Wie sieht es mit Kosmetika selbst aus? Fast alle Produkte werden mit Plastik ummantelt…
Sommer: Für die Reiseanwendung gibt es kleine Mehrwegflaschen, sowohl aus Kunststoff als auch aus anderen Materialien. In diese können Urlauber ihr Shampoo, Duschgel und andere Badezimmersachen vor der Reise umfüllen und so auf die Drogerieprodukte in Reisegröße verzichten. Auch diese Fläschchen können ja immer wiederverwendet werden.
Gelbe Seiten: Kann ich bei der Wahl des Transportmittels auch dazu beitragen, so plastikfrei wie möglich zu reisen?
Sommer: In der Tat gibt es bereits plastikfreie Fluglinien und plastikfreie Kreuzfahrten. Der Trend zum umweltbewussten Reisen ist deutlich zu erkennen. Aber auf diesem Gebiet ist natürlich auch die Politik gefragt, hier bessere Rahmenbedingungen zu schaffen.
Gelbe Seiten: In den Urlaubshotels wird Butter und Marmelade oft in kleinen Mengen einzeln in Plastik verpackt. Soll ich das Frühstück dort dann boykottieren?
Sommer: Eine schwierige Situation. Wer das Frühstück mitgebucht hat, will es natürlich auch essen. Hier würde ich empfehlen, die Hotelverantwortlichen deutlich darauf hinzuweisen, dass es andere hygienische Möglichkeiten gibt, solche Lebensmittel anzubieten. Spätestens bei einer negativen Bewertung wird es das Hotel auch interessieren.
Urlauber sollten am besten schon im Vorwege abklären, wie umweltbewusst die Unterkunft aufgestellt ist. Es gibt Hotels in jeder Preisklasse, die sich Nachhaltigkeit und den bewussten Umgang mit Ressourcen auf die Fahnen geschrieben haben.
Gelbe Seiten: Ist es aus Sicht des Plastikverbrauchs nicht ohnehin besser, sich eine Ferienwohnung zu mieten?
Sommer: Bei einer Ferienwohnung hat der Urlauber zumindest selber die Hoheit über die Zubereitung seines Essens und kann auf diese Weise viel Plastik einsparen. Auch bei einem Restaurantbesuch fällt in der Regel kein unnötiger Plastikmüll an.
Gelbe Seiten: Fallen Ihnen Urlaubsländer ein, in denen es Touristen besonders einfach gemacht wird, auf Plastik zu verzichten?
Sommer: Schwierig zu sagen. Es gibt natürlich Länder mit einem hohen Umweltbewusstsein, doch haben diese dennoch oft einen hohen Kunststoffverbrauch. In anderen Ländern ist die Vermüllung mit Plastik vielleicht deutlich sichtbar, dafür ist die Ressourcenverschwendung erheblich niedriger.
Grundsätzlich gilt für alle Länder: Wenn Urlauber Plastikmüll verursachen, sollte dieser nicht irgendwo entsorgt werden, sondern im dafür vorgesehenen Recycling-Müll, den es mittlerweile fast überall gibt. Die Plastikentsorgung in öffentlichen Papierkörben ist kritisch, denn dieser Müll wird in der Regel nicht recycelt, sondern verbrannt oder deponiert. Im schlimmsten Fall könnten Vögel und Wind das Plastik in der Landschaft verteilen oder es kann ins Meer geweht werden. Es lohnt sich also, einen Müllbeutel für unterwegs mitzunehmen.