Warum Blasenschwäche? Häufige Inkontinenz-Ursachen
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Warum Blasenschwäche? Häufige Inkontinenz-Ursachen

Die Art der Blasenschwäche ist abhängig von der Harninkontinenz-Ursache. Zu den häufigsten Blasenschwäche-Formen gehören die Belastungsinkontinenz (Stressinkontinenz), die Dranginkontinenz sowie die Mischinkontinenz – eine Mischung der beiden erstgenannten. Blasenschwäche-Ursachen: häufige Gründe für Harnverlust.

Blasenschwäche-Ursache bei Belastungsinkontinenz

Ursache der Belastungsinkontinenz, früher als Stressinkontinenz bezeichnet, ist meist eine Schwächung des Blasenschließmuskels (Insuffizienz des Schließmuskelapparates) und des Beckenbodens. Beide können dem Druck im Bauchraum nicht mehr standhalten. Unter Belastung kommt es zu einem unwillkürlichen, unkontrollierbaren Urinverlust. Das ist beispielsweise beim Husten, Niesen und Lachen der Fall oder wenn man etwas Schweres heben muss.

Bei der Belastungsinkontinenz können wenige Tropfen Urin abgehen, aber auch größere Mengen. Belastungsinkontinenz betrifft vor allem Frauen, da sie aufgrund ihres breiteren Beckens einen schwächeren Beckenboden haben als Männer. Angaben des Berufsverbandes der Frauenärzte e. V. zufolge wird in Deutschland die Zahl der betroffenen Frauen auf bis zu 15 Millionen geschätzt. Demnach erkrankt jede dritte bis vierte Frau irgendwann in ihrem Leben an Harninkontinenz - zumindest vorübergehend.

Schwangerschaft häufiger Auslöser für Inkontinenz

Schwangerschaften und Geburten, bei denen ein enormer Druck auf die Blase und die Beckenbodenmuskulatur entsteht und infolgedessen es zu Verletzungen kommen kann, sind häufige Blasenschwäche-Ursachen im Rahmen einer Belastungsinkontinenz. Auch Hormonveränderungen in der Schwangerschaft und in den Wechseljahren haben Frauen ein erhöhtes Risiko, eine Belastungsinkontinenz zu entwickeln. Ebenso kann die Funktion des Beckenbodens durch eine Gebärmuttersenkung, Operationen und Unfälle gestört werden – nämlich dann, wenn Gewebe verletzt wird oder Nerven Schaden nehmen oder überreizt werden.

Inkontinenz beim Mann

Ursache einer Belastungsinkontinenz bei Männern sind meist Operationen im Beckenraum, wie sie zur Behandlung einer gutartig vergrößerten Prostata notwendig sein können oder im Rahmen einer Prostatakrebs-Behandlung durchgeführt werden.

Versteckte Harninkontinenz-Ursachen

Was vielen nicht bewusst ist: Auch eine schlechte Haltung, Übergewicht und langes Sitzen können mit der Zeit den Beckenboden schwächen und Harnverlust begünstigen. Bewegungsmangel ist ebenfalls riskant, da so regelmäßiges Training der Beckenbodenmuskulatur fehlt und diese schwächer wird. Ebenso gilt Verstopfung als Risikofaktor einer Belastungsinkontinenz. Der häufige, intensive Druck, der beim Pressen auf den Beckenboden einwirkt, kann dem Beckenboden langfristig zusetzen. Auch chronischer Husten, wie er beispielsweise bei der chronisch obstruktiven Lungenkrankheit COPD (Raucherhusten) auftritt, ist für den Beckenboden eine große Belastung und erhöht die Wahrscheinlichkeit für eine Inkontinenz.

Was ist der Beckenboden?

Eine gesunde Beckenbodenmuskulatur ist für die Blasenfunktion unverzichtbar. Man kann sich den Beckenboden wie eine Muskelplatte vorstellen, die den Bauchraum und die Beckenorgane von unten abschließt. Der Beckenboden besteht aus verschiedenen Muskeln, Bändern und Bindegewebe, welche die Beckenorgane in Position halten und den Blasenschließmuskel und Afterschließmuskel unterstützen. Die Beckenbodenmuskeln sind die meiste Zeit angespannt. Beim Stuhlgang, Wasserlassen, bei Frauen beim Geschlechtsverkehr und bei der Geburt entspannen sie sich.

Blasenschwäche-Ursache bei Dranginkontinenz

Bei einer Dranginkontinenz, auch Urgeinkontinenz genannt, ist zwar der Verschlussapparat der Harnblase intakt, doch der Informationsaustausch zwischen Gehirn und Blasenmuskel ist gestört. Als Folge reagiert die Blase überaktiv (motorische Dranginkontinenz) oder überempfindlich (sensorische Dranginkontinenz). Sie signalisiert „randvoll“, obwohl sie noch nicht gefüllt ist. Immer wieder und ganz unerwartet überfällt die Betroffenen extremer Harndrang. Der plötzliche, nicht unterdrückbare Harndrang, von Medizinern „Urgency“ genannt, ist so stark, dass der Harn nicht mehr gehalten werden kann.

Oftmals erreichen die Patientinnen und Patienten nicht mehr rechtzeitig die Toilette. Mehrmals pro Stunde kann in ausgeprägten Fällen dieser starke Harndrang auftreten, bei dem Urin schwallartig abgeht. Viele Betroffene ziehen sich aus Scham und Unsicherheit immer mehr aus dem sozialen Leben zurück. Zu groß ist die Angst, es nicht rechtzeitig auf eine Toilette zu schaffen und in eine peinliche Situation zu geraten. Eine große Belastung.

Dranginkontinenz-Ursachen sind unter anderem Nervenschädigungen und Nervenreizungen in Zusammenhang mit Operationen oder Unfällen. Auch neurologische Erkrankungen können eine Dranginkontinenz verursachen, etwa Multiple Sklerose, Alzheimer, Parkinson oder Diabetes (Zuckerkrankheit). Harnwegsinfekte und Blasensteine können die Blasennerven ebenfalls stark reizen. Auch gibt es Fälle, in denen keine klare Ursache der Dranginkontinenz zu finden ist.

Feuchte und trockene Dranginkontinenz: der Unterschied

Dranginkontinenz kann auch nur mit dem Symptom „extremer Harndrang“ verbunden sein, ohne dass Harn aus der Harnblase austritt. Diese Form ist bei Männern häufig – meist im Zusammenhang mit einer vergrößerten Prostata beziehungsweise einer Prostata-Behandlung. Mediziner sprechen dann von „trockener Dranginkontinenz oder „dry overactive bladder“. Von einer „feuchten Dranginkontinenz“, also der „wet overactive bladder“ sind eher Frauen betroffen.

Bei der Überlaufinkontinenz kommt es zu einem unkontrollierbaren Überlaufen der Blase aufgrund einer Abflussbehinderung durch die Harnröhre, einer schwachen Harnröhre oder einer schwachen Blasenmuskulatur. Die Blase kann sich nicht vollständig entleeren und läuft irgendwann über. Ursachen für eine Muskelschwäche können Nervenschädigungen bei Diabetes, Multipler Sklerose oder anderen Erkrankungen sein. 

Harnsteine und Tumoren können die Harnröhre blockieren, ebenso eine vergrößerte Prostata beim Mann oder eine Gebärmuttersenkung bei der Frau. Betroffene bemerken, dass ihnen permanent tröpfchenweise Urin abgeht. Außerdem leiden sie meist unter starkem Harndrang, der sehr schmerzhaft sein kann. Eine Überlaufinkontinenz tritt vor allem bei Männern aufgrund einer durch die Prostata blockierten Harnröhre auf.
Bei der Reflexinkontinenz ist das Zusammenspiel zwischen harnaustreibendem Muskel und dem Blasenschließmuskel gestört. Nicht kontrollierbare Nervenreflexe führen zur plötzlichen Entleerung der Blase. Reflexinkontinenz-Ursachen sind Nervenschädigungen des zentralen Nervensystems (Gehirn oder Rückenmark). Diese können durch einen Unfall, eine Operation, aber auch durch Erkrankungen wie Multiple Sklerose, Alzheimer oder Parkinson entstehen. Auch nach einem Schlaganfall kann sich eine Reflexinkontinenz entwickeln, bei der die Betroffenen die Blasenfunktion nicht mehr steuern können und sich die Blase spontan entleert. Auch Harndrang kann nicht mehr genau wahrgenommen werden.
Nächtliches Einnässen betrifft meist Kinder. Normalerweise können Kinder ab vier Jahren ihre Blase bereits gut kontrollieren. Passiert es dennoch weiterhin, dass das Kind „ins Bett macht“, ist häufig eine harmlose Entwicklungsstörung und nur selten eine Fehlbildung der Harnwege die Ursache. Auch psychische Belastungen eines Kindes stellen eine mögliche Ursache für nächtliches Einnässen dar. Um den Auslöser zu klären und körperliche Erkrankungen auszuschließen, sollten Eltern mit ihrem Kind einen Kinderarzt oder eine Kinderärztin aufsuchen.

Quellen:

Was tun bei Harninkontinenz? Informationsbroschüre der Deutschen Gesellschaft für Urologie (DGU).

Wie funktioniert Beckenbodentraining? Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).

Harninkontinenz. Online-Information von Frauenärzte im Netz, einem Online-Angebot des Berufsverbands der Frauenärzte e. V. (BVF) und der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (DGGG)

Mit der Blasenschwäche leben. Online-Ratgeber der Deutschen Seniorenliga e. V.

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
Ann-Kathrin Landzettel
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