PTBS-Symptome: Posttraumatische Belastungsstörung erkennen
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PTBS-Symptome: Posttraumatische Belastungsstörung erkennen

Zu den typischen PTBS-Symptomen gehören Symptome des Wiedererlebens des Traumas in Form von Albträumen, Flashbacks (Filme vor dem inneren Auge) oder Tagträumen. Auch versuchen Betroffene in der Regel, Situationen, die sie an die extreme potenziell lebensbedrohliche Stresssituation erinnern, zu vermeiden. Auch Panikattacken gehören zu den PTBS-Symptomen. Posttraumatische Belastungsstörung erkennen: Welche Symptome besonders häufig sind.

Warum kommt es bei der PTBS zu belastenden Symptomen?

Die posttraumatische Belastungsstörung, kurz PTBS, ist die psychische Reaktion auf ein traumatisierendes und damit in extremer Weise belastendes Ereignis. Kann das Trauma nicht verarbeitet werden, können sich die Symptome verstärken und eine PTBS ausbilden. Auslöser eines Traumas können schwere Unfälle, Krieg, Naturkatastrophen, körperliche und seelische Gewalt, Überfälle und Folter sein. Auch als Augenzeuge dramatischer Ereignisse kann man ein Trauma entwickeln.

Normalerweise gelingt es dem Gehirn – oft mit Hilfe psychologischer Begleitung – das Erlebte einzusortieren und zu verarbeiten, sodass es in das Leben integriert werden kann. Kann das Erlebte verarbeitet werden, können die Betroffenen Stück für Stück den Weg zurück in ein „normales“ Leben finden. Sie können Gefühle von Sicherheit, Kontrolle, Handlungsfähigkeit und Selbstwirksamkeit wieder stärken – und eine Stabilisierung ihrer Identität erreichen. Gelingt das nicht, bleibt der Körper in einem andauernden Stresszustand und damit in einem Zustand andauernder Übererregung und Alarmiertheit. Es können sich Traumafolgestörungen entwickeln. Ein Beispiel für eine Traumafolgestörung ist die PTBS.

Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung sind individuell

Welche Symptome wie lange und in welcher Intensität bei einer PTBS auftreten, ist individuell unterschiedlich und hängt unter anderem vom subjektiven Empfinden und der Wahrnehmung der traumatisierenden Situation ab. Auch die Lebenssituation vor dem Ereignis spielt mit ein: War das Leben stabil und hatte die Person ein gutes Gefühl der Selbstwirksamkeit? Oder war die Situation vorher psychisch belastend und hat sich die Person als schwach empfunden? Wie konnte sie bislang in ihrem Leben mit Belastungen umgehen?

Nicht immer treten PTBS-Symptome zeitnah nach Ereignis auf. Es ist möglich, dass sich erst Monate oder gar Jahre später Symptome entwickeln. Ein sicheres und unterstützendes Umfeld, etwa in Form von Beistand von nahestehenden Personen oder begleitende Unterstützung von Seelsorgern, Sozialarbeitern, Psychologinnen und Psychologen oder Mitarbeitenden von Opferzentren hilft nach dem Akutereignis fördert nicht nur die Verarbeitung des Traumas, sondern senkt auch das Risiko für die Entwicklung einer Traumafolgestörung wie eine PTBS.

PTBS-Symptom Wiedererleben: Albträume, Tagträume und Flashbacks

Das Wiedererleben des Traumas in Form von Albträumen, Tagträumen oder Flashbacks ist ein typisches Symptom der posttraumatischen Belastungsstörung – und für die Betroffenen eine extreme Belastung, weil sie so immer und immer wieder die als sehr bedrohlich empfundene Situation in ihren Gedanken erleben. Besonders intensiv sind Flashbacks, weil diese die Betroffenen plötzlich und ohne Vorwarnung aus einer Alltagssituation herausreißen und in die traumatische Situation zurückkatapultieren. Sie erleben die Extremsituation vor ihrem inneren Auge wieder. Die Gefühle, die dabei empfunden werden, sind gleich stark wie die in der traumatisierenden Situation.

PTBS-Symptome: Warum kommt es zu Flashbacks?

Flashbacks sind als PTBS-Symptom – ebenso wie Albträume und belastende Tagträume – auf die Fehlregulation des Gehirns zurückzuführen. Durch das extreme Stresserleben und die meist bestehende Todesangst, konnten die Eindrücke nicht verarbeitet werden, da das Gehirn auf Notbetrieb umgeschaltet hat. Die Sinneseindrücke sind im Gehirn zwar präsent, können aber nicht (den Erinnerungen) zugeordnet und sortiert – und damit auch nicht verstanden und bearbeitet – werden.  

Durch die fehlende Verarbeitung dieser Erinnerungen kann es passieren, dass immer wieder „Erinnerungsfetzen“ wie Gerüche, Geräusche und Bilder aus dem Trauma aktiviert werden und in das jetzige Erleben zurückkommen. Bestimmte Reize (Trigger) können das Wiedererleben verstärken. So berichteten einige Überlebende des Tsunamis in Thailand 2004, dass beispielsweise das Geräusch eines LKWs sie an das Wellengeräusch erinnerte und ein Wiedererleben verursachen konnte. Auch, wenn die Betroffene bei Flashbacks wissen, dass sie sich nicht in der Trauma-Situation befinden, empfinden sie Angst und Panik.

PTBS-Symptom Vermeidungsverhalten

Vermeidungsverhalten ist ein weiteren PTBS-Symptom. Die Betroffenen sind so von den negativen Empfindungen überwältigt, dass sie Situationen vermeiden, in denen die Gefahr besonders groß ist, dass die belastenden Erinnerungen wieder hochkommen. Nach einem Autounfall fahren viele erstmal kein Auto mehr oder meiden die Unfallstrecke. Nach einem Überfall im Park werden Parks und Gärten gemieden. Für Kriegsheimkehrer beispielsweise kann ein Silvesterfeuerwerk die traumatische Situation wieder hervorrufen.

Teil der kognitiven Verhaltenstherapie mit Unterstützung einer Psychotherapeutin oder eines Psychotherapeuten, die einen wichtigen Teil für die Behandlung der posttraumatischen Belastungsstörung darstellt, ist es, dieses Vermeidungsverhalten zu bearbeiten. Allerdings erst, wenn der betroffene Mensch ein gewisses Maß an Stabilität gewonnen hat und dazu bereit ist. Das Vermeidungsverhalten kann sogar so weit gehen, dass Betroffene große Teile des Erlebten teilweise oder ganz verdrängen und vergessen. Oftmals begleitet eine emotionale Leere die PTBS, denn: Je weniger die Betroffenen empfinden, desto weniger leiden sie. Gefühllosigkeit ist ein Schutzmechanismus des Körpers, schädliche Einflüsse abzuwenden.

PTBS-Symptom zerstörtes Weltbild

Ein weiteres PTBS-Symptom ist ein zerstörtes Weltbild. Das Vertrauen in die Welt, ihre Sicherheit und Stabilität ist erschüttert. Sie wird als bedrohlich wahrgenommen. Auch nahestehende Personen können plötzlich als Bedrohung empfunden werden. Betroffene fühlen sich ihrer Identität beraubt. Fragen wie „Wer bin ich denn jetzt?“, „Was soll ich hier noch?“ oder „In mir ist nur Leere“ beschreiben dies. Oft leidet das Selbstwertgefühl stark und nicht selten kommen Schuldgefühle hinzu. Viele haben das Gefühl, schuld an dem Geschehenen zu sein oder machen sich Vorwürfe, dass sie das Erlebte nicht verhindern konnten. Viele fühlen sich schlecht, weil sie überlebt haben und andere nicht. „Warum hat es nicht mich getroffen?“ – fragen sie sich. Das erschütterte Weltbild zeigt sich des Weiteren häufig durch Gefühle von Unsicherheit, Ohnmacht, Verzweiflung, Vertrauensverlust dem Leben gegenüber sowie durch Ängste.

Nahestehende Personen äußern oft Sätze wie „Ich erkenne sie/ ihn gar nicht wieder“, „Er/ sie ist ein ganz anderer Mensch“ oder „Ich komme an sie/ ihn gar nicht mehr heran“. Die Bewältigung des Alltags wird für viele PTBS-Betroffene zur Qual. Hinzu kommt, dass auch körperliche Erkrankungen durch eine PTBS negativ beeinflusst werden können – etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Ebenfalls steigt durch eine PTBS unter anderem das Risiko, eine Depression, eine Angststörung oder eine Suchterkrankung zu entwickeln.

Weitere mögliche Symptome einer PTBS

Weitere Symptome, die auf eine posttraumatische Belastungsstörung hinweisen können, betreffen zu großen Teilen die Überlastung des vegetativen Nervensystems:

  • Schlafstörungen
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • verringerte emotionale Belastbarkeit
  • andauernde Alarmiertheit/ Wachsamkeit
  • Übererregung
  • übermäßige Schreckhaftigkeit
  • belastende Gedanken
  • depressive Verstimmungen
  • häufig Schuldgefühle und/ oder Schamgefühle
  • Selbsthass
  • Reizbarkeit
  • Aggressionen und Wut
  • Selbstvernachlässigung
  • Rückzug aus dem Sozialleben
  • Partnerschafts- und Eheprobleme
  • starke Angst bis hin zu Panikattacken
  • Erinnerungslücken
  • häufige Infekte
  • Konsum von Alkohol, Drogen und anderen Substanzen, um den Erinnerungsdruck zu lindern

Wann wird eine PTBS diagnostiziert?

Für die Diagnose einer PTBS braucht es einen Arzt beziehungsweise eine Ärztin oder eine Psychotherapeutin beziehungsweise einen Psychotherapeuten. Die Diagnose PTBS wird erst gestellt, wenn die Trauma- Symptome länger als vier Wochen anhalten. Die meisten Menschen sind nach einem schweren Ereignis zunächst stark belastet und es dauert natürlicherweise immer eine Weile, bis ein solches Erlebnis verarbeitet ist. Beschwerden, die direkt nach einem traumatischen Ereignis auftreten, werden daher zunächst als „akute Belastungsreaktion“ beschrieben. Erst wenn die Beschwerden länger anhalten und sich das Symptombild möglicherweise noch verschlechtert, sprechen Mediziner von einer Traumafolgestörung.

Meist zeigt sich innerhalb der ersten Monate, ob die Symptome die betroffene Person so stark beeinträchtigen, dass eine Psychotherapie nötig wird. Die Hausärztin oder der Hausarzt kann beraten, welche Form der Unterstützung sinnvoll sein könnte. Für die Behandlung der PTBS kann eine Therapie bei ärztlichen oder psychologischen Psychotherapeuten helfen. Einige haben eine Weiterbildung im Bereich Traumtherapie. Für Kinder und Jugendliche sind Kinder- und Jugendpsychotherapeuten für die Therapie zuständig. Eine erste Beratung ist neben dem Hausarzt und einer psychotherapeutischen Praxis auch in einer Klinik, einer Trauma-Ambulanz oder einer psychosozialen Beratungsstelle sowie bei Betriebsärztinnen und -ärzten möglich. In schweren Fällen ist ein stationärer Klinikaufenthalt notwendig.
Es ist schwer zu sagen, wann der beste Zeitpunkt für eine Trauma-Therapie beziehungsweise Therapie der PTBS ist. Experten raten, nach einem traumatisierenden Erlebnis professionelle Unterstützung anzunehmen – auch um der Entwicklung von PTBS-Symptomen vorzubeugen. Spätestens, wenn die Erinnerungen belasten und sich die Beschwerden verschlimmern oder der Betroffene sich Hilfe wünscht, sollte diese angenommen werden. Dies kann auch mehrere Wochen oder Monate nach dem Ereignis der Fall sein. Auch dann kann psychotherapeutische Begleitung helfen. Wie lange die Therapie dauert, ist von Fall zu Fall ganz individuell.
Ob sich eine PTBS entwickelt, welche Symptome sie mitbringt und in welchem Ausmaß sie sich zeigt, hängt von verschiedenen Faktoren ab, etwa von der Trauma-Ursache, davon, wie intensiv und anhaltende das Geschehnis war, ob die betroffene Person wiederholt traumatischen Erlebnissen ausgesetzt war, ob eine generelle Anfälligkeit für psychische Beschwerden besteht, welche Schutzfaktoren die Person mitbringt und wie Hilfe und Schutz direkt nach dem Erleben waren. Je intensiver Gefühle von Angst, Kontrollverlust und Hilflosigkeit empfunden wurden und je bedrohlicher die traumatisierende Situation erlebt wurde, desto größer ist das Risiko einer PTBS.

Quellen:

S3-Leitlinie „Posttraumatische Belastungsstörung“ der Deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT). AWMF-Register Nr. 155/001.

Posttraumatische Belastungsstörung – Symptom & Störungsbild. Online-Information der Berufsverbände und Fachgesellschaften für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland und der Schweiz.

Psychotherapie und ergänzende Behandlung bei einer posttraumatischen Belastungsstörung. Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).

Posttraumatische Belastungsstörung. Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).

S2k-Leitlinie „Diagnostik und Behandlung von akuten Folgen psychischer Traumatisierung“ der Deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie; der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde; der Deutschen Gesellschaft für Psychologie sowie der Deutschen Gesellschaft für Psychotherapeutische Medizin und ärztliche Psychotherapie (DGPM). AWMF-Register Nr. 051-027.

Krise/ Notfall: Links. Online-Information der Berufsverbände und Fachgesellschaften für Psychiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie, Psychosomatik, Nervenheilkunde und Neurologie aus Deutschland und der Schweiz.

Telefonseelsorge – anonyme Hilfe Tag und Nacht. Online-Angebot der Diakonie Deutschland.

Ein offenes Ohr für alle Anliegen. Online-Angebot der Telefonseelsorge Deutschland.

Überregionale Krisentelefone. Online-Angebot der Stiftung Deutsche Depressions-Hilfe.

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
Ann-Kathrin Landzettel
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