offene glucosamin kapseln auf dunklem hintergrund
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Chondroitin und Glucosamin: Nahrungsergänzungsmittel gegen Arthrose?

Knie und Hüfte schmerzen, Schmerzmittel sind auf Dauer keine Lösung und eine Operation möchte man nicht auf sich nehmen? Hersteller verschiedener Nahrungsergänzungsmittel für die Gelenke versprechen Hilfe. Besonders beliebt: die Gelenksubstanzen Glucosamin und Chondroitin. Doch helfen sie wirklich gegen Gelenkbeschwerden? Was Nahrungsergänzungsmittel gegen Gelenkverschleiß leisten können – und was nicht.

Was sind Glucosamin und Chondroitin?

Glucosamin ist ein im menschlichen Gewebe natürlich vorkommender Stoff. Es ist im Bindegewebe, im Knorpel und in der Gelenkflüssigkeit zu finden – aus diesem Grund erscheint die Einnahme von Glucosamin (genauer Glucosaminsulfat) bei Gelenkbeschwerden zuerst einmal plausibel. Für Glucosamin als Nahrungsergänzungsmittel wird die Substanz aus Krebstieren gewonnen. Chondroitin ist ein Hauptbestandteil des Gelenkknorpels sowie der Knochen und des Bindegewebes. Das Chondroitin für Nahrungsergänzungsmittel (genauer Chondroitinsulfat) wird aus Fischgewebe oder Schlachtabfällen wie Schweineohren und -schnauzen gewonnen.

Auch wenn es auf den ersten Blick logisch erscheint, dass Glucosamin und Chondroitin die Knochen, Gelenke und Knorpel schützen können: Studien mit Nahrungsergänzungen und mit Arzneimitteln liefern widersprüchliche Ergebnisse – von einer (leichten) Verbesserung der Beschwerden bis zu keinem Unterschied im Vergleich zur Einnahme eines Placebos (Scheinmedikaments). In manchen Studien schneidet sogar das Placebo besser ab als Glucosamin und Chondroitin.

Fachgesellschaften: Glucosamin und Chondroitin bei Gelenkschmerzen?

Die Deutsche Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie bewertet in ihrer „Leitlinie Gonarthrose“ die Studienlage zur symptomlindernden Wirkung von Glucosamin und Chondroitin bei Gelenkproblemen als widersprüchlich. Zudem gebe es keine Belege für eine knochenschützende Wirkung. Die Internationale Arthrosegesellschaft OARSI hingegen erwähnt in ihren Leitlinien von 2019 für die Behandlung der Kniegelenks(Gon-)arthrose Glucosamin und Chondroitin überhaupt nicht. Generell schätzen Experten der Orthopädie die Knorpelgewebes als sehr gering bis kaum möglich ein. Für Arthrose gibt es bislang keine krankheitsmodifizierenden Medikamente. Und auch Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat konnten bei Gelenkserkrankungen wie Arthrose bislang nicht überzeugen.

Verbraucherschützer: Das ist besser als Glucosamin und Chondroitin

Das Fazit von Verbraucherschützern: Sparen Sie sich das Geld. Das wirksamste Mittel gegen Gelenkbeschwerden und Arthrose ist Bewegung. Gehen Sie mit Gelenkbeschwerden zum Arzt, etwa zu einem Orthopäden oder einer Orthopädin oder einem Physiotherapeuten oder einer Physiotherapeutin. Nahrungsergänzungsmittel ohne ärztliche Absprache einzunehmen, sieht die Verbraucherzentrale Bundesverband grundsätzlich kritisch. Nicht nur, weil eine erwünschte Wirkung oft nicht durch Studien bewiesen ist, sondern auch, weil Nahrungsergänzungsmittel unerwünschte Wechselwirkungen mit Medikamenten eingehen und zudem selbst Nebenwirkungen haben können.

Risiken von Glucosamin und Chondroitin bei Arthrose

Wer Glucosamin und Chondroitin gegen Arthrose einnimmt, muss mit Nebenwirkungen rechnen. Da Glucosamin aus Krebstieren hergestellt wird, können Menschen mit einer Krebstierallergie kritische allergische Reaktionen zeigen – bis hin zum Atemstillstand und Kreislaufschock. Da Chondroitinsulfat aus Fischgewebe gewonnen wird, ist die Substanz für Fischeiweißallergiker kritisch. Zudem kann Glucosamin den Blutzuckerspiegel beeinflussen – was bei Diabetes-Patientinnen und -patienten gefährlich werden kann.

Auch Menschen, die Blutgerinnungshemmer (Blutverdünner) einnehmen, müssen damit rechnen, dass Nahrungsergänzungsmittel mit Glucosamin die blutverdünnende Wirkung verstärken – und das Risiko für gefährliche Blutungen steigt. Verdauungsbeschwerden wie Übelkeit, Bauchkrämpfe und Durchfall können bei der Einnahme von Chondroitin ebenso auftreten wie Kopfschmerzen und Schwindel – bei Dosierungen von 730 bis 1000 Milligramm pro Tag.

Glucosamin und Chondroitin bei Gelenkbeschwerden wie Arthrose ohne ärztliche Absprache einzunehmen, ist nicht empfehlenswert. Sprechen Sie mit Ihrem Arzt, welche Therapie Ihnen helfen kann und ob aufgrund Ihrer individuellen Therapiesituation eine Einnahme von Glucosamin und Chondroitin überhaupt sinnvoll sein kann.

Bei einer Arthrose bildet sich die schützende Knorpelschicht im Gelenk immer mehr zurück. Es kommt zu Schmerzen, Entzündungen, Schwellungen, Steifigkeit und Bewegungseinschränkungen. Im fortgeschrittenen Stadium treten die Schmerzen auch in Ruhe auf und es kann zu Verformungen des betroffenen Gelenks kommen. Jedes Gelenk kann von Arthrose betroffen sein, Mediziner sprechen dann beispielsweise von Hüftarthrose (Coxarthrose), Kniearthrose (Gonarthrose) oder Fingerarthrose. Ausreichend Bewegung, ein normales Gewicht sowie die Behandlung mit Schmerzmitteln sind die wichtigsten Pfeiler der Arthrose-Therapie. Manchmal kommen Betroffene bei starker Gelenkabnutzung um eine Operation nicht herum.
Ursachen für Arthrose sind neben dem Alter und dem damit verbundenen altersbedingten Gelenkverschleiß Bewegungsmangel, Fehlstellungen, Verletzungen und Übergewicht.
Heilbar ist Arthrose nicht. Der Gelenkverschleiß lässt sich nicht rückgängig machen. Bestandteil der Therapie ist es daher, ein Fortschreiten zu verlangsamen und die Symptome zu lindern. Ein beschädigtes Gelenk lässt sich nicht mehr reparieren und der Verlust des Knorpels nicht mehr rückgängig machen. Zu den wirksamen Arthrose-Behandlungen gehören Bewegungstherapien, Reha-Sport sowie Schmerzmittel. Bei starkem Übergewicht wird Abnehmen besonders bei Knie- und Hüftarthrose empfohlen. Im fortgeschrittenen Stadium und bei großem Leidendruck kann im Rahmen einer Operation ein künstliches Hüftgelenk eingesetzt werden. Da dieser Eingriff Risiken birgt, sollte er gut abgewogen werden.

Quellen:

Glucosamin und Chondroitin – Hilfe bei Gelenkbeschwerden? Online-Information der Verbraucherzentrale Bundesverband.

Risikobewertung von Chondroitinsulfat in Nahrungsergänzungsmitteln. Online-Information des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR).

Arthrose: Chondroitin und Glucosamin unwirksam. Online-Information des Deutschen Ärzteblatts.

Arthrose: Placebo schlägt Glucosamin plus Chondroitin. Online-Information der Pharmazeutischen Zeitung (PZ).

Das Geschäft mit den Gelenken. Nahrungsergänzungsmittel versprechen mehr als sie halten. Marktcheck der Verbraucherzentralen. Verbraucher-Information der Verbraucherzentrale Bundesverband.

Arthrose. Online-Information des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG).

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
AL
Ann-Kathrin Landzettel
Autor/-in
Ann-Kathrin Landzettel M. A. ist Gesundheitsjournalistin aus Leidenschaft. Vor allem zwei Fragen treiben die geprüfte Gesundheits- und Präventionsberaterin an: Wie können wir lange gesund bleiben – und wie im Krankheitsfall wieder gesund werden? Antworten findet sie unter anderem im intensiven Austausch mit Ärztinnen und Ärzten sowie in persönlichen Gesprächen mit Patientinnen und Patienten. Seit fast zehn Jahren gibt sie dieses Wissen rund um Gesundheit, Medizin, Ernährung und Fitness an ihre Leserinnen und Leser weiter.
Ann-Kathrin Landzettel
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