Angelman-Syndrom: Leben der Happy Puppet-Kinder
© nata_zhekova/ iStock/Thinkstock
Letztes Update am: 

Angelman-Syndrom: Leben der "Happy Puppet"-Kinder

Das Angelman-Syndrom ist ein seltener Gendefekt, der aufgrund seiner Symptome auch als "Happy Puppet"-Syndrom bezeichnet wird. Betroffene wirken ständig fröhlich und bewegen sich oft ruckartig fort. Lesen Sie hier, was diese Erbkrankheit ausmacht und wie sie entsteht.

Angelman-Syndrom: Symptome deuten auf eine verzögerte Entwicklung

Die Symptome des Angelman-Syndroms machen sich in der Regel erst ab dem dritten Lebensjahr bemerkbar – vorher sind die Anzeichen zu unspezifisch und undeutlich, um sie gezielt zu erkennen. Ab dem Kleinkindalter fällt dann jedoch eine verzögerte körperliche und geistige Entwicklung auf. Dies äußert sich unter anderem möglicherweise in der Lautsprachentwicklung: Betroffene Kinder können zum Beispiel oft nicht sprechen und kommunizieren nonverbal durch Körpersprache und Laute. Trotzdem scheinen sie zu verstehen, was andere ihnen sagen.

Typisch sind zudem Gleichgewichts- und Bewegungsstörungen, auch Ataxie genannt, bei der sich Betroffene ruckartig und unkoordiniert fortbewegen, ähnlich einer Marionette. Sie reißen beim Laufen außerdem gern die Arme nach oben. Besonders auffällig ist ihr fröhlich wirkendes Verhalten. Sie lachen und lächeln viel, ohne erkennbaren Grund, und klatschen dabei in die Hände. Daher wird der Gendefekt auch als “Happy Puppet”-Syndrom (englisch für “fröhliche Marionette”) bezeichnet. Die Entwicklungsverzögerungen können unterschiedlich stark ausgeprägt sein.

Weitere mögliche Symptome des Angelman-Syndroms sind:

  • Leichte Erregbarkeit
  • Hyperaktives Verhalten und Ruhelosigkeit
  • Kleiner Kopf (Mikrozephalie)
  • Helle Haut, helle Haare und Augen wie bei Albinismus
  • Schielen
  • Epileptische Anfälle
  • Skoliose (Wirbelsäulenverkrümmung)

Diese Merkmale des Angelman-Syndroms treten allerdings nicht bei allen Betroffenen auf.

Angelman-Syndrom Ursache: Angeborener Gendefekt als Grundlage des Angelman-Syndroms

Das Angelman-Syndrom ist eine seltene Erbkrankheit, deren Ursache in einem Gendefekt liegt. Dadurch ist das Chromosom 15 beschädigt. Hier gibt es unterschiedliche Grundlagen:

  • Mikrodeletion des mütterlichen Chromosomenabschnitts 15a11q13: Etwa 70% der Angelman-Syndrom-Fälle werden auf eine sogenannte Mikrodeletion des mütterlichen Chromosomenabschnitts 15q11q13 zurückgeführt.
  • Paternale uniparentale Disomie 15: Eine weitere Ursache für das Angelman-Syndrom in liegt einer sogenannten paternale Disomie 15: Hier sind 2 Chromosomen 15 enthalten, die beide jeweils vom Vater stammen, während das mütterliche Chromosom fehlt. Diese Duplikation macht etwa 7% der Angelman-Fälle aus.
  • Imprinting-Effekt: 4 % der Fälle sind auf einen sogenannten Imprinting-Effekt zurückzuführen. Beim Imprinting-Effekt sind die Gene des mütterlichen Chromosoms „abgeschaltet“.

Quelle: https://www.mgz-muenchen.de/erkrankungen/diagnose/angelman-syndrom.html

Diese Schäden am Chromosom 15 sind jedoch manchmal so minimal, dass sie nicht zu erkennen sind. Da auch gesund wirkende Eltern Kinder mit “Happy Puppet”-Syndrom bekommen können, wird vermutet, dass sich die Veränderung des Erbguts mit der Beschädigung des Chromosoms 15 erst während der Entwicklung in der Eizelle ausbildet.

Angelman-Syndrom: Diagnose

Bei Verdacht auf das Angelman-Syndrom führen Ärzte und Ärztinnen ein erstes Anamnesegespräch durch. Hier werden die Symptome eruiert, die für das Angelman-Syndrom sprechen können. Neben körperlichen Untersuchungen sind auch Gentests ein wichtiges Instrument zur Diagnose des Angelman-Syndroms. In genetischen Tests werden beispielsweise die Methylierungsmuster des Chromosomenabschnitts 15q11q13 genauer untersucht.

Weiterhin werden die Chromosomen auf Deletionen, Mutationen und Duplikationen analysiert. Auch bildgebende Verfahren wie die Elektroenzephalografie (EEG) werden sowohl zur Diagnose des Angelman-Syndroms als auch zur Differentialdiagnose genutzt. Bei einer Differentialdiagnose werden andere Krankheiten mit ähnlichen Symptomen in Betracht gezogen und untersucht.

Lebenserwartung beim “Happy Puppet”-Syndrom normal

Menschen mit dem Angelman-Syndrom haben keine eingeschränkte Lebenserwartung. Sie können in der Regel genauso alt werden wie gesunde Menschen. Allerdings brauchen sie ihr Leben lang fremde Hilfe, um zurechtzukommen. Außerdem wird eine gezielte Behandlung bei Komplikationen wie Epilepsie, Skoliose oder starkem Schielen erforderlich.

Therapie kann Menschen mit Angelman-Syndrom Leben erleichtern

Heilbar ist das Angelman-Syndrom nicht, doch mit einer auf den jeweiligen Betroffenen abgestimmten Therapie können die Auswirkungen abgeschwächt werden. Idealerweise beginnt die Behandlung bereits in früher Kindheit und besteht aus verschiedenen Fördermethoden, um der Entwicklungsverzögerung entgegenzuwirken. Dazu gehören:

  • Logopädie (Sprach- und Sprechtherapie)
  • Mototherapie (Behandlung der Bewegungsstörungen)
  • Ergotherapie (Förderung der geistigen und körperlichen Fähigkeiten der Kinder)
  • Hippotherapie (Therapeutisches Pferdereiten)
© KatarzynaBialasiewicz/iStock/Thinkstock

Beim Angelman-Syndrom kann eine Ergotherapie hilfreich sein.

Bei erfolgreicher Förderung werden die “Happy Puppet”-Kinder eigenständiger und brauchen später als Erwachsene weniger fremde Hilfe – auch, wenn sie nicht ganz darauf verzichten können, ist es doch für alle Beteiligten eine große Erleichterung.

Quellen:

Netdoktor.de - Angelman-Syndrom

Orpha.net: Angelman-Syndrom

MGZ-Muenchen.de: Angelman-Syndrom

Disclaimer: Dieser Text enthält nur allgemeine Hinweise und ist nicht zur Selbstdiagnose oder -behandlung geeignet. Er kann einen Arztbesuch nicht ersetzen. Alle individuellen Fragen, die Sie zu Ihrer Erkrankung oder Therapie haben, besprechen Sie mit Ihrem behandelnden Arzt.
Wie finden Sie diesen Artikel?